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...und noch ein Küsschen!

...und noch ein Küsschen!

Titel: ...und noch ein Küsschen!
Autoren: Roald Dahl
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die Stimmen zu einem lauten Summen verschmolzen. Dann – und das war für mich der schönste Augenblick – hörte ich Lord Mulherrin über den Lärm hinweg brüllen: «Hierher! Schnell, schnell! Geben Sie ihr rasch etwas Wasser!»
    Draußen auf der Straße half mir der Chauffeur in den Wagen. Bald waren wir aus London heraus und rollten fröhlich über die Great North Road zu diesem, meinem anderen Haus, das nur hundertfünfzig Kilometer von der Stadt entfernt liegt.
    Die nächsten beiden Tage standen im Zeichen der Schadenfreude. Ich ging wie im Traum umher, verzückt, in Selbstgefälligkeit schwelgend und von einem so starken Glücksempfinden erfüllt, dass ich es bis in die Zehen hinein spürte. Erst heute Morgen, als Gladys Ponsonby anrief, kam ich plötzlich zu mir und erkannte, dass ich kein Held, sondern ein Ausgestoßener bin. Sie teilte mir mit – nicht ohne Behagen, wie mir schien   –, dass jeder über mich aufgebracht sei, dass alle meine lieben altenFreunde die schrecklichsten Dinge über mich sagten und geschworen hätten, nie mehr ein Wort mit mir zu sprechen. Ausgenommen natürlich sie selbst, wie sie immer wieder betonte. Alle, nur sie, Gladys Ponsonby, nicht. Und sie fragte, ob ich nicht glaubte, dass es sehr nett werden könnte, wenn sie ein paar Tage zu mir käme, um mich aufzumuntern.
    Leider hatte sie mich inzwischen so aus der Fassung gebracht, dass ich nicht einmal imstande war, ihr höflich zu antworten. Ich legte auf und ging fort, um zu weinen.
    Und heute Mittag kam der letzte, vernichtende Schlag. Die Post brachte mir einen Brief – ich schäme mich so, dass ich mich kaum überwinden kann, es niederzuschreiben   –, einen unvorstellbar reizenden, zärtlichen kleinen Brief, und von wem? Von niemand anderem als Janet de Pelagia. Sie verzeihe mir alles, was ich ihr angetan hätte, schrieb sie. Es sei ja nur ein Scherz gewesen, das wisse sie, und ich solle mir nichts daraus machen, dass die anderen Leute so schlecht über mich redeten. Sie liebe mich wie eh und je, und sie werde mich bis an ihr Lebensende lieben.
    Ach, wie gemein, wie viehisch kam ich mir vor, als ich das las! Umso mehr, als ich entdeckte, dass sie mir mit gleicher Post als zusätzliches Zeichen ihrer Liebe ein kleines Geschenk übersandt hatte – ein Halbpfundglas mit frischem Kaviar, meinem Lieblingsgericht.
    Ich habe eine Schwäche für guten Kaviar, eine so große Schwäche, dass ich ihm einfach nicht widerstehen kann. Natürlich hatte ich heute Abend überhaupt keinen Appetit, aber selbst das hinderte mich nicht, ein paar Löffel davon zu essen – ein kleiner Trost in meinem Elend. Es ist sogar möglich, dass ich ein bisschen zu viel gegessen habe, denn seit ungefähr einer Stunde fühle ich mich nicht allzu gut. Vielleicht sollte ich aufstehen und mir etwasNatron holen. Ich kann ja später weiterschreiben, wenn ich in einer besseren Verfassung bin.
    Wissen Sie – ich merke gerade, dass ich mich wirklich sehr schlecht fühle.

Der große automatische Grammatisator
    «Ach, da sind Sie ja, Knipe, mein Junge. Jetzt, wo wir’s geschafft haben, wollte ich Ihnen doch sagen, wie sehr ich mit Ihrer Arbeit zufrieden bin.» Adolph Knipe stand vor Mr.   Bohlens Schreibtisch. Nach seiner unbewegten Miene zu urteilen, war er keineswegs begeistert.
    «Freuen Sie sich denn nicht?»
    «O doch, Mr.   Bohlen.»
    «Wissen Sie schon, was die Morgenzeitungen darüber geschrieben haben?»
    «Nein, Sir.»
    Der Mann hinter dem Schreibtisch nahm eine zusammengefaltete Zeitung zur Hand und las vor: «‹Der Bau des großen Elektronengehirns, das die Regierung vor einiger Zeit in Auftrag gab, wurde soeben abgeschlossen. Diese elektronische Rechenmaschine ist vermutlich die schnellste der Welt. Sie erledigt in kürzester Zeit komplizierte mathematische Berechnungen, die von Naturwissenschaft, Industrie und Verwaltung in immer stärkerem Maße benötigt werden und deren Durchführung mit Hilfe der traditionellen Methoden physisch unmöglich wäre oder mehr Zeit in Anspruch nehmen würde, als die Probleme rechtfertigen. Eine Vorstellung von der Geschwindigkeit, mit der die neue Maschine arbeitet – so sagte uns Mr.   John Bohlen, der Chef der
Electrical Engineering Inc.
, der die Konstruktion vor allem zu danken ist   –, mag die Tatsache vermitteln, dass sie in fünf Sekunden die richtige Antwort auf eine Frage gibt, mit der sich ein Mathematiker einen Monat lang beschäftigen müsste. In drei Minuten liefert sie eine Berechnung,
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