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... und dann bist du tot

... und dann bist du tot

Titel: ... und dann bist du tot
Autoren: Hilary Norman
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für Maler. Katy hatte Lally erzählt, dass ihr Vater drei Räume im obersten Stockwerk durchbrochen und daraus ein großes Studio gemacht habe. In dem einen Teil des Raumes malte er, und in dem anderen schrieb er seine Lehrbücher. Ihre Mutter, die offensichtlich die meiste Zeit damit verbrachte, sich um ihre Hunde zu kümmern, die in speziell angefertigten Hundezwingern auf dem Hinterhof untergebracht waren, benutzte einen Raum in der zweiten Etage als Arbeitszimmer. Katy hatte zwei eigene Zimmer. In dem einen schlief sie, und das andere war groß genug, um dort ihre Hausaufgaben machen und Ballett üben zu können.
    Es war sicher kein Haus, überlegte Lally, in dem Platzmangel für Reibereien sorgte.
    Soll ich die Kurve kratzen?, fragte sie sich ein letztes Mal. Sie war nervös, und ihre Brust war wie zugeschnürt. Oder soll ich meine Nase in ihre Angelegenheiten stecken?
    Als sie ihre Entscheidung getroffen hatte, streckte sie die Hand nach dem Türgriff aus, nahm den Riemen ihrer großen Schultertasche aus Segeltuch und stieg aus. Einen Moment später stand sie auf der gefegten Veranda und legte ihren Finger auf die Klingel. Eine ganze Weile antwortete niemand. Sie drehte sich schon um, und die Anspannung machte Erleichterung Platz.
    Dann wurde die Tür geöffnet. »Miss Duval, was für eine nette Überraschung.«
    Chris Webber sah schlimm aus. Dieser Mann, der immer einen ruhigen und soliden Eindruck auf sie gemacht hatte, wirkte zwar nicht ungepflegt, aber irgendwie mitgenommen. Er trug Jeans, Turnschuhe und einen großen, blauen, selbst gestrickten Pullover, der von oben bis unten mit Farbe bekleckst war. Darüber wunderte sich Lally nicht, da er Künstler war. Doch sein kurzes, gelocktes, blondes Haar war zerzaust, und auf seinem Gesicht waren zwei lange Kratzer, einer auf seiner markanten geraden Nase und der andere neben der Kerbe seines Kinns. Er schaute sie mit seinen dunkelblauen Augen wachsam an.
    »Komme ich ungelegen?«, fragte Lally.
    »Inwiefern?«
    Sie atmete tief durch und brachte dann ihren Vorwand für den Besuch vor.
    »Ich komme wegen Katys Ballettschuhen.« Es klang unglaubwürdig - selbst in ihren Ohren. »Es ist nur ein kleines Problem, doch es ist wirklich wichtig.«
    »Katy ist soeben erst aus der Schule gekommen«, sagte Webber. »Sie zieht sich gerade um, und dann muss sie einen Aufsatz für Geschichte schreiben.«
    Es war offensichtlich, dass dieser Mann, der immer freundlich und höflich gewirkt hatte, wenn er Katy nach dem Unterricht abgeholt hatte, nicht wollte, dass sie das Haus betrat. Lally spielte noch einmal mit dem Gedanken umzukehren und nach Hause zu fahren, aber dann dachte sie wieder an Katys blaue Flecke und blieb standhaft.
    »Es geht um die Sicherheit«, beharrte sie. »Ich muss vor dem nächsten Unterricht unbedingt mit Katy sprechen.«
    Chris Webber sah ein, dass sie nicht gehen würde.
    »Natürlich«, sagte er. »Kommen Sie doch herein.« Er wich zur Seite, und sie betrat das Haus. Im Flur roch es nach Farbe und Kaffee. Ein geschnitzter Holzkleiderständer war mit Hüten und Schals überladen, und drei Paar Schneestiefel standen in Reih und Glied an der Wand.
    »Es tut mir Leid, wenn ich so ungastlich wirke.« Er wies ihr den Weg ins Wohnzimmer. Es war ein großer, behaglich eingerichteter Raum, in dem wuchtige alte Möbeln standen. Im Kamin prasselten glühende Holzscheite. »Es ist nur eine ungünstige Zeit, verstehen Sie?«
    »Ich hätte vorher anrufen sollen ... Sie können übrigens Lally zu mir sagen.«
    »Ich heiße Chris.«
    Einen Augenblick standen sie verlegen herum. Chris Webber war fast ein Meter neunzig und breitschulterig. Lally hatte ihn von Zeit zu Zeit in Stockbridge beim Joggen beobachtet, und ein- oder zweimal hatte sie ihn und Katy auf der 102. Straße auf Fahrrädern gesehen. Er sah ziemlich sportlich aus. Als sie nun in seinem Wohnzimmer stand, wirkte er äußerst verlegen.
    »Nimm doch Platz«, sagte er. »Fühl dich wie zu Hause. Ich hole Katy.«
    Als Lally allein war, setzte sie sich in einen hübschen, mit Chintz überzogenen Sessel. Eine junge Schäferhündin, die ein pechschwarzes Fell hatte, wenn man von den hellen Haarbüscheln über den Augen und auf ihren Pfoten absah, stand von dem Vorleger auf, der vor dem Kamin lag, und kam zu ihr, um an ihren Stiefeln zu schnüffeln.
    »Du riechst die Katze«, sagte Lally leise. Sie war froh über die Gesellschaft. Ihr Herz klopfte schnell, und ihre Handflächen waren feucht. Der Hund nahm einen
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