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und du bist weg

und du bist weg

Titel: und du bist weg
Autoren: Theo Pointner
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überrascht die Stirn und warf einen flüchtigen Blick auf ihre Armbanduhr. »Ist doch erst kurz vor fünf«, gab sie zurück. »Vielleicht sind wir ja in Bochum, bevor es dunkel wird.«
    »Wenn das so weitergeht, bestimmt nicht«, untermauerte Eulenstein ihre geschwätzige Stimmung.
    Katharina holte ein Papiertaschentuch aus ihrer Tasche und schnäuzte kräftig hinein. Unschlüssig überlegte sie, ob sie die Unterhaltung fortsetzen sollte oder nicht. »Fahr doch an der nächsten Abfahrt raus. Über die Landstraße kommen wir bestimmt schneller vorwärts.«
    Eulenstein rümpfte die Nase. »Erst mal rauskommen.«
    »Nimm doch die Sirene«, schlug Katharina vor.
    Ihre Kollegin wendete langsam den Kopf, als hätte die Blonde ihr einen unsittlichen Antrag gemacht. Dann verzog sich ihr schwarz geschminkter Mund zu der Andeutung eines Lächelns.
    »Bleibt aber unter uns«, antwortete sie, kurbelte das Seitenfenster herunter und pappte das magnetisch haftende Blaulicht auf das Dach. Gleichzeitig gab sie Saft auf die Tröte, dirigierte den Vectra auf die Standspur und quetschte das Gaspedal bis an das Bodenblech.
    »Manchmal liebe ich meinen Job«, grinste Katharina.
    »Ich hoffe nur, dass keine Kollegen von der Autobahnpolizei in der Nähe sind. Könnte Schwierigkeiten geben.«
    »Als ob die nie mit Beleuchtung zur nächsten Pommesbude fahren würden.«
    Eulenstein jagte mit knapp hundert Sachen an der Schlange der Fahrzeuge vorbei. Der Hinweis auf die nächste Abfahrt tauchte auf. Während sie den Wagen allmählich ausrollen ließ, zupfte sie eine imaginäre Fluse von ihrem schwarzen Sweatshirt.
    »Hat das eigentlich ’ne besondere Bedeutung?«, tastete sich Katharina auf ungewohntes Terrain vor.
    »Was?«, entgegnete Eulenstein scharf.
    »Deine modische Erscheinung, natürlich. Ich hab dich noch nie in, was anderem als schwarzen Klamotten gesehen.«
    Vorsichtig ordnete Eulenstein den Vectra in die Schlange der abfahrenden Fahrzeuge ein. Die meisten Fahrer machten der Sirene Platz, ein paar ganz Verwegene hängten sich an den Schneepflug und mogelten sich hinter dem Dienstfahrzeug aus dem Getümmel.
    »Gibt mir ein gutes Gefühl«, sagte Eulenstein. »Ich beklage mich ja auch nicht, dass du wie ein Papagei herumläufst.«
    Katharina wollte aufbrausen, aber ein verstohlener Blick an sich herunter machte ihr deutlich, dass Eulenstein gar nicht so Unrecht hatte. Über der gelben Hose breitete sich der Stoff einer weit geschnittenen hellblauen Bluse aus. Zur Krönung war die leichte Sommerjacke so gelb wie die Hose. Hätte sie neben einem Wahlplakat der F.D.P. gestanden, wäre sie glatt unsichtbar gewesen.
    »Hat Wielert dich eigentlich wegen der frei werdenden Stelle angesprochen?«, wartete Eulenstein eine Antwort nicht ab.
    Katharina sah auf. »Was für eine Stelle?«
    »Ab Januar wird eine Hauptkommissarstelle neu besetzt.«
    »Ehrlich? In welcher Abteilung denn?«
    »Bei uns.«
    Daher weht also der Wind, dachte Thalbach verstohlen. Das schwarze Aas wollte wahrscheinlich nur mal sondieren, ob sie eine Konkurrenz war. »Kein einziges Wort. Ich wusste noch nicht mal, dass etwas frei wird.«
    Eulenstein riss den Wagen schneller als nötig in die Kurve am Ende der Ausfahrt und schickte die Sirene wieder in den Käfig. Das Blaulicht schaltete sie ebenfalls ab, ließ die Lampe aber für den Fall eines weiteren Staus auf dem Dach kleben.
    »Bewirbst du dich?«, hakte Katharina nach.
    »Natürlich«, meinte Eulenstein überrascht. »Du nicht?«
    »Ich weiß nicht so recht. Jetzt, wo das Kind da ist …«
    »Ehrlich gesagt, wundert es mich sowieso, dass du bereits wieder arbeitest. Hast du keine Lust auf Erziehungsurlaub?«
    »Hör bloß auf. Ein Jahr zu Hause und du könntest mich in der Klapse einliefern.«
    »Und warum bewirbst du dich dann nicht auf die Stelle?«
    Katharina rutschte auf dem Sitz nach vorn und zog ein Päckchen Kaugummi aus ihrer Hosentasche. Gönnerhaft trat sie auch an ihre Fahrerin einen Streifen ab. »Ach, mal sehen. Ich bin ja gerade erst den zweiten Tag wieder da.«
    »Gerade mit dem Kind müsstet ihr aber doch eigentlich das Geld ganz gut gebrauchen können, oder nicht?«, gab Eulenstein keine Ruhe.
    Katharina schoss das Blut in den Schädel. Sie täuschte einen Hustenanfall vor und spuckte ihr Kaugummi gegen die Abdeckung des Airbags. Anschließend japste sie nach Luft. Eulensteins letzter Satz hatte sie getroffen wie ein Schwinger in den Magen. »Verdammtes Kaugummi«, krächzte sie
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