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Ueber den Tod hinaus

Ueber den Tod hinaus

Titel: Ueber den Tod hinaus
Autoren: Vampira VA
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ohne richtig hinzusehen fing Keb es auf und stellte es auf die Papierserviette zurück.
    »Tschuldigung«, murmelte der andere mit schwerer Zunge und faßte mit beiden Händen nach dem Glas.
    »Nichts passiert«, versicherte Keb Moran mit unverändertem Lächeln und wischte mit einem Tuch ein paar übergeschwappte Spritzer von der Theke. »Vampire also«, kam er dann auf das Thema zurück.
    »Yep«, schnappte der andere und zog die Lippen zwischen die Zähne.
    »Ich dachte immer, die gäb's nur in Romanen und Filmen«, meinte Keb.
    »Dacht' ich auch«, erklärte der Gast, »bis vor kurzem.« Er leerte sein Glas und bedeutete Moran, nachzuschenken. Erneut sah er über beide Schultern ins Halbdämmer der Kneipe.
    »Und was hat Sie vom Gegenteil überzeugt?« fragte der Barkeeper, während er das Glas bis zum Eichstrich füllte. Die Flasche stellte er in Reichweite ab.
    Der andere nahm einen winzigen Schluck und beließ den Stoff ein paar Sekunden lang auf seiner Zunge, ehe er ihn schluckte. Wie zuvor verzog er dabei das Gesicht, dann schloß er die Augen und legte den Kopf zurück, als müsse er nachdenken, bevor er antworten konnte.
    Keb Moran ließ derweil den Blick in die Runde schweifen. Nicht einmal die Hälfte der Tische und Nischen des »Captain Phillip's« waren besetzt. Bis vor einigen Tagen war das noch anders gewesen, da war die Bar allnächtlich fast aus allen Nähten geplatzt. Jetzt allerdings, da die Olympischen Spiele in Sydney vorüber waren, hatten sich die Touristen und der ganze Troß, der das sportliche Großereignis organisiert hatte, aus der Stadt verabschiedet, und Ruhe war eingekehrt.
    Gleichgültig zuckte Moran die breiten Schultern. Die Olympiade hatte seiner Bar solche Umsätze beschert, daß er sich ein paar ruhi-gere Nächte durchaus leisten konnte - und Keb Moran selbst hatte sie auch dringend nötig.
    Wie er das Geschäft von neuem beleben konnte, darüber würde er später nachdenken. Im Laufe seiner gastronomischen Karriere hatte er schon so manchen Laden auf Vordermann gebracht. Deshalb war ihm nicht bange, daß ihm dieses Mal nicht auch etwas einfallen würde ...
    »Ich hab' welche gesehen«, riß ihn die Stimme des zechfreudigen Thekengastes aus seinen Gedanken.
    »Bitte?« Moran blinzelte verwirrt.
    »Vampire«, erinnerte der andere. »Ich hab' sie gesehen«, er deutete mit Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand auf sein Gesicht, »mit eigenen Augen.«
    »Ach?«
    Der junge Mann mit den alten Zügen nickte wieder, sagte aber: »Sie glauben mir nicht, was?«
    Keb Moran flüchtete sich in ein unverbindliches Lächeln. »Nun -was würden Sie an meiner Stelle tun?«
    »Meinem Herrn und Schöpfer auf Knien dafür danken, daß ich noch keinem Vampir übern Weg laufen mußte«, erwiderte der andere, geradezu todernst und mit Leichenbittermiene. Und in seine eben noch trüben, wie von Nebel verschleierten Augen trat ein so unheimlich klarer und kalter Glanz, daß Keb Moran nur mit Mühe ein Frösteln unterdrücken konnte.
    »Aber«, fuhr der Gast mit leicht erhobener Hand fort, als wolle er den Keeper vorsorglich daran hindern, ihn zu unterbrechen, »Sie haben keinen Grund, dem lieben Gott zu danken. Leider nicht .«
    »Wie darf ich das verstehen?« fragte Keb Moran. Seine Stimme klang belegt. Tief in ihm keimte ein ungutes Gefühl. Noch war es nur vage Beunruhigung .
    Der andere rutschte etwas vor, stützte sich mit beiden Armen auf der Theke ab und winkte Moran in Verschwörermanier zu sich her-an. Der zögerte kurz, dann beugte er sich dem anderen doch entgegen.
    »Weil es zu spät ist«, raunte ihm der Gast zu.
    »Zu spät?« echote Keb.
    Der andere nickte.
    »Wie meinen Sie das?« wollte Keb Moran noch einmal wissen.
    »Es ist einer hier.«
    »Wie? Es ist einer hier .? Was meinen Sie?«
    »Ein Vampir ist hier«, erklärte der andere rauh, »hier in Ihrer Kneipe.«
    *
    Keb Moran zuckte unwillkürlich zurück. Einen Moment lang rechnete er ganz ernsthaft damit, daß der andere versuchen würde, ihn zu beißen!
    Nicht etwa, weil er ein Vampir war - nein, aber er mochte sich ja für einen solchen Blutsauger halten und seinem Gegenüber allein aus diesem Grund die Zähne in den Hals schlagen wollen.
    Ein Irrer! durchfuhr es Moran. Der Typ ist völlig von der Rolle ...!
    Instinktiv fuhr sich Keb mit der Hand über die Kehle - und kam sich noch im selben Augenblick unsagbar albern, geradezu lächerlich vor.
    Nicht nur, weil der andere heiser, kaum hörbar kicherte, nachdem er sich auf seinen
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