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Und abends etwas Liebe

Und abends etwas Liebe

Titel: Und abends etwas Liebe
Autoren: Mary Scott
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Schicksale der ihn umgebenden Frauen. Er meinte: »Du weißt doch, wie die Dinge stehen, Tony. Wir haben dich gerne bei uns. Aber früher oder später mußt du dein eigenes Leben leben. Du mußt dir einen Job suchen.«
    Diese Erklärung meines viktorianischen Ehemannes erstaunte mich sehr. Paul änderte sich doch mit der Zeit erheblich.
    »Hier lebt man gut - wenn man verheiratet ist. Aber es ist nicht das richtige für Jungen und Mädchen in deinem Alter, wenn sie keinen festen Beruf haben. Ich könnte dir morgen schon eine solche Aufgabe übertragen, zum Beispiel die Schafe zu hüten, den Garten zu pflegen und Susan zu helfen — und dergleichen mehr. Aber das führt doch zu nichts. Du bist dann doch nur eine Art von Hausgehilfin mit Glorienschein.«
    »Aber genau das möchte ich doch sein«, wandte Tony ein.
    »Jetzt vielleicht — aber was ist in zehn Jahren?«
    Tony wich zurück. Im Alter von achtzehn Jahren ist der Gedanke an die Zeit zehn Jahre später immer sehr entmutigend. Sie sagte: »Na ja, dann bin ich... dann bin ich verheiratet, oder so etwas!«
    »Ich hoffe sehr, daß du eines Tages heiraten wirst, aber nicht deswegen, weil du keinen Beruf hast und keinen Job finden kannst«, meinte Paul sehr bestimmt. »Aber jetzt haben wir für ein ganzes Jahr genug geredet. Aber so ist das nun einmal, Tony — wenn wir dich unterstützen und dir Mut machen hierzubleiben, dann mußt du dir auch ernstliche Gedanken über deine berufliche Zukunft machen. Vielleicht Stenotypistin, oder so. Das kannst du durch Fernunterricht erlernen«, meinte Paul leise, und offensichtlich fiel ihm an diesem Punkt nichts weiter ein. Dann fügte er noch hinzu: »Oder möchtest du die Geflügelzucht erlernen? In Massey gibt es eine Schulfarm.«
    Larry war ganz begeistert von Pauls Einfall, und als er ihr offen seine Meinung über das Manöver sagte, durch das der Kapitän in eine Ehe hineingetrieben wurde, bot sie ihm eine gleichberechtigte Partnerschaft für alle zukünftigen Vorhaben an.
    Und dank des Einfallreichtums, den Paul gezeigt hatte, waren wir alle bestens gegen alle möglichen Attacken Claudias gewappnet. Diese Angriffe erwiesen sich jedoch nach deren Eintreffen als weitaus harmloser, als wir befürchtet hatten.
    Sie traf mit dem Zug in Te Rimu ein, wo Paul sie abholte. Zu Hause erwarteten Tony und ich ihre Ankunft, mit nervöser Spannung. Als ich hörte, daß Tony es strikt ablehnte, ihre Mutter am Zug zu begrüßen, und sie besorgt auf die Straße starren sah, dachte ich bei mir, wenn einmal eines meiner Kinder mich so ängstlich erwarten würde, dann müßte ich mich schämen, jemals Mutter genannt worden zu sein.
    Aber das Ganze berührte Claudia nicht. Man brauchte nur ihr sanftes, hübsches Gesicht und ihr gut geschnittenes Kostüm, ihre Manieren zu sehen... alles derart zugeschnitten, daß es den Begriff >versagen< in ihrem Leben einfach nicht gab. Sie war eine erfolgreiche, selbstbewußte, charmante Person, und ich neigte zunächst dazu, sie nicht gerade gerecht beurteilt zu haben. Offenbar war Claudia, wie ich auch gehofft hatte, eine der Frauen, die am schlimmsten dran sind, wenn sie eine Feder zur Hand nehmen.
    Sie begrüßte ihre Tochter liebevoll, wenn nicht überschwenglich. Sie tauschten artige Küsse aus, und Claudia sagte: »Du siehst wirklich gut aus, Antonia. Muß ich dich mit Tony anreden? Der Name ist so barbarisch. Schade, ich gab dir doch einen so wunderschönen Vornamen.«
    Tony, die fest entschlossen war, sich gut zu benehmen, antwortete ruhig: »Natürlich, Mutter, nenn mich ruhig Antonia. Das war doch immer so.«
    »Ja, aber die Welt, in der du jetzt lebst, ist so anders. Du wirkst direkt wie ein anderer Mensch«, meinte Claudia. Und ich glaubte zu sehen, wie ein Schatten von Ungewißheit über ihr Gesicht huschte. Wie sollte man diese reifer gewordene, erfahrenere und offensichtlich auch verdorbenere Tochter am besten angehen?
    Tony brach das momentane Schweigen durch eifrige Fragen, so zum Beispiel nach Annie, und nachdem Claudia alle diese Fragen beantwortet hatte, wandte sie sich mir erleichtert zu.
    Offensichtlich, wie ihr Benehmen zeigte, eine liebenswerte, kleine Person, die man nicht besonders vorsichtig oder weich anzufassen brauchte. »Wie nett du zu meiner Tochter gewesen bist, Susan. Wirklich, plötzlich von einem völlig fremden, jungen Mädchen überfallen zu werden...«
    Der Tee verlief ein wenig schwierig, die Unterhaltung kam nur sehr schwer in Gang. Wir alle waren etwas gehemmt.
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