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Und das Leben geht doch weiter

Und das Leben geht doch weiter

Titel: Und das Leben geht doch weiter
Autoren: Heinz G. Konsalik
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davon. Wichtiger ist, daß Sie endlich erfahren, wer ich bin. Mein Name ist Detlev Padenberg. Ich bin Architekt aus, das wissen Sie schon, Flensburg.«
    »Ich heiße Carola Burghardt und bin, das wissen Sie auch schon, Oberprimanerin aus Hamburg.«
    »Wer wartet im Hotel auf Sie? Ihre Eltern?«
    »Nein.«
    »Ihr …«, er zögerte eine halbe Sekunde, »… Verlobter?«
    »Nein«, entfloh es ihr rascher, als es ihr lieb war. Warum eigentlich? Sie hätte sich diese Frage selbst nicht beantworten können.
    »Sie tragen ja auch keinen Ring«, sagte Padenberg.
    »Aber das erlaubt heutzutage keine hundertprozentig zutreffenden Rückschlüsse mehr.«
    »Interessiert Sie das?«
    »Was?«
    »Ob ich verlobt bin oder nicht.«
    »Ja«, erwiderte er und fuhr, ehe sie darauf reagieren konnte, fort: »Aber nur, weil ich mich frage, an wessen Adresse die Vorwürfe zu richten sind, daß er Sie so allein in der Gegend herumschwirren ließ.«
    »Ich habe niemanden um Erlaubnis gebeten.«
    »Nun aber raus mit der Sprache: Wer trägt für Sie die Verantwortung?«
    »Nur ich selbst«, sagte sie trotzig.
    »Fräulein Burghardt, seien Sie doch nicht kindisch. Was ich gerne wissen möchte, ist: Wer ist damit beauftragt, seine schützende Hand über Sie zu halten? Ich nehme an, Sie kommen aus einem guten Haus, in dem auch heute noch auf solche Regeln geachtet wird.«
    Carola mußte sich zwingen zu sagen: »Er heißt Jens Kosten und studiert Medizin. Seine Eltern sind mit meinen befreundet.«
    »Und wo war er, als er sich an Ihrer Seite hätte befinden sollen?«
    »Heute morgen?«
    »Ja.«
    »Er schlief noch.«
    »Vielleicht tut er das sogar jetzt noch«, sagte Padenberg in ziemlich abfälligem Ton.
    »Schon möglich!«
    »Und er merkt erst heute abend an der Bar, daß Sie fehlen.«
    Carola mußte lachen.
    »Sie halten nicht viel von ihm, wie?«
    »Ich als junger Mann hätte Sie jedenfalls keine Sekunde aus den Augen gelassen. Dazu hätte es übrigens nicht des gefährlichen Hochgebirges bedurft. Auch auf dem nächstbesten Bummel hätte mir nichts anderes am Herzen gelegen.«
    Obwohl Carola noch ein naives Mädchen war, wußte sie schon, wie das zu verstehen war. Trotzdem sagte sie: »Wie soll ich das verstehen?«
    »Auch der nächstbeste Bummel ist für ein junges Mädchen mit Fährnissen gepflastert, die es abzuwenden gilt.«
    »Mit welchen Fährnissen?«
    »Tun Sie doch nicht so, als ob Sie das nicht wüßten.«
    Schroffer als beabsichtigt sagte er dies und raubte ihr dadurch die Lust, auf diesem Feld den Dialog fortzusetzen.
    Das Feuer im Ofen hatte inzwischen für Wärme gesorgt, so daß es den beiden in ihren Schianzügen allmählich unbehaglich wurde. Sie spürten, daß sie bald zu schwitzen anfangen würden, und beugten dem vor, indem sie sich der Kleidungsstücke, die auszuziehen erlaubt waren, entledigten. Dazu gehörten vor allem die unförmigen Schuhe, die dicken Socken und die Mützen. Carola stellte mit Erstaunen fest, daß Padenbergs Haar gewissermaßen schon silberdurchwirkt war und sich an den Schläfen weiß färbte. Bei meinem viel älteren Vater, dachte sie, ist das noch nicht der Fall. Trotzdem …
    Sie führte den Gedanken nicht zu Ende.
    Auch den nächsten nicht. Wenn wir hier nächtigen …
    »Haben Sie Durst?« fragte er sie.
    »Nein.«
    »Hunger?«
    »Auch nicht, aber …«
    »Ein Stück Kuchen wäre jetzt nicht schlecht, wollten Sie sagen«, meinte er, als sie verstummt war.
    »Erraten.«
    »Mir stünde der Sinn mehr nach bayerischem Geräucherten und Schwarzbrot, aber weder Ihr Wunsch noch der meine wird hier eine Erfüllung finden. Der Tod des Verdurstens droht uns allerdings nicht.«
    »Wieso nicht? Gibt's hier etwas zu trinken?«
    »Ja, en masse – Schneewasser.«
    Carolas Miene wirkte nicht gerade begeistert; die seine auch nicht, als er das sagte.

2
    Jens Kosten erwachte um 11.10 Uhr am späten Vormittag. Als ihm dies nach einem Blick auf die Uhr bewußt wurde, entschloß er sich, das Frühstück ausfallen zu lassen. Daß Carola längst aufgestanden war und auch schon gefrühstückt hatte, war ihm sonnenklar. Hoffentlich hat sie mich nicht vermißt, dachte er gähnend, schwang die Beine aus dem Bett und schleppte sich mehr, als er ging, ins Bad. Ein zusätzliches Stündchen Schlaf wäre durchaus nach seinem Geschmack gewesen.
    Als er dann herunter in die Hotelhalle kam, sah er sich vergebens nach Carola um. Draußen war es herrlich, die Sonne blendete, der Schnee glitzerte, kein Lüftchen regte sich. Jens
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