Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise
Autoren: Michael Marcus Thurner
Vom Netzwerk:
Tongon nach einer Weile. »Ich vertraue dir. Ich spüre, dass du es ehrlich meinst.«
    »Dann bekomme ich das Szeptinat?« Turil fühlte grenzenlose Erleichterung. Er war seinem Ziel nah, so nah …
    »Ja.« Der Xalife ließ sein Hinterteil auf den kahlen, körperwarmen Boden plumpsen und zog seinen Sinnesklumpen eng an den Körper. Er zitterte vor Anstrengung. Für einen Augenblick befürchtete Turil, dass der Alte ausgerechnet jetzt das Zeitliche segnen würde.
    Der Unterleib Drira Tongons riss entlang einer kaum erkennbaren Naht auf. Innereien stülpten sich nach au- ßen, einer der vermeintlichen Lavaklumpen, die der Xalife im Leib hatte, schob sich unter heftigen Körperzuckungen Stück für Stück durch die Öffnung, um dann mit einem lauten,
metallischen Geräusch auf dem Boden aufzuschlagen. Hellrote Flüssigkeit schwappte darüber hinweg, bevor die Naht in Tongons Körper sich wieder schloss und die austretenden Körpersäfte allmählich versiegten.
    »Das Szeptinat«, ächzte Drira Tongon. »Ich trage es in mir, seitdem es Pschoim auf Gracht zurückgelassen hat.«
    Andächtig griff Turil nach dem Klumpen inmitten des glitschigen Körperauswurfs Drira Tongons. Seine Grundform ähnelte in der Tat dem eines Diskus, doch er war ringsum von anderen Substanzen überkrustet.
    Turil hielt das Szeptinat gegen das Licht einer dumpf glimmenden Lampe. Vorsichtig löste er eine Art Algenschicht vom Diskuskörper und kratzte mit den Fingernägeln Kalk und anderen mineralhaltigen Belag ab. Beiläufig registrierte er, dass Drira Tongon seine Wohnhöhle verließ, mit dem Extern-Projektor im Schlepptau. Admiral Shmau Pendrax gestikulierte wie wild und warf Turil verzweifelte Blicke zu, doch das alles interessierte ihn nicht mehr …
    Die goldfarbene Hülle des Szeptinats kam zum Vorschein. Je nach Lichteinfall veränderte sich der Oberflächenfarbton rötlich oder bläulich. Eine fast hypnotisierende Wirkung ging von dem so unscheinbar wirkenden Körper aus. Turils Berührungen des blankgeputzten Metalls erzeugten Schwingungen, die nach ihm griffen, die ihn ausfüllten, die tief in ihm Assoziationen auslösten.
    Er keuchte, hustete. Sein Herz musste Schwerarbeit verrichten. Sein Herz? Es war eine Züchtung der Totengräber, mit denen ihn, wie ihm immer deutlicher bewusst wurde, so gut wie nichts verband. Ganz im Gegenteil: Er begann sie zu verabscheuen … Schwer atmend löste sich Turil aus dem Griff der Bilder und Emotionen. Er legte das
Szeptinat vor sich auf einen unregelmäßig geformten Lavatisch und kehrte in die Realität zurück.
    Er fühlte sich einerseits erschöpft und überfordert von der Kraft, die im Szeptinat ruhte. Andererseits beseelte ihn der Diskus und schenkte ihm Erinnerungen an seine Existenz vor dem Absturz auf Habercain. Erinnerungen an seine eigentliche Aufgabe … Die Eindrücke waren noch zu diffus und zu wenig aussagekräftig. Das Szeptinat musste zu voller Stärke erwachen, um ihm seine Geschichte zu offenbaren. Durch die wenigen Berührungen hatte Turil erst einen Vorgeschmack dessen erhalten, was ihn erwartete, wenn er sich diesem Hilfsmittel voll und ganz hingab. Habercain war nicht der passende Ort für die endgültige Aktivierung des Szeptinats. Turil musste zurück auf die GELFAR, um im gewohnten Umfeld der Schiffssphäre den entscheidenden Schritt zu tun.
    Von draußen erreichten ihn Stimmen. Shmau Pendrix hatte zu argumentieren und zu schmeicheln begonnen. Drira Tongon hielt mit unaufgeregt und raspelig klingenden Worten dagegen. Turil ahnte, wer der Stärkere der beiden Kontrahenten war. Der Bewohner einer sterbenden Welt würde mit der Weisheit seines fortgeschrittenen Alters gegenüber dem von Machtgier getriebenen Admiral die Oberhand gewinnen. Shmau Pendrix’ Kreavatar erwartete ein schweres Schicksal.
    Turil griff vorsichtig nach dem Diskuskörper, nahm eine kleine Prise Kautium zu sich und erlaubte der flüchtigen Substanz, ihn zurück auf die GELFAR zu transportieren.
     
    »Du weißt, worauf du dich einlässt?«, fragte Sorollo.
    »Ja.« Er sah sich um. Die wenigen Vorsichtsmaßnahmen, die er hatte treffen können - die fein justierten Messgeräte,
einige Dutzend bereitstehende Med-Hexen, die Tranquilizer bereithielten, und ein ausgeklügeltes Waffensystem -, dienten lediglich zur Beruhigung seines äußerst angespannten Nervensystems. Er hatte keine Ahnung, was ihn erwartete.
    »Du solltest es nicht tun«, beschwor ihn Ofenau ein letztes Mal. »Die Gefahren sind zu groß.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher