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Überfall nach Ladenschluß

Überfall nach Ladenschluß

Titel: Überfall nach Ladenschluß
Autoren: Stefan Wolf
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Überlegung
war nicht abwegig, denn Dr. Eichhorn sah tatsächlich ein bißchen teuflisch aus
— wie ein Teufel außer Dienst. Vom Haaransatz bis zum Kinn bestand sein Gesicht
nur aus Dreiecken, und hinter der randlosen Brille funkelten grüne Augen. Daß
sie vergnüglich funkelten und nicht in satanischer Schadenfreude — das verriet
erst der zweite Blick.
    Er trank
Rotwein, dessen Duft wolkengleich über dem Tisch stand, Lockes Schnuppernäschen
erreichte und sie fast schon beduselte. Denn Wein vertrug sie nur tropfenweise,
wenn überhaupt. Eichhorn aß gebackenen Tintenfisch und knackfrischen Salat.
Seine Hingabe verriet, daß es ihm schmeckte.
    Kathie, die
nach einer Runde durchs Lokal wieder an den Tisch kam, fragte Locke und Tom, ob
sie sich schon entschieden hätten. Sie nahm die Bestellung auf, ohne was zu
notieren, und wandte sich dann der Küche zu. Dabei richtete sich ihr Blick auf
den eintretenden Gast.
    Beiden,
Locke und Tom, entging Kathies Gesichtsausdruck nicht. Er wurde wie Stein.
    Wer kommt
denn da? dachte Tom. Der Kassierer der Mafia? Wie hat Kathie diesen Carezzo
beschrieben? Feistes Schwergewicht mit Schmalzlocken und roter Narbe auf der
Backe!
    Das ist er!

3. Zwei Kassierer
     
    Er kam
herein, als gehöre ihm das Lokal. Er marschierte an den Tischen vorbei. Daß er
nicht gegen Stuhlbeine trat — oder gegen die Schienbeine der Gäste, war wohl
seiner gehobenen Stimmung zu verdanken. Er trug einen sahnefarbenen Anzug, in
dem er schwitzte, und eine schwarze Aktentasche unterm Arm. Die Tasche hätte zu
einem Beerdigungs-Unternehmer gepaßt — oder zu einem höheren Beamten, der sich
Arbeit mit nach Hause nimmt, nachdem er die Bürozeit verpennt hat.
    Im fetten
Gesicht lauerte Verschlagenheit, und seine Blicke wieselten.

    Auch
Sabrina und Gina hatten den Kopf gewandt. Selbst im Falle von Heißhunger wäre
ihnen jetzt der Appetit vergangen.
    Locke
merkte es. Ihre Glutaugen funkten Signale zu Tom, der das mit Blinzeln
beantwortete.
    Carezzo kam
zu dicht und zu forsch am Tisch vorbei. Eile dieser Art mißversteht Nicki als
Bedrohung.
    Warnendes
Knurren drang unter dem Tischtuch hervor. Aber Tom hatte vier Finger in Nickis
Halsband gehakt und klopfte ihm beruhigend auf die Schulter.
    Ein kalter
Blick strich über die Runde. Dann war Carezzo an der Küchentür, wo in dieser
Sekunde Sabrinas Vater auftauchte: Emilio Aiano, der Meisterkoch. Er mußte es
sein. Die Ähnlichkeit mit seiner Tochter ließ sich nicht übersehen. Allerdings
war er beleibt, und über seinen Augen lag ein feuchter Schimmer. Gram? Weil er
ein Opfer der Mafia war — und seine Situation ohne Hoffnung auf Änderung?
    Carezzo
stieß ihm einen Finger in den Bauch.
    Auf den
flüchtigen Beobachter wirkte das wie ein Scherz.
    Aber Locke
merkte, daß es eher eine Drohung war. Daß Carezzo schmerzhaft zugestoßen hatte.
Daß der Wirt zusammenzuckte und sich rasch auf die Lippen biß.
    Den Rücken
zum Lokal gewandt, streckte Carezzo die Hand aus. Nur die fünf hier am Tisch —
Kathie war in die Küche geeilt — sahen, was sich tat. Nämlich, daß Aiano einen
oder mehrere Geldscheine aus der Tasche zog und sie Carezzo gab.
    Ein
Hunderter ist dabei! dachte Locke. Und das wöchentlich! Saftige Beiträge,
tatsächlich. Diese Erpresser sind nicht nur kriminell, sie sind auch noch
unverschämt!
    Carezzo
ließ das Geld — nach einem prüfenden Blick — in seine Aktentasche fallen,
wandte sich grußlos ab und kam wieder am Tisch vorbei. Er ging jetzt langsamer.
Aber Nicki hatte ihn bereits als Widerling eingestuft.
    Mit
wütendem Grollen schoß sein Kopf unter dem Tischtuch hervor — gerade, daß ihn
Tom noch zurückhalten konnte.
    Carezzo
prallte gegen einen leeren Stuhl und mußte für einen Moment um sein
Gleichgewicht kämpfen.
    „Sauköter,
elender Sauköter!“, zischte er in einwandfreiem Deutsch. Seine tunnelschwarzen
Augen gifteten.
    „Mein Hund
ist kein Sauköter“, sagte Tom. „Vielmehr ist er ungewöhnlich klug. Und weiß
gleich, wen er vor sich hat. Wenn Sie sich bei ihm entschuldigen wollen,
sprechen Sie bitte langsam und deutlich!“
    „Was?“
Carezzo glotzte. Dann färbte sich die Narbe dunkelrot. „Erst deinen Sauköter
loslassen und dann auch noch frech werden?“
    Tom
lächelte. „Ich sagte doch, er ist kein Sauköter! Und hätte ich ihn losgelassen,
dann könnten wir jetzt Ihren stattlichen, nackten Hintern bewundern. Dann wäre
nämlich Ihre Hose in Fetzen. Sowas macht mein Hund, wenn man ihn Sauköter
nennt. Bei
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