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Über Morgen

Titel: Über Morgen
Autoren: Douglas Rushko; Ray Hammond; Scarlett Thomas; Markus Heitz
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von der Fliehkraft immer schneller über die sanften Wellen getragen wurde.
    Roger nahm seinen E-Book-Reader wieder auf, konnte aber doch nicht widerstehen, weiter Hélène zu beobachten, die jetzt wieder näher kam. Der Motor eines Jetboots, der in der Nähe aufheulte, lenkte ihn kurz ab. Als er wieder zu Hélène blickte, war sie über dem Wasser und sprang mühelos über die Heckwelle des Boots.

    Einen Moment später bewegte sich die Skifahrerin gerade in weitem Bogen aus dem Kielwasser des Boots heraus, als sie plötzlich abrupt zum Stillstandzu kommen und dann hoch in die Luft zu fliegen schien, bevor sie in einer riesigen Gischtwolke verschwand. Roger sprang auf, andere am Strand taten es ihm gleich, und alle liefen zum Wasser, wo das Jetboot in die sich ausbreitende Gischtwolke raste.

    Ein Schrei war zu hören, das schrille Protestgeräusch eines Jetboot-Motors, und dann war es still.

    * * *

    Der neue Diamantstecker in seinem linken Ohr sah zweifellos cool aus – nicht zu groß, nicht zu klunkerig, nur ein geschmackvolles Statement zur urbanen Mode und modernen Vernetzung. Und sehr retro sah er aus – sehr nach Jahrtausendwende. Doch Billy Becker kam es merkwürdig vor, Sophies Stimme jetzt tief in seinem linken Ohr zu hören, statt im Kopfhörer oder über den Lautsprecher seines Mobiltelefons. Außerdem hörte sich die Stimme seiner virtuellen Assistentin jetzt anders, weicher an. Billy fand, dass diese VA sexier klang.
    „Also, was nun?” fragte Sophie, als Billy die Tech-Care-Praxis verließ.
    Bei dem 15-minütigen Eingriff war Billy ein winziger In-Ear-Verstärker und -Lautsprecher und der diamantene Multifunktions-Ohrstecker eingesetzt worden, der sein altes Smartphone ersetzte. Der Ohrstecker lieferte nun alle persönlichen Datenverarbeitungs- und Netzwerkmanagementdienste, die Billy benötigte. Und das Coolste war, dass das Gerät ausschließlich durch Billys Körperbewegungen gesteuert wurde.

    Um das System komplett zu machen, trug Billy eine neue lichtsensitive, bewegungsgesteuerte Wireles-Brille, die zugleich als Head-up-Datendisplay diente. Dass sie ein Edelstahlgestell hatte und definitiv übercool aussah, schadete auch nicht. Das neue System war mit dem aktuellsten Software-Upgrade ausgestattet worden, und als die VA jetzt ihre Frage in Billys Ohr flüsterte, wirkte sie menschlicher als je zuvor.

    „Zurück ins Studio“, antwortete Billy. „Ich muss die Designs für den Konferenzraum fertig machen.“
    „Es kommt mir seltsam vor, dir so nahe zu sein“, wisperte Sophie sanft in seiner Ohrmuschel. Billy nickte, wobei sich seine dunkle Lockenmähne einen Sekundenbruchteil später bewegte als sein Kopf. Auch ihm kam es seltsam vor – und ein wenig beunruhigend. Billy hatte die Stimme seiner virtuellen Assistentin mittels Stimm-Samples seiner Freundin programmiert, und dank der verbesserten natürlichsprachlichen Schnittstelle des Systems klang die virtuelle Sophie nun fast genauso wie die echte. Billy sagte gelegentlich im Scherz zu seinen Freunden, dass er seine virtuelle Assistentin nach seiner Lebensgefährtin benannt hatte, um jegliche Missverständnisse zu vermeiden, falls er einmal im Schlaf sprechen sollte.
    Als er zum Auto kam, meldete sich Sophie wieder. „Kann Speedy mit dir reden?”
    „Jetzt?“ fragte Billy überrascht. „Auf dem ...“ – er hatte sagen wollen „auf dem Handy“, doch dann fiel ihm ein, dass er ja kein Handy mehr besaß.
    „Das ist ein neues Feature“, erklärte ihm Sophie. „Und Speedy will schon seit einer ganzen Weile auf dein persönliches Netzwerk zugreifen.“
    Billy suchte in seiner Tasche nach der Fernbedienung für sein Auto. „Also?” fragte Sophie fast ungeduldig.
    „Na gut“, sagte Billy und lächelte über die verbesserte Gefühlssimulation, die seine VA nach dem Upgrade an den Tag legte.
    „Auf dem Ring gibt es eine Verkehrsstörung“, berichtete Speedy, der integrierte Roboterchauffeur, der für das Fahrmanagement des Wagens zuständig war. „In südlicher Richtung, gleich beim Kraftwerk. Die Verkehrsbehinderungen werden voraussichtlich bis in den Nachmittag andauern. Ich schlage vor, dass wir die 36 nehmen, aber da musst du manuell fahren.“
    Die Tür auf der Fahrerseite schwang auf, Billy schlüpfte hinein und ergriff das Steuerrad der schnellen Limousine.
    „Du kannst übernehmen“, sagte Speedy. Der Roboterchauffeur projizierte eine transparente Karte der Umgebung auf die Innenseite der Windschutzscheibe. Eine Route
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