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...und der grüne See

...und der grüne See

Titel: ...und der grüne See
Autoren: Heinrich Lause
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wusste, dass nicht wenige Menschen der Überzeugung waren, dass bestimmte Steine vor negativen Einflüssen schützen konnten, ja, sogar über heilende Kräfte verfügten. Auch seine Eltern waren dieser Meinung. Für Denny war das schwer nachvollziehbar. In seinen Augen waren sie zunächst nur einzigartig und schön anzusehen. Sie umgaben ihn, solange er zurückdenken konnte.
    Sie waren da und gehörten zu seinem Umfeld, ohne dass er sich den Kopf darüber zerbrach.
    Dennys Gedanken verweilten während der Ferien oft in der vergangenen Schulzeit, und er dachte mit Widerwillen an das neue Schuljahr. Er war jetzt zwölf Jahre alt und würde nach den Sommerferien die siebente Klasse besuchen. Seine Art nervte die anderen. Desbalb wurde er bei Gruppen- und Partnerarbeiten oft ausgeschlossen, es sei denn, die Lehrer hatten auf eine Zusammenarbeit bestanden und Denny einer Gruppe zugewiesen. Denny wusste, dass er anders war. Doch was konnte er dafür, wenn die anderen seinen Ausführungen nicht folgen konnten und sie als zu kompliziert abtaten? Er interessierte sich nunmal für vieles und es ärgerte ihn, wenn er als bezeichnet wurde. Die Schulnoten und allgemeinen Leistungen bewegten sich im oberen Leistungsdrittel der Klasse und der Lernstoff bereitete ihm keine Mühe.
    Dennys Klasse galt als besonders undiszipliniert und rastlos und es herrschte ein rauer Umgangston, sogar unter den Mädchen. Die Schulpausen empfand Denny wegen der Lautstärke nervtötend. Die Unruhe und der Lärm auf dem Schulhof sowie das Gedränge in den Schulgängen hatten ihn eines Tages in der Schulbibliothek Schutz suchen lassen. Sie war für ihn ein Ruhe- und Rückzugsraum geworden. Hier konnte er verschnaufen und vor den Unterrichtsstunden noch einmal Luft holen. Denny fühlte sich in ihr wohl und nutzte jede verfügbare Freistunde, um zu lesen. Außerdem mochte Denny die Bibliothekarin. Ihr Name war Teresia Sollmann, sie war ungefähr so groß wie er und wohnte nur ein paar Straßen weiter als seine Familie. Denny schätzte sie auf etwa vierzig Jahre. Sie schien, genau wie seine Eltern, ein besonderes Interesse für einzigartige Steine zu haben. Irgendwann entdeckte Denny an ihrem rechten Handgelenk ein breites, dunkelbraunes Lederband, das mit einer Vielzahl von verschiedenfarbigen Steinen bestückt war. Hinzu kam, dass er in Anwesenheit dieser Frau eigenartigerweise eine unerklärliche Sicherheit verspürte.

    Das schrille Schellen an der Haustür riss ihn jäh aus seinen Gedanken. Denny schlich schnell aus seinem Zimmer, um nachzusehen, wer gekommen war. Seine Mutter öffnete gerade die Haustür.
    „Oh, mit Ihnen hatten wir nicht mehr gerechnet!”
    „Das sollten Sie aber”, erklang die schroffe Antwort, „ich weiß, ich hätte schon zum Beginn der Ferien kommen sollen.“
    Es folgte eine kurze Stille.
    „Wollen Sie mich nicht hinein bitten? Ich habe nicht viel Zeit.”
    Nach einem kurzen Zögern bat Dennys Mutter die Dame herein, die daraufhin durch den Flur huschte und im Wohnzimmer verschwand.
    „Schatz, kommst du mal bitte hoch?”, hörte Denny seine Mutter die Kellertreppe hinunter rufen, „wir haben doch noch Besuch von ihnen bekommen.”
    Kurz darauf erschien Dennys Vater im Flur und eilte ins Wohnzimmer, um den Gast zu begrüßen.
    „Oh! Hallo Frau Prof…”
    „Guten Tag, Herr Gideon”, unterbrach die barsche Stimme, „kommen wir gleich zum Grund meines Erscheinens. Sie können sich sicher vorstellen, warum ich gekommen bin?”
    „Wir können es uns denken”, entgegnete Samuel freundlich, „obwohl wir nicht mehr mit Ihrem Erscheinen gerechnet …”
    „Wie kommen Sie denn darauf?” Wieder fiel die Besucherin ihm ins Wort, ohne einen etwas freundlicheren Ton anzuschlagen. „Als Ihr Vater verstarb, wussten Sie doch genau, dass dieser Tag einmal kommen würde.”
    „Ja, schon, aber ...”
    „Die Regeln und Vorschriften müssten Ihnen beiden doch eigentlich bekannt sein, oder? Und in Anbetracht dessen, dass Ihr Vater viel zu früh verstarb, gilt Ihrem Sohn nun einmal besondere Beachtung.”
    „Meinen Sie nicht, dass Sie jetzt ein wenig übertreiben?”, schaltete sich Salomé ein.
    „Übertreiben?”, die Stimme der älteren Dame wurde lauter.
    Denny versuchte, dem Gespräch unten im Wohnzimmer zu folgen. Das meiste konnte er zwar gut hören, aber um was es letztendlich ging, hatte er noch nicht herausgefunden.
    „Ist Ihnen nicht bewusst, dass es sich bei ihrem Sohn um etwas ganz anderes handelt,
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