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TTB 102: Die Wächter der Sternstation

TTB 102: Die Wächter der Sternstation

Titel: TTB 102: Die Wächter der Sternstation
Autoren: John Brunner
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starrte das Pflanzengewirr an, bis seine Augen schmerzten, und nahm kaum die Arbeitsgruppe wahr, die sich durch die grüne Hölle vor ihm bewegte. Die Männer trugen lange Stangen, mit denen sie die noch nicht völlig ausgereiften schwarzen Samenkapseln herunterschlugen.
    Die Denkmaschine, die sich dort drinnen verbarg – wie mochte sie beschaffen sein? Besaß sie Ähnlichkeit mit einem menschlichen Gehirn? Warum eigentlich nicht? Schließlich brauchte man nur an die Stangen zu denken, mit denen die Männer dort drinnen arbeiteten. Wenn man einen weit entfernten Gegenstand erreichen will, benützt man einen Stock; der menschliche Arm gleicht ohnehin einem kurzen Stock, man verlängert ihn also nur. Wenn man sich schneller als zu Fuß fortbewegen will, benützt man ein Pferd; das Tier hat vier Beine und ist außerdem kräftiger. In allen diesen Fällen sucht man nach etwas, das die gleiche Tätigkeit bereits besser erledigt. Und wenn es um die Denkfähigkeit geht, warum sollte man sich dann nicht das menschliche Gehirn zum Vorbild nehmen – es als Muster benutzen? Schließlich stand nicht so leicht etwas Besseres zur Verfügung.
    Conrad keuchte. Einen unendlich grauenerregenden Augenblick lang hatte er den Eindruck, er sitze nicht mehr auf seinem Platz und betrachte von dort aus die Station, sondern befinde sich innerhalb der Kuppel und beobachtete nun Conrad und Yanderman und Maxall und Nestamay und Keefe und Egrin und alle anderen, wobei er gleichzeitig nicht nur wahrnahm, was Conrad und Yanderman und Maxall und Nestamay und Keefe und Egrin und die anderen sahen, sondern auch alle Dinge innerhalb und jenseits der Station erkannte, als ob die weite Fläche unter der Kuppel sich in die Eingänge unendlich vieler Tunnels – Hilfe! – verwandelt hätte, die in unendlich viele Höllen führten – Hilfe! – durch die eine verlorene Seele irrte. Hilfe!
    Hilfe!
    Hilfe!
    Hilfe!
    Der Augenblick schien kein Ende zu nehmen. Der Augenblick war so unendlich wie diese Ansammlung von unzähligen Tunnels, die ins Nichts hineinführten, wo Conrads Geist von fremdartigen Bildern und Vorstellungen bestürmt wurde, die ihn für immer veränderten. Und von überallher erklang der Schrei nach Hilfe! Hilfe! Hilfe!
    Conrad stöhnte auf und preßte beide Hände gegen die Schläfen, weil er fürchtete, daß dieser ungeahnte Ansturm ihm den Schädel zersprengen werde. Diese panische Angst wurde schließlich so übermächtig, daß er sich schwankend erhob und mit heiserer Stimme das eine Wort herausbrüllte, von dem sein ganzes Denken beherrscht wurde.
    »Hilfe! Hilfe! H-i-i-i-lfe! «
    Aber noch bevor die erschrockenen Männer der Arbeitsgruppe ihn erreichen konnten, war er der Länge nach zu Boden gestürzt – nicht in eine Bewußtlosigkeit, sondern in eine Art Spiegelkabinett, dessen Zerrspiegel aus unendlich vielen Menschen bestanden, zwischen denen gleißende Bilder und Vorstellungen aufblitzten, reflektiert wurden und wieder auf Spiegeln erschienen, bis schließlich wieder alles so bekannt und vertraut war, daß es sich in Worten ausdrücken ließ.
     
    *
     
    Conrad öffnete langsam die Augen und stellte fest, daß er auf dem Bett lag, in dem er vergangene Nacht geschlafen hatte. Über ihm eine Hand – Nestamays Hand, in der sie das feuchte Handtuch hielt, mit dem sie seine fieberheiße Stirn gekühlt hatte. Sie beobachtete, wie Conrad wieder zu sich kam, und sah ängstlich in sein Gesicht.
    »Er ist aufgewacht!« sagte sie nach einer Pause.
    Der Raum drehte sich. Conrad hatte sich aus eigener Kraft aufgerichtet und starrte nun über Nestamays Schulter hinweg Yanderman und Maxall an. Beide Männer ließen ihre Arbeit liegen und drehten sich nach ihm um. Aber jetzt war keine Zeit für Fragen – jetzt sofort mußte etwas geschehen!
    »Conrad! Bist du ...«, begann Yanderman.
    »Hör zu!« unterbrach Conrad ihn aufgeregt. »Ich weiß den richtigen Weg, aber wir müssen schnell handeln.« Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Habt ihr mich verstanden? Ich bin dem Geheimnis auf der Spur und weiß, was getan werden muß! Maxall, du mußt die Energiezufuhr unterbrechen. Der Kortex darf nur noch mit sehr, sehr wenig Strom versorgt werden und ...«
    »Komm, reiß dich zusammen, Conrad!« warf Yanderman ein und klopfte ihm beruhigend auf die Schulter. »Du leidest an den Nachwirkungen eines Schocks und ...«
    »Ich weiß, ich weiß!« Conrad schüttelte seine Hand ungeduldig ab. »Ich habe ganz klar gesehen, was wir tun
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