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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn.
Autoren: Elizabeth George
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Hause war, half sie üblicherweise in der Küche oder im Speisesaal aus und konnte selten vor elf Uhr abends weg. Und doch schien Andy überrascht.
    Er sagte: »Nicola? Seid ihr verabredet? Sie ist gar nicht hier, Julian.«
    »Sie ist nicht hier? Ist sie denn schon wieder gefahren? Zu mir hat sie gesagt –«
    »Nein, nein.« Andy begann, die Küchenmesser aufzuräumen, schob eines nach dem anderen in den passenden Schlitz in einem Holzständer, während er sprach. »Sie wollte zelten. Hat sie dir das nicht gesagt? Sie ist gestern am späten Vormittag losgefahren.«
    »Aber ich hab doch –« Julian überlegte einen Augenblick, um sich zu erinnern – »gestern morgen erst mit ihr gesprochen. So schnell kann sie das doch nicht vergessen haben.«
    Andy zuckte mit den Schultern. »Sieht aber ganz so aus. Tja, Frauen. Was hattet ihr beide denn vor?«
    Julian wich der Frage aus. »Ist sie allein los?«
    »Wie immer«, antwortete Andy. »Du kennst doch Nicola.«
    Allerdings. »Wohin wollte sie denn? Hat sie die richtige Ausrüstung mit?«
    Andy hob den Kopf. Er hatte offensichtlich einen beunruhigten Unterton in Julians Stimme gehört. »Sie würde nie ohne ihre Ausrüstung losfahren. Sie weiß doch, wie schnell das Wetter hier draußen umschlagen kann. Keine Sorge, ich hab ihr selbst geholfen, die Sachen im Wagen zu verstauen. Warum fragst du? Ist denn was los? Habt ihr beide Streit gehabt?«
    Die letzte dieser Fragen konnte Julian ehrlich beantworten. Sie hatten keinen Streit gehabt, jedenfalls nicht in dem Sinn, wie Andy es meinte. Er sagte: »Andy, sie müßte längst zurück sein. Wir wollten nach Sheffield. Ins Kino –«
    »Um diese Zeit?«
    »Es ist ein Sonderprogramm.« Julian spürte, wie er rot wurde, als er die Tradition der Rocky Horror Picture Show erklärte. Aber Andy hatte in seinem anderen Leben, wie er es stets nannte, als verdeckter Ermittler schon vor langer Zeit mit dem Film Bekanntschaft gemacht und winkte mitten in Julians Erklärung ab. Als er diesmal nachdenklich über sein Bärtchen strich, runzelte auch er die Stirn.
    »Und du bist sicher, daß eure Verabredung für heute abend galt? Sie kann dich nicht mißverstanden und geglaubt haben, du meintest morgen?«
    »Ich hätte sie lieber schon gestern abend gesehen«, erwiderte Julian. »Sie war diejenige, die heute abend vorgeschlagen hat. Und ich bin sicher, sie sagte, sie wäre heute nachmittag zurück.
    Ganz sicher.«
    Andys Hand sank herab. Sein Blick war ernst. Er schaute an Julian vorbei zum Fenster über dem Spülbecken. Dort war nichts zu sehen als ihre Spiegelbilder. Aber Julian sah Andy an, daß er an das dachte, was sich jenseits von ihm in der Dunkelheit befand.
    Weite Hochmoore, die nur von Schafen bevölkert waren; verlassene Steinbrüche, die die Natur sich zurückerobert hatte; Kalksteinfelsen mit Geröllhalden zu ihren Füßen; prähistorische Festungen, deren schwere alte Steine nur noch unsicher aufeinanderlagen. Es gab unzählige Kalksteinhöhlen, in denen man sich verirren konnte, verlassene Kupfergruben, deren Mauern und Decken einstürzen konnten; Steinhügel, an denen der unkundige Wanderer sich verletzen und zu Fall kommen konnte, Sandsteingrate, wo ein Kletterer abstürzen und tage- oder wochenlang liegen konnte, ohne gefunden zu werden. Der Peak District reichte von Manchester bis Sheffield, von Stoke- on-Trent bis Derby, und jedes Jahr wurde mehr als ein dutzendmal der Bergrettungsdienst mobilisiert, um jemanden, der sich in dieser rauhen, äußerst dünn besiedelten Gegend einen Arm oder ein Bein gebrochen oder Schlimmeres angetan hatte, zu bergen. Wenn Andy Maidens Tochter sich irgendwo da draußen verirrt oder verletzt hatte, würde es mehr brauchen, sie zu finden, als zwei Männer, die ratlos in einer Küche standen.
    Andy sagte: »Wir sollten die Polizei anrufen, Julian.«
    Das war auch Julians erster Impuls. Aber als er jetzt daran dachte, was das bedeuten würde, graute ihm davor. Während er noch zögerte, handelte Andy. Er ging zum Empfang hinaus, um den Anruf zu machen.
    Julian eilte ihm nach. Er fand Andy tief über das Telefon gebeugt, als wollte er sich vor Lauschern schützen. Doch er war allein mit Julian im Foyer, die Hotelgäste saßen noch bei Kaffee und Kognak im Salon am anderen Ende des Korridors.
    In dem Moment, als Andy seine Verbindung zur Polizei von Buxton bekam, näherte sich Nan Maiden. Mit einem Tablett, auf dem eine leere Kaffeekanne und benutztes Kaffeegeschirr standen, kam sie aus dem
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