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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn.
Autoren: Elizabeth George
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Idee gekommen bin, daß du ... Na ja, ist ja auch egal ...«
    »Wir holen das nach.« Er hoffte, er konnte sie überzeugen.
    »Wenn ich nicht schon verabredet wäre – du verstehst das doch.«
    »Aber natürlich«, sagte sie. »Wir dürfen doch unsere Nicola nicht enttäuschen.«
    Mit einem flüchtigen, kühlen Lächeln tauchte sie in die Höhle unter den Glyzinienranken und schob sich einen Korb über den Arm.
    »Ein andermal, ja?« sagte Julian.
    »Wie’s dir recht ist.« Sie sah ihn nicht an, als sie an ihm vorüberging und durch das Tor im Innenhof von Broughton Manor verschwand.
    Er spürte seine Erleichterung, als sie weg war. Ohne es zu merken, hatte er die Luft angehalten. »Tut mir leid«, sagte er leise ins Leere. »Aber das hier ist wirklich wichtig. Wenn du wüßtest, wie sehr, würdest du es verstehen.«
    In flottem Tempo fuhr er zur Padley-Schlucht, nordwestlich in Richtung Bakewell, wo er die mittelalterliche Brücke überquerte, die sich über den River Wye spannte, und nutzte die Fahrt zu einer letzten Probe seiner kleinen Rede. Als er die sacht ansteigende Auffahrt nach Maiden Hall erreichte, war er ziemlich sicher, daß sein Vorhaben den gewünschten Erfolg bringen würde.
    Maiden Hall stand auf halber Höhe eines bewaldeten Hangs. Das Land hier war dicht bewachsen von Eichengehölz, und die Auffahrt zum Haus war vom dichten Laub alter Kastanien und Linden überdacht. Julian nahm die engen Serpentinen der ansteigenden Straße mit der Gewandtheit des Geübten und hielt auf dem gekiesten Gästeparkplatz neben einem Mercedes-Sportwagen an.
    Er betrat das Haus nicht durch den Haupteingang, sondern ging direkt in die Küche, wo Andy Maiden seinem Küchenchef beim Flambieren einer Schale Crème brûlée zusah. Der Koch Christian-Louis Ferrer war vor fünf Jahren aus Frankreich geholt worden, um der zwar ordentlichen, aber nicht gerade einfallsreichen Küche von Maiden Hall feinschmeckerisches Flair zu geben. Im Augenblick jedoch, fand Julian, glich Ferrer mit seinem kulinarischen Flammenwerfer mehr einem Feuerteufel als einem Grand artiste de la cuisine. Andys Gesichtsausdruck ließ ahnen, daß er Julians Meinung teilte. Erst als Christian-Louis die Glasur zu einer hauchdünnen knusprigen Kruste gebacken hatte und mit einem gönnerhaften Lächeln »Et voilà, Andy« sagte, sah Andy auf und bemerkte Julian.
    »Feuerwerk in der Küche war noch nie mein Fall«, bekannte er mit einem verlegenen Lächeln. »Hallo, Julian, was gibt’s Neues aus Broughton und Umgebung?«
    Das war die übliche Begrüßung, und Julian gab die gewohnte Antwort darauf. »Gesegnet sind die Gerechten. Was den Rest der Menschheit angeht ... vergiß es!«
    Andy glättete die Härchen seines graugesprenkelten Schnurrbarts und betrachtete Julian mit Wohlwollen, während Christian-Louis die Schale mit der Crème brûlée durch eine Durchreiche zum Speisesaal schob. Sobald das getan war, sagte er: »Maintenant c’est fini pour ce soir«, und schickte sich an, die weiße Schürze abzunehmen, die Spuren sämtlicher Soßen des Abends trug.
    »Vive la France«, bemerkte Andy trocken und verdrehte die Augen, als der Franzose in einem kleinen Umkleideraum verschwand. »Trinkst du einen Kaffee mit? Im Speisesaal sitzt nur noch eine Gruppe, alle anderen sind im Salon.«
    »Habt ihr heut Übernachtungsgäste?« fragte Julian.
Maiden Hall, ein altes viktorianisches Jagdhaus, früher einmal gern besucht von einem Zweig der Sachsen-Coburgs, hatte zehn Gästezimmer. Alle waren sie von Andys Frau Nancy sehr persönlich eingerichtet worden, nachdem die Maidens zehn Jahre zuvor London den Rücken gekehrt hatten; acht davon wurden anspruchsvollen Urlaubern vermietet, die die Verbindung von Hotelatmosphäre und häuslicher Intimität in diesem Haus zu schätzen wußten; zwei davon hatten die Maidens für sich behalten.
    »Total ausgebucht«, antwortete Andy. »Wir haben einen Rekordsommer gehabt, kein Wunder bei dem herrlichen Wetter. Also, was möchtest du? Kaffee? Kognak? Wie geht’s übrigens deinem Vater?«
    Julian zuckte innerlich zusammen. Andys Assoziation war klar. Wahrscheinlich war es in der ganzen näheren Umgebung so, daß die Leute bei der Erwähnung von Alkohol, gleich welcher Art, automatisch an seinen Vater dachten.
    »Ich nehme nichts«, sagte er. »Ich wollte Nicola abholen.«
    Es konnte Andy nicht wundern, daß Julian zu so später Stunde noch seine Tochter ausführen wollte. Wenn Nicola in den Semesterferien oder an Wochenenden zu
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