Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
hatte. Sie wandte sich von ihm ab, als sie erfuhr, dass er ein intimes Verhältnis mit seiner 13-jährigen Cousine hatte. Um ihn loszuwerden, übertrug sie ihm ein Kommando im Türkenkrieg. Als in den Grenzgebieten zurTürkei die Pest ausbrach und sich bis nach Moskau ausbreitete, erhielt Gregori Orlow von ihr den Auftrag, diese Seuche mit allen Mitteln einzudämmen. Täglich starben in Moskau bis zu 7000 Menschen. Gleichsam als ob eine Schlacht geführt werden müsste, nahm er die neue Aufgabe in Angriff. Durch Einfallsreichtum und Improvisationstalent stellt er in Moskau die Ordnung wieder her, wo unter der leidgeprüften Bevölkerung schwere Unruhen ausgebrochen waren. Die Pest hatte in Moskau solche Ausmaße angenommen, dass Kranke getötet wurden und Ordnungskräfte und Ärzte um ihr Leben fürchten mussten. Die militärischen Maßnahmen, die Orlow durchführte, um die Seuche einzudämmen, kostete mindestens 1000 Menschenleben. Die Gesamtzahl der Opfer wird heute auf über 50000 geschätzt. Nach seiner Rückkehr nach Petersburg wurde Gregori Orlow mit Auszeichnungen überhäuft, zu denen auch ein Triumphbogen in Moskau mit der Aufschrift „Dem, der Moskau von der Pest befreit hat“ gehörte.
Orlow musste die Zarin auch bei diplomatischen Verhandlungen mit den Türken in Fokschani vertreten, wo ein Friedensvertrag ausgehandelt werden sollte. Als er aber erfuhr, dass die Zarin sich einen neuen Liebhaber genommen hatte, tobte er vor Wut und ritt Hals über Kopf zurück nach Petersburg. Doch Katharina hatte alle Türschlösser auswechseln lassen, so dass ihr ehemaliger Geliebter keinen Zugang mehr zu ihren Privatgemächern hatte. Katharina schickte ihn auf sein Schloss Gatschina, das der Architekt Rinaldi 1765 von einem einfachen Landgut zu einem Lustschloss ausgebaut hatte. Hinter einer schmucklosen Fassade verbarg sich eine glanzvolle Innendekoration mit kostbaren Möbelstücken und hocherotischen Wandgemälden. Um ihn zu beruhigen, erlaubte sie ihm,seine junge Cousine zu heiraten, was nach orthodoxem Recht verboten war. Nur sie als Oberhaupt von Staat und Kirche konnte ihm eine Sondererlaubnis geben. Einige Jahre später starb er in geistiger Umnachtung in einer geschlossenen Anstalt.
Sein Nachfolger als Liebhaber der Zarin war der zehn Jahre jüngere Potemkin, der unter all ihren Geliebten eine Sonderstellung einnahm. Selbst als ihre Leidenschaft zu ihm erlosch, blieb er bis zu ihrem Tod ihr engster Berater. Gerüchten zufolge soll sie ihn sogar 1774 heimlich in Petersburg geheiratet haben. Potemkin, der Sohn eines Gutsbesitzers, der über 400 Leibeigene verfügte, wollte ursprünglich Priester werden. Aber schon nach zwei Jahren wurde er wegen Faulheit von der neu gegründeten Universität Moskau gejagt. Er ging zum Militär, wo er eine steile Karriere machte. Bei den Garden in Petersburg lernte der Brüder Orlow kennen, mit denen er sich am Putsch gegen Peter III. beteiligte. Während der Türkenkriege, als Katharina 1774 einen großen Sieg über diesen gefährlichen Gegner an der Südgrenze ihres Reiches errang, stieg Potemkin, der es bis zum General in der russischen Armee brachte, zu ihrem Favoriten auf. Drei Jahre dauerte dieses leidenschaftliche Liebesverhältnis zwischen der regierenden Zarin und ihrem Generaladjudanten. Katharina spürte, dass sie zum ersten Mal einen Menschen gefunden hatte, der ihr völlig ebenbürtig war. Der einfallsreiche, aber skrupellose Potemkin verstand es, sich innerhalb kurzer Zeit bei Katharina so unentbehrlich zu machen, dass sie ihn vor jeder Entscheidung befragte. Beide verband vor allem das Interesse für neue Ideen und Pläne. Aber dieser Mann, den Katharina liebevoll als ihren „kleinmütigen Riesen“, „Goldfasan“ oder „Täubchen“ bezeichnete, war genau so machtbesessen wie seineHerrin. Katharina, von der man sagte, ihre Liebesgefühle für einen Menschen würden dann enden, wenn man ihre Rolle als gekrönte Herrscherin in Frage stellte, wies alle Ansprüche ihres Liebhabers energisch zurück, die über die Erledigung von Regierungsaufgaben hinausgingen. Sie duldete keinen Mitregenten neben sich. Wie sehr sie ihn auch verwöhnte und mit Ehrentiteln und Geschenken überhäufte, es kam immer häufiger zu unerfreulichen Szenen. Potemkin war wegen seiner Temperamentsausbrüche, von denen selbst die Zarin nicht verschont blieb, in seiner Umgebung gefürchtet.
Schließlich fand Katharina einen Weg, wie sie die ständigen Streitereien und Einmischungen in ihre
Weitere Kostenlose Bücher