Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Und immer wieder Liebe Roman

Titel: Und immer wieder Liebe Roman
Autoren: Paola Calvetti
Vom Netzwerk:
der Vertraulichkeit mit Romanen, die ich noch nicht kenne, eine Möglichkeit, Romane jenseits der Grenzen von Genres, Jahrhunderten und Schauplätzen miteinander in Verbindung zu bringen. Im düsteren Herrenhaus Thornfield Hall gesteht Jane Eyre der scharfzüngigen Elizabeth Bennet, die dem äußeren Anschein nach vor dem gerissenen Mr. Darcy flieht, ihre unglückliche Schwärmerei für Rochester, während in der Kategorie »Liebe auf Eis« Mr. Stevens in sturem Schweigen Miss Kenton nachseufzt, das Silberzeug poliert und von Neid zerfressen ist auf die von John Fowles höchstpersönlich signierte Geliebte des französischen Leutnants, die im »Nolime-tangere«-Schaufenster einem Brief von Mary McCarthy an
Hannah Arendt Gesellschaft leistet, einem Einweihungsgeschenk von Gabriella.
    Das ist ein Stilbruch, ich weiß.
    Für das Staubputzen schreiben die Lehrbücher des Buchhandels exakte Regeln vor, verbunden mit der Empfehlung, die Ware – wie die Fantasielosen das nennen – am Abend vor dem Schließen wieder einzuräumen. Ich ziehe es vor, die Bücher auf den Tischen dösen zu lassen. Mögen sie nachts unter sich sein, frei und unbeaufsichtigt.
     
    Ein leichter Schritt ist es nicht gewesen.
    Ich lebte in einem undefinierbaren Wartezustand, wusste, dass sich etwas ändern musste, hatte aber nicht die geringste Vorstellung, was ich tun und wo ich anfangen sollte.
    Ich sehnte mich nach Einfachheit.
    Ich hatte das Bedürfnis nach Weite, nach Ruhe, nach Beständigkeit. Nach jahrelangen aufreibenden Dienstreisen um die ganze Welt machte ich einen Schnitt und brach ein letztes Mal auf. In der reinen Anonymität von Arvidsjaur, einem Ort im schwedischen Lappland, erwog ich bei Rentiersteaks und becherweise dunklem Bier meine Möglichkeiten. Als mich der vom Hotel gebuchte blonde Hüne zu einer »exklusiven und unvergesslichen« Schlittenfahrt ins blanke Eis begleitete, leuchtete plötzlich auf meinem inneren Bildschirm ein einziger blinkender Satz auf: DIE STUNDE FÜR DEN WECHSEL IST DA. Ich fühlte mich, als wäre ich ein zweites Mal geboren worden, auch wenn ich mich an das erste Mal nicht erinnern kann.
    Zurück in Italien wartete eine ominöse Nachricht auf mich – ich möge mich bei Notar Predellini melden, hieß es. Selbiger entpuppte sich als eine grazile, etwa vierzigjährige Notarin, der meine Tante sich anvertraut hatte.

    »Du bist naiv, unvorsichtig, stur. Bei aller Sympathie, Emma, aber du bist vollkommen übergeschnappt.« Der Schwall von Beleidigungen kam aus dem Mund meines Treuen Feinds. Er heißt Alberto, arbeitet in der Wirtschaft, ist seit fünfundzwanzig Jahren der Ehemann meiner besten Freundin und hat sich meinem Projekt vom ersten Atemzug an widersetzt. Nach einem lapidaren »Das wird nicht funktionieren« sah ich mich schon von Insolvenz, Pleite und Elend bedroht, in die ich laut seinen Prophezeiungen innerhalb eines halben Jahres stürzen würde. Das hatte nicht zuletzt auch mit meinem ökonomischen Unverstand zu tun, der genauso abgrundtief ist wie der in Bezug auf Naturwissenschaften, Rätsellösen, Petit-Point-Stickerei und Hundezucht.
    »Das wird nicht funktionieren«, war das leiernde Mantra des Treuen Feinds. Ich habe ihn zum Essen eingeladen, nur er und ich, um ihm wenigstens die Fotos zu zeigen.
    Er war auf Diät.
    Nudeln mit Soße verwarf ich also und setzte all meine Hoffnung in gedämpften Seebarsch mit neuen Kartoffeln, grünen Bohnen und einem Trebbiano d’Abruzzo, der mich ein Vermögen gekostet hat. Für den Fall, dass er sein rigides Kalorienprogramm über den Haufen werfen würde, hatte ich in der Pasticceria Cova ein Schokoladentörtchen gekauft, das ich mit dem besten Dessertwein der Welt servieren würde, einem Sherry Pedro Ximenes. Der Aderlass war notwendig, um ihn von meinem Unternehmen zu überzeugen.
    »Hier, schau. Ich habe die Zimmer fotografiert, um dir einen Eindruck vom Ambiente zu vermitteln. Sobald du einen Moment Zeit hast, zeige ich es dir. Es ist schon sehr schön, und wenn man noch ein wenig nachbessert, könnte es wunderschön werden. Man muss nur die Wände streichen, das Parkett abziehen, die Einrichtung umräumen, ein paar Tische zusätzlich
aufstellen und die Regale aufmöbeln.« Wenn zu befürchten steht, dass andere meine Wünsche durchkreuzen, übertreibe ich manchmal ein bisschen.
    »Du bist wie ein Mädchen, das Kaufladen spielt: ›Guten Tag, gnädige Frau, was darf es denn Schönes sein? Soll ich es Ihnen einpacken?‹ Das ist die Midlifecrisis,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher