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U47 mit Kapitänleutnant Prien gegen England - Der Bericht des Funkers Carl Steinhagen

U47 mit Kapitänleutnant Prien gegen England - Der Bericht des Funkers Carl Steinhagen

Titel: U47 mit Kapitänleutnant Prien gegen England - Der Bericht des Funkers Carl Steinhagen
Autoren: Carl Steinhagen
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einemmal grau überzogen. Der aufgefrischte Wind peitscht die Seen über das Boot hinweg. Die Brücke oben ist wie eine Waschwanne. Die Brückenwache hat sich über ihr Lederpäckchen das Regenzeug gezogen, so können sich die Männer vor der überkommenden Nässe wenigstens einigermaßen schützen. Der Kommandant sieht besorgt auf den Barographen, so tief stand die Kurve noch nie. Von Stunde zu Stunde sinkt sie weiter. Will der Zeiger denn nicht einmal stillstehen? Sonst müssen wir bestimmt noch Millimeterpapier unten drankleben. Der Sturm hat sich allmählich zu einem regelrechten Orkan aufgeschwungen. Wellenberge stürzen über das Boot hinweg. Ich glaube, heute findet uns niemand. Und wir werden auch keine Dampfer sehen, denn die haben wohl rechtzeitig unter Land Schutz gesucht. Wir schlingern allein auf der weiten See, wild wütet sie gegen uns an. Das Regenzeug nützt nichts mehr, die Männer auf der Brücke ziehen sich die Taucheranzüge über, nur das Gesicht ist noch zu sehen. Außerdem müssen sie sich am Turm mit breiten Gurten anschnallen, sonst würden wir wohl schon nach wenigen Brechern ohne Brückenwache fahren, sie würde glatt über Bord gespült.
    Das Turmluk ist dichtgemacht, so breit wie das Luk ist, stürzt das Wasser durch den Turm in die Zentrale. Unsere Lüfter können auch nicht angestellt werden, statt Luft anzusaugen, pumpen sie Wasser ins Boot herein. Drinnen kommt es dann in breitem Strahl durch die Lüfteröffnungen. Es geht einfach nicht anders, obgleich wir unten im Boot eine furchtbare Luft haben; Mief heißt das bei uns an Bord. Es ist kaum auszuhalten, obwohl wir doch schon allerlei von unseren Übungen her gewohnt sind. Daß es aber so etwas gibt, haben wir uns nicht träumen lassen. In Büchern haben wir wohl von Stürmen und haushohen Wellen gelesen, die Wirklichkeit können wir jetzt am eigenen Leibe erfahren. Unter Deck fällt alles durcheinander; loses Gut ist festgezurrt, fast kriechen wir auf allen Vieren von einer Stelle zur andern. Aufrecht kann man sich nicht mehr halten. Hoch wird das Boot von den heranrollenden Seen emporgerissen, um im nächsten Augenblick auch schon wieder von ihnen in die Tiefe geschleudert zu werden. Dumpf prallt der nächste Wellenberg gegen unsere Bordwand, und von neuem beginnt das Spiel. Fast könnte man meinen, das Boot müsse umkippen, so schräg liegen wir zeitweise. An ein warmes Essen ist nicht zu denken, unserem Schmut schwabbt die Suppe aus seinen Töpfen heraus. Versucht hat er alles, aber bald liegt die ganze Mahlzeit an Deck. Von zu Hause hatten wir noch ein Gericht Sauerbraten mitgenommen. Es war schön in einem Steinguttopf verpackt. Aber der hatte sich kurzerhand selbständig gemacht, und es dauerte auch nicht lange, da wanderte der schöne Braten durch die Kombüse. Böse Zungen behaupteten sogar, er wäre auch auf dem „Donnerstuhl" gewesen, der liegt nämlich auf Steuerbordseite neben der Kombüse. Auf jeden Fall hatten, als er dann wirklich gegessen werden sollte, mehrere von uns zwei Stücke Fleisch. Einige Kameraden verzichteten großzügigerweise. Uns hat der Braten trotzdem sehr gut geschmeckt. Im Augenblick aber gibt es trockene Kost, wir nähren uns von Keksen und Schiffszwieback; einigen ist das wohl auch wegen der Seekrankheit willkommen. Teller und Bestecke halten sich nicht auf den Backen, sie rutschen sofort in die Bilge, trotzdem wir Schlingerleisten angebracht haben.

    Aber auch das schlimmste Wetter geht vorüber. Es war auch ganz gleich, ob wir unter oder über Wasser fuhren, geschaukelt haben wir überall. Etwa nach einer Woche hat sich der Orkan gelegt. Tagelang danach ist aber noch schwere See.

    Wenn dies Ganze auch eine schwere Nervenprobe für uns war, so gab es doch auch Augenblicke, wo wir von Herzen lachen konnten. Legt sich da doch eines Tages die Freiwache müde und abgespannt schlafen. Mit einem gewaltigen Ruck holt das Boot nach Backbord über; und alle Männer, die auf der Steuerbordseite in den Kojen liegen, rutschen heraus mit Decken und sämtlichem Kojenzeug. Mich wundert heute noch, daß da niemand einen Wutanfall bekommen hat. Es sah auch wirklich zu schön aus. Die Kameraden auf den Backbordkojen lachten aus vollem Halse über der anderen Mißgeschick. Doch sie hätten lieber nicht lachen sollen, denn im nächsten Augenblick legte sich das Boot genau so plötzlich nach der anderen Seite über, und mit gleicher Schnelligkeit rutschten nun auch unsere Lacher heraus. Alle Mann lagen
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