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Und hinter dir die Finsternis

Und hinter dir die Finsternis

Titel: Und hinter dir die Finsternis
Autoren: Mary Higgins Clark
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bereits begonnen hatten, war er über das Wochenende nach Hause gekommen. Von Princeton waren es nur eineinhalb Stunden Fahrt.
    Er lud mich ein, in einem der beiden Sessel neben dem offenen Kamin Platz zu nehmen. »Ich hatte mir kühle Witterung gewünscht, um einen Grund zu haben, Feuer zu machen«, sagte er. »Heute Nachmittag hat der Wettergott mitgespielt.«
    Mehr denn je war ich mir bewusst, dass meine lindgrüne Jacke eher für einen August- als für einen Herbstnachmittag gepasst hätte. Ich spürte, dass sich eine Haarsträhne gelöst hatte und über meine Schulter fiel, und versuchte, sie wieder in den Haarknoten zu winden.
    Ich besitze ein Master-Diplom in Bibliothekswissenschaft. Da ich so ein Büchernarr war, schien dieser Berufswunsch nahezuliegen. Seitdem ich vor fünf Jahren mein Studium abgeschlossen habe, arbeite ich in der öffentlichen Bücherei von Englewood, außerdem bin ich sehr aktiv im Rahmen des Alphabetisierungsprojekts unserer Gemeinde tätig.

    Nun stand ich in dieser beeindruckenden Bibliothek und fühlte mich »wie ein armer Hausierer«, wie meine Großmutter gesagt hätte. Ich hatte mir vorgenommen, eine Benefizveranstaltung für das Alphabetisierungsprogramm auf die Beine zu stellen, und das Ganze sollte möglichst spektakulär sein. Die Leute wären sicherlich bereit, so hatte ich mir gedacht, dreihundert Dollar für einen Cocktailempfang zu zahlen, wenn er in diesem Haus stattfinden würde. Das Herrenhaus der Carringtons war zu einem Teil der Folklore von Englewood und den umliegenden Gemeinden geworden. Jeder kannte seine Geschichte, wusste, dass es Stein für Stein aus Wales importiert worden war. Ich war überzeugt, dass die Aussicht, das Innere zu Gesicht zu bekommen, ein entscheidender Anreiz für die potenziellen Teilnehmer sein würde und wir damit unser Ziel – eine ausverkaufte Veranstaltung  – erreichen könnten.
    Normalerweise fühle ich mich recht wohl in meiner Haut, doch als ich in diesem Raum saß und spürte, wie diese grauen Augen mich prüfend taxierten, war mir beklommen und unbehaglich zumute. Plötzlich fühlte ich mich wieder wie die Tochter des Landschaftsgärtners, der zu viel trank.
    Reiß dich zusammen, ermahnte ich mich im Stillen, und lass diesen Quatsch mit der Ehrfurcht. Ich gab mir einen Ruck und begann meine wohleinstudierte Ansprache. »Mr. Carrington, wie ich Ihnen schon geschrieben habe, gibt es viele gute Gründe, weshalb Menschen bereit sind, einen Scheck auszustellen. Natürlich kann man von niemandem erwarten, dass er alles unterstützt, was ihm unter die Nase gehalten wird. Und es scheint so zu sein, dass heutzutage selbst bei wohlhabenden Leuten das Portemonnaie nicht mehr so locker sitzt. Deshalb ist es für unsere geplante Veranstaltung von entscheidender Bedeutung, dass wir etwas finden, womit wir die Menschen dazu bewegen können, für unseren Zweck zu spenden.«
    An dieser Stelle trug ich die Bitte vor, er möge uns gestatten,
die Cocktailparty in seinem Haus stattfinden zu lassen. Ich bemerkte, wie sich sein Gesichtsausdruck änderte und das Wörtchen »nein« sich auf seinen Lippen bildete.
    Doch er blieb mir gegenüber freundlich. »Miss Lansing …«, begann er.
    »Bitte nennen Sie mich Kay.«
    »Ich dachte, Ihr Name sei Kathryn.«
    »So steht es in meiner Geburtsurkunde, meiner Großmutter zuliebe.«
    Er lachte. »Ich verstehe.« Dann setzte er zu einer höflichen Ablehnung an: »Kay, ich bin gerne bereit, Ihnen eine Spende zukommen zu lassen …«
    Ich unterbrach ihn. »Das ist sehr freundlich von Ihnen. Doch wie ich Ihnen bereits geschrieben habe, es geht hier um mehr als nur um Geld. Wir brauchen freiwillige Helfer, um den Menschen das Lesen beizubringen, und der beste Weg, sie zu bekommen, ist, sie auf eine Veranstaltung zu locken und sie dort anzuwerben. Eine große Catering-Firma hat mir bereits einen Preisnachlass zugesichert, falls die Veranstaltung hier stattfindet. Das Ganze würde nur für zwei Stunden sein, und es würde so vielen Menschen unendlich viel bedeuten.«
    »Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen«, sagte Peter Carrington und erhob sich.
    Das Gespräch war beendet. Ich dachte fieberhaft nach und entschied, es noch mit einem letzten Argument zu versuchen. Schließlich hatte ich nichts zu verlieren: »Mr. Carrington, ich habe sehr viel über Ihre Familie recherchiert. Viele Generationen lang war dies eines der gastfreundlichsten Häuser in Bergen County. Ihr Vater, Ihr Großvater und Ihr
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