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Ulysses

Ulysses

Titel: Ulysses
Autoren: James Joyce
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des »Kreislaufs«; dieser Oberbegriff verbindet die beiden Kapitel. »Circulation« ist auch das Stichwort für die Zeitung, wo Bloom kurz nach Mittag vorspricht und über ein Schlüsselemblem verhandelt, das in einer Anzeige verwandt werden soll. Hier kommt es beinahe zur Begegnung mit Stephen, der gerade versucht, Mr. Deasys Artikel unterzubringen, und dann mit den Journalisten in eine Kneipe geht. Ums Fressen geht es in der nächsten Episode: Es ist Lunch-Zeit, und die Dubliner sind so gierig (wie die Lästrygonen, das menschenfressende Riesenvolk aus der Odyssee), daß Bloom Mühe hat, ein Restaurant zu finden, wo er seine bescheidene Mahlzeit einnehmen kann. Noch einmal führen Blooms und Stephens Wege nur knapp aneinander vorbei: Als Bloom in der Bibliothek nach einer alten Zeitung sucht, diskutiert Stephen in einem Nebenraum seine Shakespeare-Theorien, doziert er ein paar Zuhörern und Mitdiskutanten »Theologicophilologik«, bringt er hochgelehrte Thesen vor, die er dann allerdings selbst nicht ganz ernst nimmt. Bloom hört einen Moment zu, entkommt dann aber (wie Odysseus der Scylla und der Charybdis), während Stephen weiterredet: Der Geist des Königs in Hamlet sei Shakespeare selbst, und Prinz Hamlet sei die Verkörperung von Shakespeares Sohn Hamnet, der mit elf Jahren starb – Vorausdeutung wieder auf die Vater-Sohn-Thematik (die später in der nächtlichen Begegnung zwischen Bloom und Stephen ihren Höhepunkt findet) und zugleich die letzte Episode, in der Stephen seine ganze hochmütige Schärfe im Gebrauch von Begriffen demonstriert. Wie durch die Irrfelsen, die einmal in der Odyssee erwähnt werden, bewegen sich in den achtzehn kurzen Abschnitten der zehnten Episode eine Reihe von Dublinern, in immer neuen Konstellationen von Nähe und Ferne zueinander, im Labyrinth ihrer Stadt; der gemeinsame Bezugspunkt ihrer höchst unterschiedlichen Wege, Gedanken und Wahrnehmungen ist die Fahrt des Vizekönigs durch Dublin: Alle sehen ihn, manche nur kurz, manche länger. Ein beigeordnetes Leitmotiv ist ein den Liffey hinabtreibender zerknüllter Zettel, den Bloom am Morgen in den Fluß geworfen hat und der ebenfalls von verschiedenen Personen auf verschiedene Weise wahrgenommen wird. Die Sirenen hinter einem »Thekenriff« sind das quasi homerische Personal des Restaurants Ormond, wo neben Bloom auch Simon Dedalus und Blazes Boylan einkehren. Bloom schreibt dort an seine unbekannte Briefpartnerin und will dann Martin Cunningham treffen, um gemeinsam mit ihm den verarmten Hinterlassenen Paddy Dignams zu helfen. Sirenenhaft-musikalisch ist auch die Sprache dieses Kapitels: Wie Themen eines Musikstückes werden zu Beginn eine Anzahl von Sätzen exponiert, die dann erweitert, »durchgeführt«, wiederaufgenommen, variiert und wie Notensequenzen umgestellt werden. Inzwischen ist es fünf Uhr nachmittags geworden; Bloom geht in Barney Kiernans Pub, läßt sich dort in ein Gespräch mit einem Dubliner, dem »Bürger«, ein, einem irischen Nationalisten der Sinn-Fein-Bewegung und Antisemiten, der ihn beleidigt und schließlich – Parodie des Polyphem, der dem fliehenden Odysseus einen Felsen nachschleudert – mit einer Teebüchse nach Bloom wirft, der in einem Wagen den Gewalttätigkeiten des (im übertragenen Sinn) »Einäugigen«, des vorurteilsbeladenen, megalomanen Autochthonen entkommt. Am Strand findet Bloom etwas Ruhe; aus der Ferne beobachtet er drei Mädchen, unter ihnen die sentimentale, aber durchtriebene Gerty McDowell, aus deren Perspektive zunächst erzählt wird. Als sie Blooms Blicke bemerkt, nehmen ihre Wunschphantasien eine eindeutige Richtung: Sie hebt ihre Röcke, um Bloom zu erregen, der nun zum Voyeur wird und onaniert – wiederum eine Szene der mißlungenen Kommunikation, Zeichen der Ausgeschlossenheit Blooms, der seiner Veranlagung nach ein vorsichtiger Einzelgänger, als Jude ein Exilierter und in seinen Liebesbeziehungen frustriert ist: Seit elf Jahren hat er nicht mehr mit seiner Frau geschlafen, und wie dem Odysseus der Besitz Nausikaas (nach der diese Episode benannt ist), so bleibt Bloom der Besitz Gertys verwehrt.
    Sein Mitleid führt ihn dann ins Frauenspital, wo eine Bekannte, Mrs. Purefoy, in den Wehen liegt.
    Während er sich im unteren Stockwerk mit Stephen, Mulligan, dem Arzt Dixon, der ihm – eines der immer wiederkehrenden Motive des Buches – einst einen Bienenstachel entfernt hat, unterhält, schenkt droben Mrs. Purefoy einem Sohn das Leben. »Jede Episode . . . sollte
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