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Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)
Autoren: Ulrich Kienzle
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verübte das misslungene Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944.
    4 »Wenn ich muss, dann geht das schon noch.«
    5 »Ich kannte mal einen, der eine Frau kannte, die ein Kind hatte. Das hatte sie aber nicht von ihm, da er nicht mehr konnte. Sie kannte aber auch noch einen anderen, der noch konnte. Und wenn sie diesen nicht gekannt hätte, hätte sie auch das Kind nicht gehabt.«
    6 Aber auf der Straße haben wir natürlich schwäbisch geredet.
    7 »Was habt ihr denn für Mädchen?«
    8 Lateinisch: Staunen der Welt
    9 Der Porträtmaler Franz von Lenbach schuf bis 1897 rund 80 Gemälde von Otto von Bismarck.
    10 Schwäbisch für: »Immer mit der Ruhe!«
    11 »Darf ich Ihnen ein Mädchen rüberschicken?«
    12 »Dass habe ich jetzt nicht gewusst, dass Sie auch Leihmädchen haben.«
    13 Jürgen Todenhöfer war bis 1990 deutscher Bundestagsabgeordneter der CDU.
    14 Englisch: für unterwegs
    15 Nein, nein! Sonst finde ich mein Flugzeug nicht mehr.



Erhard Eppler
»Pietcong« und
Blumenkohl
    Meine Reise zu Erhard Eppler beginnt mit einer Überraschung: Das »Navi« verweigert die Adresse. Auf dem Galgenberg, Schwäbisch Hall. Alle Versuche enden mit demselben Ergebnis: Galgenberg – Fehlanzeige. Es gibt ihn, wie ich später feststellen muss, tatsächlich nicht mehr. Und das hat mit Erhard Eppler zu tun. Er hatte beim Empfang zu seinem 85. Geburtstag ganz nebenbei erwähnt, dass es nicht so schön sei, auf dem Galgenberg zu sterben. Feiner Eppler’scher Humor. Die Haller Stadträte nahmen den Hinweis ernst – und änderten den Namen. Heute heißt die Straße wieder Friedensberg – wie schon nach der Reichsgründung im Jahr 1871.
    Ich habe Erhard Eppler schließlich doch noch gefunden. Er ist putzmunter, aber ein bisschen schmaler geworden. Er wohnt in einem Einfamilienhaus älterer Bauart. Unscheinbar, solide, bescheiden. Sehr schwäbisch. Das Wohnzimmer hat fast etwas Museales, seit Jahren dürfte nicht viel geändert worden sein. Warum auch?
    Der üppige Garten ist ein bisschen aus der Fasson geraten, das Grüne hat die Möglichkeit, sich fast ungehindert zu entfalten. Der Garten – verrät er – ist längst sein Lieblingsort geworden. Dort »schäffelt« er jeden Tag vier bis fünf Stunden. Auf sein selbst gezogenes Gemüse ist er besonders stolz. Nur noch selten mischt er sich in die Politik ein. Dann wird er in den Medien gerne als moralische Instanz gefeiert. Oder als sozialdemokratisches Urgestein. Worüber er sich königlich amüsiert.
    HERR EPPLER, Herbert Wehner hat Sie einmal als »Pietcong« 1 bezeichnet. Empfanden Sie das damals als Kompliment oder als Beleidigung?
    Als ich Bundesminister wurde, 1968, hat der »Spiegel« einen Menschen zu mir nach Schwenningen geschickt, wo ich als Lehrer arbeitete. Der sollte irgendwelche Skandalgeschichten finden. Aber er fand nichts. An dem Tag aber, an dem er abreiste, stand in der Weltpresse, die dort »Neckarquelle« heißt, eine Notiz: »Der Schulmeister, der im Gemeinderat ist, soll Minister werden!« Und dort stand auch: »Er stammt aus einem streng pietistischen Elternhaus.« Und seither bin ich – mindestens nördlich der Mainlinie – ein Pietist. Meine Geschwister haben sich immer köstlich amüsiert – schließlich gehören sie seitdem auch zu der »pietistischen Familie«. Dagegen anzugehen, war völlig hoffnungslos.
    Dieses Etikett haben Sie also verpasst bekommen?
    Ja. Das habe ich verpasst bekommen.
    Und der Wehner hat es dann noch verstärkt.
    Der Wehner hat das aus Bosheit, wofür er ja besonders zuständig war, ausgenutzt. Wissen Sie: Ich habe keine Hemmungen, Ihnen über den Pietismus Auskunft zu geben. Ich kenne den schwäbischen Pietismus. Nur: Als Typ des »schwäbischen Pietisten« kann ich nicht dienen.
    Gut, dass dieses Vorurteil endlich mal beseitigt wird! Ich habe ja mal ein Buch geschrieben über die Schwaben …
    Das habe ich sogar gelesen! Sie sind darin der Meinung, dass die Schwaben ursprünglich ein sehr fröhliches Volk waren.
    Es gibt wunderbare Zitate von fröhlich-versoffenen Schwaben im Mittelalter. Im 17. Jahrhundert aber begann die Umerziehung durch die Pietisten. Im 18. Jahrhundert war es besonders stark. Ich habe das ja ironisch formuliert: Was der Sowjetunion nicht gelungen ist, nämlich »einen neuen Menschen zu schaffen«, das haben die Pietisten hingekriegt. Die haben den Schwaben produziert, so wie wir ihn heute kennen.
    Wenn ich meine Herkunft angucke, dann ist wahrscheinlich ein Stück säkularisierter Pietismus
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