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TTB 102: Die Wächter der Sternstation

TTB 102: Die Wächter der Sternstation

Titel: TTB 102: Die Wächter der Sternstation
Autoren: John Brunner
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teuflische Kreislauf hatte etwa zweihundert Jahre lang bestanden, als der Kortex sich allmählich zu erholen begann; zumindestens verringerte er aus eigener Kraft einen Teil der Schäden, die von den Viren verursacht wurden. Unterdessen hatten die Menschen in der Wüste jedoch schon so viele Verluste erlitten, daß ihr Wissen sich ständig verringert hatte. Deshalb konnten sie nicht mehr tun, als die Stellung zu halten; jeder Fortschritt war unmöglich.
    Was war also zu tun? Gewiß, der Kortex hatte sich früher über eine komplizierte Lautsprecheranlage mit den Menschen verständigen können – aber schon das erste Ding hatte auf seiner Flucht die Anlage unbrauchbar gemacht.
    Hilflos und stumm sah der Kortex einer ständigen Wiederholung des Kreislaufs entgegen, bis sein inständiger Wunsch nach einer Rückkehr in eine geordnete Vergangenheit das Problem wie von selbst löste.
    An dieser Stelle drückte Conrad sich sehr ungenau aus, obwohl er selbst zu denen gehörte, denen die Wirklichkeit deutlich vor Augen stand. Seinen Worten nach schien es schon immer Menschen gegeben zu haben, die für die Gedanken anderer empfänglich waren. Und irgendwann mußte es zum erstenmal geschehen sein, daß einer dieser Menschen die Gehirnströme des organochemischen Kortex aufgenommen hatte – vermutlich in einem Augenblick, als er gerade selbst an die Erzählungen über eine glücklichere Vergangenheit dachte.
    Jemand wie Granny Jassy oder Conrad konnte die Gedanken des künstlichen Gehirns verfolgen, solange er sich selbst in Trance befand. Bilder aus der Vergangenheit wechselten mit Bildern aus der Gegenwart ab, aber die Gegenwart erschien abstoßend und verzerrt, während der Kortex sich nach der Vergangenheit zurücksehnte. Deshalb zogen diese wenigen Menschen es meistens vor, sich ebenfalls nur mit der Vergangenheit zu beschäftigen und alle Andeutungen über die Existenz anderer Menschen inmitten der Wüste zu ignorieren. Nur Conrad hatte sich einmal damit befaßt, als er von den Teufeln träumte, die er zu erlegen hoffte, und hatte dabei Nestamays Bild vor Augen gehabt.
    Aber als er sich heute so nahe an dem Ursprung dieser Gedankenströme befand, wie noch nie jemand mit seinen Fähigkeiten zuvor gewesen war, hatte er zufällig an den organochemischen Kortex gedacht, als dieser wieder einmal an der Schwelle zwischen Normalsein und Irrsinn stand.
    Und in diesem Augenblick hatte er die Wahrheit erkannt.
     
    *
     
    Conrad sprach nicht weiter. Er hatte noch nicht alles erzählt, was er erfahren hatte, aber etwas in ihm drängte zu höchster Eile. Nestamay starrte ihn aus einer Ecke heraus mit vor Erstaunen geweiteten Augen an. Yanderman hatte die Stirn gerunzelt und biß sich jetzt vor Aufregung in die Unterlippe, während er über Conrads Bericht nachdachte. Maxall stützte den Kopf in die Hände und schwieg.
    »Eigentlich klingt alles ganz logisch«, meinte Yanderman schließlich. Er warf Maxall einen fragenden Blick zu.
    »Aber warum gerade er?« stöhnte der Alte. »Er ist noch nie in seinem Leben hiergewesen! Ich weiß, daß er die Stellen angeben konnte, wo Wasser zu finden war, so daß er keines mitzuschleppen brauchte, aber trotzdem ...« er machte eine Pause und hob dann herausfordernd den Kopf.
    »Jetzt möchte ich aber noch eine Frage beantwortet haben, Yanderman«, fuhr er fort. »Nein, ich werde lieber gleich Conrad danach fragen. Du behauptest doch, daß diese ... äh ... Visionen im Grunde genommen nichts anderes als Mitteilungen sind, die du von dem Kortex erhältst, stimmt das?« Als Conrad zustimmend nickte, sprach Maxall weiter. »Wie kommt es denn, daß der Kortex dir unter anderem ausgerechnet mitgeteilt hat, wo Wasser zu finden ist? Wie erklärst du dir das?«
    Conrad bemerkte überrascht und erschüttert, daß der Alte nach einer Entschuldigung suchte, um nichts von dem eben Gehörten glauben zu müssen. Wahrscheinlich war er zu eingebildet, als daß er sich damit hätte abfinden können, daß ein Fremder – der noch dazu so jung war – das Rätsel gelöst hatte, mit dem er und seine Vorfahren sich ein ganzes Leben lang vergebens abgemüht hatten.
    »Aber der Kortex weiß alles! « rief er aus. »Seine Fähigkeiten sind nicht so begrenzt wie bei einem Menschen. Er verfügt noch immer über gewisse Fähigkeiten; zum Beispiel kann er durch die Außenwände der Station hindurchsehen, als ob sie aus Glas wären. Und nicht nur das. Wenn er sich an die Vergangenheit erinnert, dann ist das eine uns völlig
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