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Um Mitternacht mit dir im Bett

Um Mitternacht mit dir im Bett

Titel: Um Mitternacht mit dir im Bett
Autoren: Kristin Gabriel
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fest, dass auch sonst niemand sie zu kennen schien. Viele Gäste, besonders die weiblichen, versuchten, sie zu identifizieren, doch bislang vergeblich. Und das machte sie noch reizvoller für ihn, noch geheimnisvoller.
    Noch vier Minuten bis Mitternacht.
    Sogar Blair hatte nach der Lady in Rot gefragt. Normalerweise kümmerte sich die Frau seines Großvaters nicht um Michaels Privatleben, denn offensichtlich war er ihr ebenso unsympathisch wie sie ihm. Nein, das stimmte nicht ganz – er hatte nichts gegen Blair, er traute ihr bloß nicht. Aus gutem Grund. Aufmerksam schaute er auf das vergnügte Treiben und entdeckte jetzt auch Mrs. Seamus Wolff in ihrem aufwendigen Kleopatrakostüm. Das ehemalige Model für Handaufnahmen war groß und schlank, ihr langes schwarzes Haar passte perfekt zu ihrem exotischen Kostüm.
    Michael konnte nicht direkt beweisen, dass der Unfall seines Großvaters auf der Treppe ihr Werk gewesen war. Noch nicht. Aber es war nicht bei dem einen Unfall geblieben, seit Seamus vor sechs Wochen sein Testament geändert hatte. Vor ein paar Tagen war er auf der abschüssigen Straße nach Denver mit seinem Oldtimer in einem Graben gelandet, weil die Bremsen versagt hatten. Beide Unfälle hätten tödlich ausgehen können – und Blair Wolff zu einer schwerreichen Witwe gemacht.
    Mit ihren vierunddreißig Jahren war Blair Ballingham-Wolff seit drei Jahren mit Michaels siebzigjährigem Großvater verheiratet. Sie war seine sechste Frau. Seamus bezeichnete sich scherzhaft als Serienhochzeiter, der sich immer dann scheiden ließ, wenn ihm seine Frau zu alt wurde.
    In Wahrheit hatten sich Seamus’ vorherige fünf Frauen nach wenigen Monaten Ehe davongemacht, wobei sie jeweils die hunderttausend Dollar einstrichen, die ihnen der Ehevertrag garantierte. Es war eine ungewöhnliche Vereinbarung: Sie erhielten das Geld nur, wenn die Ehe kürzer als ein Jahr dauerte. Bei Überschreitung dieses Zeitraums gingen sie leer aus. So hatten alle das Bargeld vorgezogen, anstatt mit einem recht unleidlichen, wenngleich sehr reichen alten Mann zu leben.
    Alle bis auf Blair. Ihre Treue hatte Seamus dermaßen beeindruckt, dass er sein Testament geändert und ihr darin einen Großteil des Wolffschen Vermögens vermacht hatte, anstelle von läppischen Hunderttausend. Aber war Blair tatsächlich treu oder nur gieriger und skrupelloser als die anderen Frauen? Das wollte Michael herausfinden, und zwar, bevor es zu spät war.
    Noch drei Minuten bis Mitternacht.
    Er trank sein Glas aus und empfand dabei einmal mehr, dass der Wolffsche Reichtum sowohl ein Segen als auch ein Fluch war. Michael besaß mehr Geld, als er ausgeben konnte, und schrankenlose Möglichkeiten. Und doch, genau wie sein Großvater, konnte er sich nicht das kaufen, was jeder Mensch auf Erden sich ersehnte: Liebe. Denn er war nie sicher, ob die jeweilige Frau ihn oder sein Geld liebte. Was nicht bedeutete, dass er Frauen ablehnte. Er genoss weibliche Gesellschaft in vollen Zügen, solange feststand, dass Sex nicht mit Liebe oder Bindung gleichzusetzen war.
    Noch zwei Minuten bis Mitternacht.
    Das Wolfskostüm juckte ihm am Rücken, und er verspürte den Drang, sich an der Wand zu scheuern, um sich Erleichterung zu verschaffen. Der Tanz mit der Lady in Rot hatte ihn unglaublich erhitzt.
    Er sehnte sich nach einem zweiten Tanz mit ihr, einem sehr intimen Slow.
    Michael ließ seine Blicke durch den Ballsaal schweifen, sah ihre rote Kapuze aber nirgends. Was für ein Körper mochte sich unter dem roten Cape verbergen? Welche Farbe hatte ihr Haar? Welche Geheimnisse barg ihr Lächeln?
    Noch eine Minute bis Mitternacht.
    Michael stieß sich von der Wand ab und ging zum Podium hinüber, unberührt von dem ausgelassenen Partytreiben um sich herum. Er wollte ihr Gesicht bei der Demaskierung sehen, die Frau gründlich kennenlernen, die eine Einladung in seine Höhle zurückwies. Was ihn ziemlich erstaunt hatte. Entweder wusste sie nicht, wer er war, oder sein Reichtum beeindruckte sie nicht.
    Allerdings glaubte er nicht mehr an Märchen.
    Endlich schlug die Uhr Mitternacht. Langsam und mit heftigem Herzklopfen drehte er sich einmal um die eigene Achse. Bunte Luftballons und Konfetti schwebten zur Feier des neuen Jahrs von der Decke herab. Paare umarmten und küssten sich. Champagnerkorken knallten. Er nahm seine Maske ab, erblickte jedoch nirgendwo sein Rotkäppchen.
    Vielleicht hatte sie sich doch im Wald verirrt.
    Mitternacht.
    Als der erste tiefe Westminster-Gongschlag
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