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Uncharted - Das vierte Labyrinth

Uncharted - Das vierte Labyrinth

Titel: Uncharted - Das vierte Labyrinth
Autoren: Christopher Golden
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erblickte er ein Gewirr von Tunneln und in der Mitte eine weitere Öffnung, hinter der sich eine Art Wohnraum befand. Seine Wände waren mit krakeligen Wandbildern bedeckt, die allem Anschein nach mit Blut aufgemalt worden waren. Der Gestank nach Fäkalien und Tod war übermächtig, und Drake erkannte, dass der Minotaurus dort schlief.
    „Gehen wir“, sagte Sully. „Bringen wir das endlich hinter uns.“
    Innerhalb weniger Sekunden hatten sie das Ende des Korridors erreicht. Er konnte nicht mehr als zwanzig Meter lang sein, denn die Taschenlampen der Söldner auf den Stufen erhellten schwach das schwere, hölzerne Tor, das hier in die Wand eingelassen war. Metallbänder hielten die schweren Planken zusammen. In den anderen Labyrinthen hatten sie nichts Vergleichbares gefunden, und Drake fiel auf, dass das Holz nicht sehr alt war. Er schätzte, dass man dieses Tor während der vergangenen hundert Jahre hier angebracht haben musste. Es war die einzige Stelle im ganzen Labyrinth, wo die Wächter Zugeständnisse an die Gegenwart gemacht hatten. Dieses kleine Stück Zivilisation bildete einen krassen Gegensatz zur primitiven Brutalität des Minotaurus.
    Unter der Tür schimmerte Licht hindurch.
    „Was zum Teufel … “, begann Drake.
    Henriksen drückte Sully seine Taschenlampe in die Hand, um den Riegel zurückzuschieben, und als er mit seiner Pistole gegen das Holz drückte, schwang das Tor nach innen. Drake, der keine Waffe hatte, fühlte sich in diesem Moment verwundbarer denn je. Aber als der Spalt zwischen Tür und Wand immer größer wurde, vergaß er jeden Gedanken an seine eigene Sicherheit – und so gut wie alles andere.
    Vor ihnen führten drei Stufen nach unten, wie es so typisch für Dädalus’ Entwürfe war. Aber der Raum dahinter ließ jede andere Gebetskammer, die sie zuvor gefunden hatten, wie eine Telefonzelle aussehen. Feuer brannten in regelmäßigen Abständen in Schalen, die tief in den Fels der Höhle getrieben waren. Zwei eiserne Kronleuchter hingen an Ketten von der Decke, und auch die dicken, weißen Kerzen, die dort in den Halterungen steckten, brannten hell. Doch all dieses Licht konnte nicht einmal die Hälfte des schattenverhangenen Gewölbes erhellen, bei dem es sich um eine bizarre Mischung aus Schatz- und Grabkammer handelte.
    Der Schatz des Dädalus war entlang der Wände aufgehäuft, vom Eingang bis zum anderen Ende des gewaltigen Raumes: Da waren Steinemporen und Vasen, die überquollen vor Goldmünzen aus dem antiken Griechenland und Ägypten. Da waren mit Edelsteinen besetzte Stirnreife, goldene Halsketten und glänzende Zepter. Das knapp einen Meter lange Krokodil aus purem Gold, das dazwischen lag, musste aus Sobeks Tempel stammen. In der Mitte all dieses Reichtums stand auf einem Podest eine goldene Statue des Minotaurus, dessen Hörner aus riesigen Rubinen geschnitzt waren.
    Mit einem einzigen Blick nahm Drake die vergessene Erhabenheit des Raumes und seiner kostbaren Schätze in sich auf. Doch mehr als diesen einen Blick wollte er sich nicht gestatten, denn die Bedrohung in Dädalus’ Goldspeicher war ebenso offensichtlich wie seine Verheißungen.
    Auf dem Boden vor ihnen befanden sich drei große, klobige Steinsärge mit chinesischen Inschriften. Dahinter stand eine kleine Gruppe von Personen, die die Eindringlinge voller Furcht und Abscheu musterten. Drei von ihnen waren vermummt – vermutlich bewachte jeder einen Sarg – , bei der vierten Person handelte es sich um eine hochgewachsene Frau. Das Licht der Kerzen und Feuerschalen erhellte das Wenige, das unter dem Schleier von ihrem Gesicht zu sehen war, vornehmlich ihre Augen, die so gelb wie die des Minotaurus schimmerten. Sie hatte sich vor einem Altar aufgebaut, der wiederum vor einem Regal mit Vasen und Kelchen stand. Auf dem Altar lagen vertrocknete weiße Blüten, Knochenstücke und ein Sammelsurium kleiner Steinbecher. Einer davon war umgekippt und hatte seinen Inhalt, ein kupferfarbenes Pulver, über den hellen Stein verteilt.
    Die Hüterin des Labyrinths . Es konnte niemand anderes sein.
    Dennoch wurde Drakes Blick von etwas angezogen, das sich rechts der drei Särge auf einem Holzgestell unter mehreren dicken, wollenen Decken wand.
    Das Monster war uralt. Seine trüben, blinden Augen starrten suchend ins Nichts, und sein hässlicher, verformter Schädel war von Falten, Schorf und Altersflecken überzogen. Einst war es ein Minotaurus gewesen, aber jetzt war es nur noch ein bemitleidenswerter stumpfsinniger
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