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Ueber den Tod hinaus

Ueber den Tod hinaus

Titel: Ueber den Tod hinaus
Autoren: Vampira VA
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Hocker hatte zurücksinken lassen.
    Moran hätte sich dafür, daß er allen Ernstes geglaubt hatte, in Gefahr zu sein, sonstwohin treten (oder beißen) können. Solcherart vergessen hatte er sich sein Lebtag noch nicht. Alle Coolness - eine Begleiterscheinung seines Berufes, auf die er stolz war - war für zwei, drei Sekunden von ihm abgefallen, und er fühlte sich erbärmlich deswegen.
    »Meine Fresse!« stieß der seltsame Gast hervor. »Sie haben doch nicht wirklich geglaubt, daß ich ...!« Sein ausgestreckter Zeigefinger pendelte zwischen ihm und dem Mann hinter dem Tresen hin und her. Sein Grinsen war das eines Jungen, dem ein besonderer Streich geglückt war - aber es verschwand, in der nächsten Sekunde schon, wie ausgeknipst, und machte einer vollkommen ernsten Miene Platz.
    Keb Moran räusperte sich. Flüchtig schaute er sich um, aber der Zwischenfall schien unbemerkt geblieben zu sein, oder zumindest schenkte ihm niemand weitere Beachtung. Gut so .
    »Hören Sie, Sir«, wandte er sich dann halblaut an den Gast, der ihm immer suspekter wurde, »wenn Sie sich einen Scherz erlauben wollten, dann ist er Ihnen gelungen. Aber Sie werden sicher verstehen, daß ich Ihren Humor nicht ganz teile -«
    »Scherz?« Der andere verzog die Lippen. »Ich wünschte, es wäre einer. Wirklich. Aber es ist leider keiner. - Ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt .«
    Einmal mehr sah er über die Schulter, diesmal allerdings in eine ganz bestimmte Richtung.
    Keb Moran folgte dem Blick seines speziellen Gastes, konnte jedoch nichts Bemerkenswertes entdecken. Nur zwei weitere Gäste, die an einem der hinteren Tische saßen: ein Pärchen offensichtlich, sie nicht mehr ganz so jung und frisch wie er. Dennoch waren die beiden weit entfernt von jenem Mutter-Sohn-Klischee, von dem Spötter gerne sprachen, wenn eine ältere Frau sich einen jüngeren Lover angelte.
    »Wovon reden Sie, verdammt?« entfuhr es Keb Moran ungehalten, und im Stillen schalt er sich dafür, daß er abermals die Selbstbeherrschung verloren hatte.
    »Unter Ihren Gästen«, erwiderte der andere ruhig, aber düster, »ist ein Vampir.«
    »Sie sind ja ...«, wollte Moran auffahren.
    »Eine Vampir/n, um genau zu sein«, ließ der andere sich nicht be-irren. »Und Sie haben schon in die richtige Richtung gesehen.«
    Er warf einen bezeichnenden Blick in den hinteren Teil der Bar.
    »Sir«, Moran bemühte sich um einen neutralen Ton, »ich glaube, es wäre besser, wenn Sie das Lokal jetzt verlassen -«
    »Das werde ich«, nickte der andere gelassen, »o ja, das werde ich. - Aber erst«, er leerte sein Glas, in einem Zug, aber ohne Hast; eher wie jemand, der sich Mut antrinken wollte, »muß ich noch etwas erledigen.«
    Er rutschte vom Hocker. Dabei verschwand seine rechte Hand unter der Jacke. Als sie wieder zum Vorschein kam, umschlossen die Finger einen zollstarken, knapp unterarmlangen Holzpflock, dessen Ende zugespitzt war.
    »Damit kann man diese Kreaturen erledigen, wissen Sie?« erklärte er Keb Moran ruhig. Dann wandte er sich um und ging auf die Frau zu, die er für eine Vampirin hielt.
    Zweifelsohne, um sie zu pfählen!
    *
    Drei, vier Sekunden lang war Keb Moran nicht imstande, auch nur den kleinen Finger zu rühren. Er kam sich vor, als sei er herausgelöst aus der Realität, aus dieser irrsinnigen Wirklichkeit, in der etwas ganz und gar Unwirkliches, völlig Verrücktes seinen Lauf nahm.
    Die kurze Zeitspanne schien sich endlos zu dehnen, verstrich quälend langsam, und Keb Moran glaubte alles um sich her geradezu widernatürlich deutlich zu sehen. Zudem schien sich sein Blickfeld auf unerklärliche Weise erweitert zu haben: Er überschaute das gesamte Geschehen in der Kneipe, ohne den Kopf drehen zu müssen -vielleicht aber war es schlicht so, daß er nicht merkte, wie seine Augen sich bewegten.
    Die ersten zwei, drei Schritte tat der übergeschnappte Fremde, ohne daß jemand auch nur in seine Richtung schaute. Dann wurde jemand des Pfahles in seiner Hand gewahr und stieß seinen Tischnachbarn an, um ihn darauf aufmerksam zu machen. Und schließlich wandten sich, nach und nach und wie im Zeitlupentempo, die Blicke aller Gäste dem zweifelsohne Geisteskranken zu.
    Dennoch konnte niemand auch nur vermuten, was der andere konkret im Schilde führte.
    Die Stimmen wurden lauter, übertönten die Musik aus der Konserve, und dann gellte der erste Schrei.
    Für Keb Moran war er so etwas wie ein Startschuß!
    Die Lähmung fiel von ihm ab, und er reagierte, kaum bewußt,
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