Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall
Autoren: Claus Cornelius Fischer
Vom Netzwerk:
Autozubehör und den Koran in Grün mit goldfarbenen Schnörkeln auf dem Einband.
    Brigadier Tambur steuerte den zivilen Dienstwagen langsam bis zur Hausnummer 83. Zwischen den eng stehenden Häusern staute sich die Hitze. In der Mitte der Gasse plätscherte Wasser über den Asphalt. Im Schatten einer ausgebleichten Markise saßen drei schlanke Afrikaner in schwarzen Hosen und weißen Hemden auf Apfelsinenkisten vor einem Stehausschank und tranken Pfefferminztee.
    Die Tür des zweistöckigen Hauses Nummer 83 war mit Metall verstärkt und durch drei Schlösser gesichert. In einem Schaukasten lagen Stapel von Videokassetten und DVDs vor dem halb zusammengerollten Plakat eines japanischen Horrorfilms. Über dem Eingang ergaben verstaubte Neonröhren aus rotem Milchglas das unwiderstehlich lockende Wort Videoparadise.
    Brigadier Tambur steuerte den Wagen an den Rand der gepflasterten Straße und hielt hinter einem staubverkrusteten Peugeot. »Warum wollten Sie, dass ich mitkomme?«, fragte sie. »Sonst machen Sie so was immer mit Ton.«
    »Ton brauche ich im Präsidium, damit er die Ermittlungen koordiniert und die Berichte der Kollegen vom Klimopweg auswertet«, sagte Van Leeuwen.
    »Das ist nicht der einzige Grund.« Julika hielt den Blick auf die Straße und den Rückspiegel gerichtet. »Sie wollten mir etwas zu tun geben. Mich von meinem Vater ablenken.«
    Van Leeuwen stieg aus. »Ich will bloß, dass Sie fahren und hier auf mich warten.«
    Vom Schrottplatz am Anfang der Straße drang das ferne Bellen eines Hundes herüber. Zwei weitere Männer gesellten sich zu den drei Teetrinkern vor dem Stehausschank. Hinter offenen Fenstern lärmten Radios, Fernsehapparate, Stereoanlagen, Staubsauger, Haartrockner, Waschmaschinen. Kinder schrien, Männer brüllten Frauen an, Frauen keiften zurück. Das Bellen des Hundes ging in ein Jaulen über.
    Der Commissaris drückte die Tür der Videothek auf und be-trat einen kleinen Raum, der in kühles Halbdunkel getaucht war. Rote, blaue und gelbe Neonröhren beleuchteten die grellen Hüllen der Videokassetten und DVDs in den weiß gestrichenen Metallregalen an den Wänden. Im hinteren Teil des Raums gab es eine Tür, die mit einem Vorhang aus Holzperlenschnüren verhängt war. Aus dem Büro hinter der Kassentheke drangen leise Sitarklänge.
    Van Leeuwen war allein in der Videothek. Er musterte die Filme in den Regalen und hatte das Gefühl, einen Blick in eine bunte Welt schreienden Irrsinns zu werfen. Die Cover der Kassetten zeigten bluttriefende Kettensägen in den Händen maskierter Ledermänner. Sie zeigten abgetrennte Körperteile kaum bekleideter Frauen, die selbst als verstümmelte Leichen noch zum Lustobjekt stilisiert waren. Sie zeigten verführerisch glänzende Pistolen in den Händen schwarz gekleideter Männer mit asiatischen Gesichtszügen, die Au-gen verborgen hinter verspiegelten Sonnenbrillen. Bandagierte Zom-biefäuste rissen grünes Gedärm aus aufgeschlitzten Bäuchen. Muskulöse Männer mit tätowiertem Oberkörper sprangen sich gegenseitig mit den nackten Füßen ins Gesicht.
    Im nächsten Regal wimmelte es von Bollywood-Filmen: Bärtige Männer mit Turban wurden vor gischtspritzenden Wasserfällen von verschleierten Frauen in durchnässten Kleidern angehimmelt oder sanken, von Leidenschaft überwältigt, mit anderen Frauen auf diwangroße Kissen. Die Frauen auf den Hüllen sahen alle gleich aus, auch die Männer sahen gleich aus, und sie taten alle das Gleiche: Sie tanzten oder sangen oder wateten durch Gischtfälle, und manchmal kämpften sie auch, aber selbst das sah aus, als würden sie lieber tanzen.
    In einem weiteren Regal gab es Videos und DV D s von Musikstars aus Amerika und England, aber vor allem aus Indien, Afrika und der Türkei. Die Rocker und Rapper auf den Hüllen umklammerten ihre Mikrofone wie die maskierten Ledermänner im ersten Regal die Kettensägen und Pistolen. Sie hatten tätowierte Oberkörper und sahen aus, als wollten sie den Zuschauern im nächsten Moment mit den nackten Füßen ins Gesicht springen.
    Es gab noch ein Regal in dem kleinen Raum hinter dem Holzperlenvorhang. Van Leeuwen brauchte nicht näher zu treten, um trotz der schlechten Beleuchtung die gespreizten Schenkel, aufgerissenen Münder oder vaselineglänzenden Geschlechtsteile erkennen zu können, bei deren Anblick er sich selbst eine Kettensäge wünschte.
    »Trauen Sie sich ruhig, Mijnheer«, sagte eine Frauenstimme hinter ihm. »Gehen Sie ruhig rein, und riskieren Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher