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Über Morgen

Titel: Über Morgen
Autoren: Douglas Rushko; Ray Hammond; Scarlett Thomas; Markus Heitz
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auf. Dann denkst man ‚Stern’ und schon landet man bei seinen Statistiken mit den Vitaldaten. Irgendwie komisch, dass ein urtypischer Stern mehrere Zacken haben soll und Silberfarben ist... Aber naja, wer weiß das schon?
    Ursula hört sich müde an. „Warum jetzt Agnes? Wir haben die ganzen Reservierungen für Halloween nächste Woche und danach kommt Weihnachten.“
    „Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich hatte einfach die Nase voll.“
    Ich sollte mich freuen, dass sie anruft. Stattdessen denke ich, während ich spreche: Ei, Igel, Nuss, fisch, Apfel, Clown, Haus, Delfin, Igel, Ei, Nuss, Apfel, Stern, Ei, Vogel, orange, Löwe, Löwe. Als ich noch studiert habe und völlig überarbeitet war, lag ich manchmal im Bett und stellte mir vor, meine Finger würden meine Gedanken tippen. Das hier ist so ähnlich. Wenn man einmal damit angefangen hat, sich Wörter, als eine Sammlung von Bildern vorzustellen, wird man davon abhängig. In manchen Sprachen ist das bestimmt ganz besonders einfach, da die Wörter ohnehin schon aus Bildern bestehen. Ich stelle mir Aki Takahashi vor, wie sie Bunko eine geheime Botschaft aus lauter Baumsymbolen mit der Gedankenkontrolle zuschickt.
    „Wirst du zurückkommen?“, fragt mich Ursula.
    „Keine Ahnung. Ich brauche das Geld, aber ...“
    „Schau, ich weiß, dass Paul und du nicht miteinander zurechtkommt.“ „So einfach ist das Ganze nicht.“
    Sie seufzt. „Genau das sagt er auch.“
    „Wir haben einfach nicht dieselben Vorstellungen. Ständig habe ich Ideen für neue Menüvorschläge, und er hört mir nicht einmal zu. Ich habe sie durchgerechnet und sie sind nicht teurer als das aktuelle Menü. Und Tischdecken und Servietten aus Leinen wären zum Beispiel letztendlich auch kostengünstiger als die aus Papier, und ...“
    „Und was denkst du, würde Jack zu Leinenservietten sagen?“
    Jack ist ein ehemaliger Fischer, der jeden Abend um Punkt 18 Uhr ins Marshalls kommt. Er bestellt Pastete mit Pommes (Tiefkühlpastete und Ofenpommes) und eine Flasche billigen roten Hauswein. Seine Box lehnt an der Ketchupflasche und er schaut Sport. Um Punkt 18.30 Uhr hat er seine Flasche ausgetrunken und bestellt eine neue. Und eine halbe Stunde später schläft er. Eine der ersten Aufgaben, die man im Marshalls übertragen bekommt ist, Jack am Ende des Abends zu wecken. Wenn du ihn aufweckst sagt er immer mit ängstlicher Stimme ‚Ich schwöre, das ist die Wahrheit’ und geht dann gemächlich zu seinem Häuschen an der Uferpromenade.
    „Was willst du damit sagen?“
    „Im Marshalls dreht sich alles um Kunden wie Jack. Auch wenn dir das nicht gefällt. Vielleicht mag ich es ja auch nicht. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, dass es Paul gefällt. Aber Tatsache ist nun einmal, dass Paul auf Jack eingeht, was du anscheinend nicht tun willst. Ich frage mich so langsam, ob du glaubst, etwas Besseres zu sein.“
    „Vielleicht wären Jack die Leinenservietten ja auch lieber. Hat ihn vielleicht schon einmal einer danach gefragt?“
    Aus irgendeinem Grund stelle ich mir vor wie eine davon auf seinem Kopf liegt, während er schläft. Und ich denke auch Stern, Ei, Regenbogen, Vogel, Igel, Ei, Tisch, Tisch, Ei.
    „Ich kann die Annonce für deinen Job wahrscheinlich noch bis nächste Woche zurückhalten. Wenn du zurückkommen möchtest, dann wirst du dich mit Paulaussprechen müssen. Ich weiß, dass er sehr darum bemüht ist, von vorn anzufangen. Ich bin mir nur nicht so sicher, ob du das auch willst.“
    Mein GSRcx piepst.
    „Okay, danke. Ich denke darüber nach.“
    „Gib Bescheid, wie du dich entschieden hast.“
    Ich lege meine Box auf den Tisch und sehe auf mein GSRcx. Theo ist in Reichweite. Ich rufe die neue Software auf und übermittle meine Nachricht zu. Wal, Apfel, Nuss, Nuss . Wie man ein Fragezeichen macht weiß ich immer nach wie vor nicht.
    Ich stehe auf und hole mir noch einen Kaffee und denke, bis ich damit fertig bin, wird er mir bestimmt geantwortet haben. Nach zehn Minuten gehe ich davon aus, dass er kein Interesse hat. Dann stelle ich mir vor, wie er hier eintritt, zerzaust und atemlos und glücklich darüber, mich gefunden zu haben. Ich schaue noch einmal auf meinem GSRcx nach, ob die Nachricht auch tatsächlich abgeschickt wurde. Dann überlege ich, ob ich die Nachricht vielleicht noch einmal abschicken soll und sage mir schließlich, dass ich einfach nur bescheuert bin. Ich habe jetzt keine Lust auf die Familie Takahashi und finde stattdessen einen Marathon durch
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