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Und ewig seid ihr mein

Und ewig seid ihr mein

Titel: Und ewig seid ihr mein
Autoren: Roman Rausch
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Wollte Thijs ihm wirklich helfen, oder wollte er ihn wie einen Tanzbär vorführen? «Was verlangst du von mir?»
    «Dass du die Schnauze hältst und abwartest, bis die Stellvertreter ihre Gefühle dir und deiner Familie gegenüber geäußert haben.»
    «Und danach?»
    «Danach bist du dran   … sofern du dann noch sprechen kannst.»
    «Wieso sollte ich das nicht mehr können?»
    «Wir werden sehen. Und jetzt komm.»
    Die Gruppenmitglieder verstummten augenblicklich, als Frank und Thijs den Raum betraten.
    «Alle wieder auf eure Positionen», bestimmte Thijs, «wir machen an dem Punkt weiter, wo ich abgebrochen habe.»
    Zögernd kamen sie der Anweisung nach. Frank setzte sich zurück in die Gruppe. Der Mann neben ihm ging auf Abstand.
    «Vater», sprach Thijs den Mann in der Mitte an, «wieso höre ich nichts von dir? Du bist doch das Familienoberhaupt.»
    In Frank rebellierte es erneut. Ein wütender Blick von Thijs genügte, um ihn zur Räson zu bringen.
    «Ich weiß nicht», sagte der Vater, «was ich hier an dieser Stelle überhaupt soll. Meine Frau steht vor mir, mein jüngster Sohn noch weiter. Ich fühle mich übergangen.»
    Frank nickte zustimmend.
    «Wo solltest du denn stehen?», fragte Thijs.
    «Die Frage ist, wo die anderen stehen. Meine Frau sollte zu meiner Linken und meine Söhne, einen Schritt zurück, an meiner rechten Seite sein. So wie es jetzt ist, fühle ich mich krank.»
    Wieder pflichtete ihm Frank bei.
    «Was sagt die Mutter?», fragte Thijs.
    Die Frau war sich ihrer Vormachtstellung nicht bewusst. Sie besaß keine Kenntnis darüber, dass sie in Lebensgefahr schwebte, gemessen an den Blicken, die Frank ihr zuwarf.
    «Frauen waren schon immer die Leidtragenden und Benachteiligten in den Familien», begann sie, «es ist Zeit, dass wir   …»
    Thijs schnitt ihr das Wort ab. «Ich will keine politischen Statements von dir hören, sondern was und wie du fühlst.»
    Die Frau überlegte einen Moment. Dann: «Gut.»
    Frank schoss der Zorn ins Gesicht. «Du   …»
    «Frank, halt dich zurück», fuhr ihn Thijs an. «Ich nehme an, dass die Stellvertreter sich nun nach deiner Erwartung verhalten.»
    Frank nickte.
    Thijs wandte sich nun dem Mann zu, der hinten rechts stellvertretend Franks Rolle in der Familie eingenommen hatte. «Was fühlst du, wenn du deine Familie hier siehst?»
    Der Mann hatte sich bisher ruhig verhalten. Aus gutem Grund. Er fürchtete, ins Fadenkreuz von Franks unvorhersehbaren Reaktionen zu gelangen.
    Dennoch sprach er mutig auf. «Ich bin ausgegrenzt, genauso wie meine Tante dort drüben. Der innere Zirkel ist besetzt.»
    «Durch wen?»
    «Meine Mutter und mein Bruder stehen im Mittelpunkt. Ich bin wütend.»
    Thijs blickte zu Frank hinüber. Er verhielt sich ruhig.
    «Stimmst du dem zu, was dein Stellvertreter über dich gesagt hat?», fragte er.
    Frank nickte stumm. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl, verstanden zu werden. Diese Familie hatte ihn aus ihrer Mitte verstoßen. Der Platz, der ihm zustand, war durch einen anderen besetzt worden. Sein Vater und seine Mutter hatten nichts dagegen unternommen, die Mutter hieß es sogar gut.
    «So, wie die Familie jetzt steht, ist sie krank», sprach Thijs und mischte sich unter die Stellvertreter. «Diese Krankheit ist auf das Kind, das am meisten darunter leidet, übergesprungen. Um diese Verstrickung, die aus falsch verstandener Liebe entstanden ist, wieder rückgängig zu machen, muss eine neue Ordnung geschaffen werden.»
    Thijs ging in die Ecke und holte den Stellvertreter Franks in die Mitte. An dessen Seite platzierte er den Vater und die Mutter. Den Mann, der für Franks jüngeren Bruder stand, stellte er hinter Frank, die Tante hinter die Mutter. Sie standen nun im Kreis, schauten sich an, und jeder hatte den Platz inne, der ihm gebührte.
    «Frank, wie fühlst du dich jetzt?», fragte Thijs.
    Franks Herz schlug schneller. Ja, so, wie sie und sein Stellvertreter nun standen, war es richtig. Nach dreißig Jahren war die natürliche Ordnung wiederhergestellt worden. Frank wollte zustimmen, doch die Aufregung war zu groß. Seine Stimme versagte.
    Thijs beendete die Aufstellung. «Jedes Mitglied einer Familie gehört dazu und wird geachtet, unabhängig von seinen Qualitäten. Wer zuerst da war, kommt an erster Stelle. Ehepartner wie Kinder. Niemand kann dieser Ordnung entfliehen. Alles, was dafür getan werden muss, ist gut. Selbst, wenn es gegen die Moral und das Gesetz verstößt.»
    Das war die Wahrheit.
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