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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit
Autoren: Alastair Reynolds
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Wir bewohnen ihn auch, allerdings in einer simulierten Version in der Matrix. Dort existiert nicht nur dieses Zimmer, sondern auch der Rest der Forschungsstation. Alles ist so, wie es war – nur dass wir es jetzt ganz für uns allein haben.«
    »Ist das alles?«
    »Nein… nicht ganz.«
    Pascale trat an seine Seite, er legte ihr den Arm um die Taille, und beide wandten sich dem Sprossenfenster zu, der blutroten, fremden Abendsonne, der leblosen Wüstenlandschaft von Resurgam.
    Dann trat die Veränderung ein.
    Es begann am Horizont: eine riesige Transformationswelle raste schnell wie der anbrechende Tag auf sie zu. Am Himmel türmten sich Wolken so groß wie Imperien; der Himmel selbst war blauer geworden, obwohl die Sonne immer noch der Abenddämmerung entgegensank. Und die Landschaft war nicht mehr wüstentrocken, sondern verschwand unter einer Welle von üppig grüner Vegetation. Khouri sah Seen und Bäume, fremdartige Bäume. Straßen wanden sich zwischen eiförmigen Häusern dahin, die Häuser fanden sich zu Dörfern zusammen und am Horizont scharte sich eine größere Gemeinde um einen einzelnen, schlanken Turm. Sie starrte wie gebannt in die Ferne, das gewaltige Schauspiel verschlug ihr die Sprache. Eine ganze Welt erwachte zum Leben und dann – vielleicht war es Illusion, das sollte sie nie erfahren – glaubte sie zwischen den Häusern Gestalten zu sehen, die sich so flink wie Vögel bewegten, aber nie den Boden verließen, sich niemals in die Lüfte schwangen.
    »Alles oder fast alles, was sie jemals waren«, sagte Pascale, »ist in der Matrix gespeichert. Das ist keine archäologische Rekonstruktion, Khouri. Das ist Resurgam, und sie bewohnen es jetzt. Eine ganze Welt wurde allein durch die Willenskraft der Überlebenden wieder zum Leben erweckt. Sie ist echt bis ins kleinste Detail.«
    Khouri sah sich um, und dann verstand sie. »Und ihr wollt sie studieren?«
    »Nicht nur studieren«, sagte Sylveste und nahm noch einen Schluck Wodka. »Sondern darin leben. Bis sie uns langweilt, was – vermutlich – nicht so bald der Fall sein wird.«
    Khouri verließ das Arbeitszimmer. Die beiden blieben allein zurück und konnten sich weiter mit den tiefsinnigen, schweren Themen beschäftigen, deren Erörterung sie nur unterbrochen hatten, um sich ihr zu widmen.
    Sie stieg die Treppe wieder hinauf und betrat abermals die Hades-Oberfläche. Die Kruste war immer noch rot glühend, immer noch eifrig mit Rechenvorgängen beschäftigt. Khouri war inzwischen lange genug hier, um sich mit ihren Sinnen auf die Umgebung einzustellen. Nun kam ihr zu Bewusstsein, dass die Kruste die ganze Zeit unter ihren Füßen pulsiert hatte wie ein gewaltiger Motor in einem Keller. Wahrscheinlich war das sogar ein treffender Vergleich. Die Kruste war ja nichts anderes als ein Simulationsmotor.
    Sie dachte an Sylveste und Pascale, für die jetzt ein neuer Tag für die Erforschung ihrer wunderbaren neuen Welt begann. Seit sie gegangen war, mochten für die beiden Jahre vergangen sein. Doch das zählte kaum. Sie hatte den Verdacht, dass sie erst dann den Tod wählen würden, wenn nichts anderes sie mehr faszinieren konnte. Und das würde, wie Sylveste selbst gesagt hatte, wohl nicht so bald der Fall sein.
    Sie schaltete den Anzugkommunikator ein.
    »Ilia… kannst du mich hören? Es klingt albern, aber man sagte mir, du wärst vielleicht noch am Leben.« Nichts als statisches Rauschen. Enttäuscht sah sie sich auf der glühenden Ebene um. Was sollte sie jetzt wohl als Nächstes tun?
    Doch plötzlich: »Khouri, bist du das? Wie kommst du dazu, noch immer am Leben zu sein?«
    Die Stimme hörte sich unheimlich an. Sie wechselte ständig das Tempo, als wäre Ilia betrunken, doch dafür waren die Veränderungen nun wieder zu regelmäßig.
    »Das Gleiche könnte ich dich fragen. Das Letzte, woran ich mich erinnere, war, dass das Shuttle alle viere von sich streckte. Willst du behaupten, du fliegst noch immer da draußen herum?«
    »Viel besser«, sagte Volyova. Ihre Stimme kletterte das ganze Spektrum auf und ab. »Ich bin auf einem Shuttle; hörst du das? Ich bin auf einem Shuttle.«
    »Wie, zum…«
    »Das Schiff hat es geschickt. Die Unendlichkeit.« Volyova war ganz atemlos vor Aufregung; sie hatte es offenbar kaum noch erwarten können, jemandem davon zu erzählen. »Ich dachte, es sollte mich töten. Der letzte Angriff, das Einzige, was mir noch fehlte. Aber er kam nicht. Stattdessen hat mir das Schiff ein Shuttle geschickt.«
    »Das begreife
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