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und das Goldene Dreieck

und das Goldene Dreieck

Titel: und das Goldene Dreieck
Autoren: Dorothy Gilman
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hierhergebracht. Beim Näherkommen
konnte Mrs. Pollifax sein Gesicht studieren. Es war kein
willensstarkes, aber ein sehr attraktives Gesicht, jungenhaft,
obwohl das gelockte schwarze Haar mit Grau durchzogen war.
Und er sah wirklich wie ein Amerikaner aus. Bei genauerem
Hinsehen entgingen ihr die Spuren eines ausschweifenden
Lebens nicht, aber seine tiefe Sonnenbräune hob die blaßblauen
Augen hervor, die vom Schwäche verratenden Mund und Kinn
ablenkten. Bestimmt konnte er sehr charmant sein und
wahrscheinlich probierte er seinen Charme häufig an Frauen aus
- weil er Bestätigung brauchte.
Und dieser Mann würde über ihr Schicksal entscheiden! Ihre
Hoffnung war nicht sehr groß, nicht bei diesem Mund und Kinn! Oberst Lu verneigte sich und machte ein förmliches Wai.
»Mr. Chollee, nicht wahr?« sagte er. »Willkommen. Wir haben
uns seit vielen Jahren nicht mehr gesehen.«
Der Mann blieb stehen und kniff die Augen zusammen, als er
die drei auf der Bank bemerkte. »Wer sind diese Leute?« fragte
er heftig. »Wo kommen sie her, und was, zum Teufel, haben sie
hier zu suchen?«
»Es handelte sich um eine private Angelegenheit«, antwortete
der Oberst höflich.
»Nichts ist hier privat! Wer sind sie? Das letzte, was ich hier
brauche, sind ein Touristenpaar und ein Thai, verdammt! Was
machen sie hier? Wie haben sie das Lager gefunden?« Seine
Stimme klang fast nörglerisch und schrill.
Verärgert rief Cyrus ihm zu: »Hab' das Lager nicht gefunden,
wurde entführt und hierher verschleppt - hatte absolut keine
Wahl -, das ist meine Frau, und das ist ein Freund. Und wer,
zum Teufel, sind Sie?«
»Sehen Sie?« sagte Mr. Chollee zum Oberst. »Typische
Amerikaner, neugierig und unverschämt! Und sie haben mich
gesehen!«
»Ja, sie haben Sie gesehen.«
»Wenn wir sie laufen lassen, werden sie reden, und das paßt
mir gar nicht.«
Oberst Lu zuckte die Schultern. »Es ist selbstverständlich
völlig Ihnen überlassen.«
»Dann töten Sie sie«, sagte der Mann gleichmütig. »Töten Sie
sie gleich.«
»Oh!« keuchte Mrs. Pollifax.
»Hören Sie...«, begann Cyrus.
»Maul halten!« sagte Chollee zu ihm, und dann wieder zu
dem Oberst: »Töten Sie sie, Lu!«
Der Oberst schüttelte den Kopf. »Das werde ich nicht tun, Mr.
Chollee. Ich führe einen Krieg, und im Krieg zu töten ist eine
Sache. Wir Schan zögerten nicht, die Japaner im Zweiten
Weltkrieg zu töten, als sie in unser Land einfielen. Aber ohne Grund zu töten, hieße viele Gutpunkte verlieren. Sie sind überhaupt nur durch ein Versehen meiner Männer hier. Nein,
damit will ich nichts zu tun haben!«
»Ihr Buddhisten!« brummte Chollee gereizt. »Na gut, ich töte
sie selbst. Ich hoffe, Sie sind nicht auch noch zu zimperlich, mir
von Ihren Männern Gräber schaufeln zu lassen.«
»Sie werden drei Gräber schaufeln«, antwortete der Oberst
steif, »aber nicht für Sie töten. Wenn Amerikaner andere
Amerikaner töten wollen, geht es mich nichts an.« Er ging.
Seine Männer folgten ihm und warfen neugierige Blicke über
die Schultern.
»Oh, wie können Sie es wagen!« flüsterte Mrs. Pollifax. Chollee lachte. »Gehört nicht viel dazu! Stehen Sie jetzt auf!
Stellen Sie sich nebeneinander!«
So geschieht es also wirklich - wie eine Hinrichtung, dachte
Mrs. Pollifax, eine überstürzte noch dazu. Sie griff nach Cyrus'
Hand. Eine seltsame Ruhe und Würde ergriff Besitz von ihr, als
sie ihren Platz zwischen Bonchoo und Cyrus einnahm. Der
Oberst hatte sich zurückgezogen, aber sie hörte das Schaufeln
und den Aufschlag von weicher Erde, als die Gräber ausgehoben
wurden. Die Sonne schien auf Palmen und Bambus, und eine
leichte Brise ließ Staubkörnche n tanzen. Sie hielt Cyrus' Hand
und zitterte nur ganz leicht.
Im Wald schrie schrill ein Vogel. Sie hörte das Klicken des
Sicherungshebels. Er hob den Revolver und zielte.
In einer Sekunde, dachte sie, in nur einer Sekunde... Sie
schloß die Augen.
»Fallenlassen, Charlie!« schrie eine Stimme von den Bäumen
hinter ihnen. »Laß den Revolver fallen, ich habe auf dich
angelegt!«
Mrs. Pollifax öffnete die Augen. Ihr erster Blick fiel auf
Charlie. Er sah aus, als traue er seinen Augen nicht, und dann wich die Verblüffung dem Schock. Mit Cyrus und Bonchoo
drehte sie sich jetzt zu dem Mann um, der in das Lager hinkte. Es war Mornajay. Er war totenblaß, aber ungebeugt, und sein
Revolver war auf ihren Henker gerichtet.

17
    »Du!« rief Charlie. Sein Gesicht war nun eine Maske des Hasses und der Wut. »Woher wußtest du... Wie
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