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Übersinnlich

Übersinnlich

Titel: Übersinnlich
Autoren: T Carpenter , Britta Strauss , Kerstin Dirks , Helene Henke , Tanya Carpenter
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sie zurückzuckte wie vor einem elektrischen Schlag.
    Sie kroch auf Händen und Knien die Stufen hinauf, mehr Schüsse, der Boden löste sich auf. Plötzlich war da kein Halt mehr, nur Staub und bröckelnder Stein und sie schrie und hörte andere Schreie. Sie fiel ein paar entsetzliche Herzschläge lang, bis Dunkelheit sie gnädig auffing und alle Bilder auslöschte.
    Staub füllte ihren Mund, als sie erwachte. Ein grelles Licht blendete sie. Hinter der Taschenlampe schälten sich Alans Züge aus der Dunkelheit. Sein Anblick erleichterte sie so sehr, dass ihr ein Schluchzen in die Kehle stieg.
    „Oh Gott, was ist …“ Sie musste husten. „Wo sind wir?“
    „Bist du okay?“ Seine Hand glitt über ihre Wange. „Kannst du dich bewegen?“
    Sie hob einen Arm und bewegte die Finger. Mühsam zog sie die Beine an, doch der erwartete Schmerz blieb aus. Mit der Zunge tastete sie über ihre Zähne, schmeckte eine Spur Kupfer und wusste zugleich, dass das nicht ihr eigenes Blut war. Alan musste ihr etwas von seinem Blut eingeflößt haben. Schattenläuferblut, das Erbe ihrer Vorfahren, gefallener Engel. Noch immer fiel es ihr schwer, diesen Teil von ihm als selbstverständlich hinzunehmen. Das Blut hatte ihre Wunden geheilt. Sie hatte die Schmerzen nicht geträumt. Das war real gewesen. „Wie schlimm war ich verletzt?“
    „Schlimm.“ Er fasste nach ihrem Arm, um ihr aufzuhelfen. „Die Treppe ist zusammengebrochen. Es war ein tiefer Sturz.“
    „Danke, dass du mich von den Toten zurückgeholt hast.“ Als sie endlich auf den Beinen stand, zitterten ihre Knie so sehr, dass sie sich an ihm festhalten musste.
    „Javier ist verschwunden“, sagte er.
    „Was war das?“
    „Dieses Ding?“ Er legte ihr einen Arm um die Schultern und zog sie mit. „Wir müssen hier weg. Sie ist geflohen, aber sie wird wiederkommen.“
    Nach ein paar Schritten gewannen ihre Beine an Festigkeit. Sie kletterten über die Reste der abgestürzten Treppe und liefen einen scheinbar endlosen Gang hinunter, der viel älter wirkte als die Betontunnels der Kanalisation. Der Boden schien aus gewachsenem Fels zu bestehen, die Wände aus Steinquadern mit dünnen Fugen. Das Licht der Taschenlampe reichte nicht bis zur Decke, was ihr das surreale Gefühl vermittelte, sie wanderte durch eine hundert Meter tiefe Schlucht.
    „Sind das die alten Tunnels, von denen Javier gesprochen hat?“ Ihre Stimme hallte von den Wänden zurück. „Die in keiner Karte verzeichnet sind?“
    „Ich wusste nicht, dass dieses Labyrinth überhaupt existiert“, gab Alan zu.
    Nach einiger Zeit schaltete er die Lampe aus. Er konnte auch ohne Licht sehen und führte sie. Bald wusste sie nicht mehr zu sagen, ob sie zehn Minuten oder vier Stunden gelaufen waren.
    An einem Kreuzweg wurde ihr klar, dass auch Alan nicht wusste, welches die richtige Richtung war. Und ihre Handys funktionierten hier unten nicht.
    Sie konnten niemanden um Hilfe rufen.
    Eve schlief ein paar unruhige Stunden, den Kopf auf Alans Beine gebettet. Ihr Magen schmerzte vor Hunger, als sie aufwachte.
    „Was, wenn wir im Kreis gehen?“
    Er strich ihr die Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Wir gehen nicht im Kreis.“
    „Woher willst du das wissen?“
    „Ich weiß es nicht.“ Er klang müde. „Ich frage mich allerdings, wer diese Katakomben gebaut hat. Sie müssen die halbe Stadt untertunnelt haben.“
    „Kennst du die Geschichte der Eidechsenmenschen?“
    „Nein.“ Er regte sich unter ihrem Gewicht.
    „In den Dreißigern hat ein Ingenieur viel Geld in Bohrungen investiert, weil er überzeugt war, dass sich unter Los Angeles eine ältere Stadt befindet.“
    „Eine ältere Stadt?“
    „Eine Indianerlegende. Die Stadt ist angeblich in Form einer Eidechse angelegt und reicht bis zwanzig Meilen in den Pazifik hinein.“
    Er stieß geräuschvoll die Luft aus und half ihr beim Aufstehen. „Du meinst, wir haben zufällig die geheime Festung der Eidechsenmenschen gefunden?“
    „Indem wir eine Treppe zum Einsturz gebracht haben?“ Sie fuhr sich mit den Fingern durch die verfilzten Locken. „Leider werden wir nie jemandem von unserer Entdeckung erzählen können, wenn wir hier unten verhungern. Ich frage mich, wann Mariposa wieder auftaucht.“
    „Sie ist längst hier“, murmelte er.
    Schlagartig fiel der letzte Rest Schläfrigkeit von ihr ab. „Was?“
    „Ich kann sie spüren.“
    „Warum greift sie dann nicht an?“
    „Sie folgt uns schon eine Weile. Vielleicht wartet sie auf den richtigen
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