Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Underground

Titel: Underground
Autoren: Kat Richardson
Vom Netzwerk:
dazu gezwungen. Natürlich war es nicht schlecht, so durchtrainiert zu sein, aber Leidenschaft hatte ich nie dafür empfunden. Und die Schmerzen, die Rivalitäten und das ständige Diäthalten gingen mir erst recht nicht ab.
    »Ich habe ja auch nicht vorgeschlagen, dass du dir einen anderen Beruf suchen sollst …«
    »Nein, hast du nicht. Du deutest es immer nur an.« Atme tief durch, Harper – nicht die Nerven verlieren! Ich versuchte, nicht vor lauter Frust meine Hanteln in eine Ecke zu schleudern. Zum Glück gelang es mir, äußerlich mehr oder weniger ruhig zu bleiben. »Entweder ich gefalle dir so, wie ich bin, oder wir können das Ganze gleich bleiben lassen.«
    Ich beendete die Übung und brachte – ohne zu hinken – die Gewichte zum Regal zurück. Das tröstete mich ein wenig, wenn auch der restliche Tag bisher ziemlich mies verlaufen war.
    Will blieb sitzen und sah mir hinterher. Ich wusste, dass er es nicht ertrug, mich verletzt zu sehen, und ich konnte auch sein Unverständnis begreifen, warum ich in einem Beruf bleiben wollte, der nach vielen Jahren ruhiger Routine auf einmal so brutal geworden war. Aber er wusste nichts von den seltsamen Wesen und Stimmungen, die mich umgaben.
    Wie sollte ich ihm erklären, dass mir keine Wahl blieb? Dass es für mich besser war, einen Job zu behalten, der mir zumindest die Freiheit gab, die ich brauchte, um meine Unabhängigkeit zu garantieren? Als Detektivin konnte ich wenigstens das Grau so weit es ging kontrollieren. Ich
wollte nicht nur eine Spielfigur sein, mit der die Monster machen konnten, was sie wollten. Außerdem mochte ich meine Arbeit. Zumindest meistens.
    Ich kehrte zu Will zurück und sah ihn ausdruckslos an. »Ich dusche mich jetzt und muss dann zur Arbeit.« Ich wartete auf seine Antwort, während ich mich innerlich dagegen wappnete. Eigentlich wollte ich Will nicht verletzen, ganz gleich, wie frustriert ich mich fühlte. Schließlich war es nicht seine Schuld. Oder doch?
    »Hm«, murmelte er.
    »Zumindest wird es heute recht langweilig. Ich muss mich nur um einige Zeugen für Nanette Grover und um ein paar Geldangelegenheiten kümmern.« Ich legte ihm für einen Moment meinen Arm um die Taille und wandte mich dann ab, um zur Umkleidekabine zu gehen. Insgeheim hoffte ich, dass er diese Geste als ein Zeichen meines Entgegenkommens verstand, auch wenn ich eigentlich nicht besonders friedlich gestimmt war. Aber zumindest versuchte ich mein Bestes.
    »Verstehe … Ich habe auch noch ein paar Dinge zu erledigen.« Er legte mir den Arm um die Schultern, wobei er darauf achtete, mir nicht weh zu tun. So gingen wir gemeinsam zu den Kabinen.
    Vor den Schwingtüren blieb er stehen und drehte sich zu mir. Er schlang beide Arme um mich und blickte mit seinen ein Meter achtzig zu mir herab, sodass ich mich auf einmal ganz klein und zerbrechlich fühlte. Die Deckenlampen spiegelten sich in seiner Brille. »Vielleicht könnten wir uns ja zu einem späten Mittagessen treffen«, schlug er vor.
    Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Okay.«
    Er beugte sich zu mir herab und gab mir einen Kuss.
»Dann komme ich so gegen zwei bei dir im Büro vorbei. Einverstanden?«
    »Klingt gut. Bis nachher also.«
    »Ich rufe dich am besten an, sobald ich bei dir in der Nähe bin.« Er gab mir noch einen Kuss und zog mich dabei ein wenig an sich. Ich wandte mich ab, ohne zu wissen, wie ich mich von ihm verabschieden sollte. Dann ging ich in den Duschraum.
    Nachdem ich mich geduscht und angezogen hatte, setzte ich mich in meinen alten Landrover und fuhr zu meinem Büro am Pioneer Square. Auf der Fahrt dachte ich über die seltsame Stimmung zwischen Will und mir nach. Unsere Beziehung war von Anfang an nicht harmonisch gewesen. Es hatte immer etwas gegeben, was zwischen uns stand, sodass wir uns nie ganz auf einander einließen. Die gemeinsame Zeit, von der ich gehofft hatte, dass sie uns diese Nähe bringen würde, schien das Gegenteil bewirkt zu haben. Es kam mir so vor, als ob wir versuchten, eine Samba zu tanzen, während die Band Dixieland spielt. Eigentlich war es fast möglich, den richtigen Rhythmus zu finden, aber unglaublich anstrengend und letztendlich ziemlich idiotisch.
    Während der Fahrt fielen mir mal wieder die vielen vereisten Straßen und Gehsteige auf. Tagsüber kam man zwar mit dem Auto relativ problemlos voran, aber bereits der Boden in meiner Garage war extrem glatt. Ich musste höllisch aufpassen, um nicht zu stürzen, während ich von meinem Auto nach draußen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher