Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tschoklet

Titel: Tschoklet
Autoren: Harald Pflug
Vom Netzwerk:
Vorderrad der Halbkette liegen. Prestons Augen starrten erschrocken und starr in den Himmel. Seine Hände hielten noch immer das Garand-Gewehr fest.
    Edwards ließ sich sofort fallen und suchte Schutz hinter den toten Körpern, Roebuck warf sich mit einem Aufschrei unter den Kühler der M3 und brüllte laut und hysterisch: »Scharfschütze! Deckung!« Seine Stimme überschlug sich beim Schreien. Direkt vor seinen Augen bildete sich langsam eine dunkelrote Pfütze, ein Rinnsal kroch auf seine Finger zu, die die Maschinenpistole umkrallten. Roebuck übergab sich hustend auf die vor ihm liegende Thompson und klammerte sich gleichzeitig noch fester daran. Hinten im Dodge hörte er den dicken Private Boone vor Angst wimmern, gerade hatte jemand seinen besten Freund erschossen.
    *
     
    Hallo, Edwards, hast du gesehen, was ich alles kann? Jetzt seid ihr schon ein Mann weniger. Los, geh zu deinem Funker, dass er dir neue Leute anfordert. Da sitzt er, hinter dem Tarnnetz.
     
    Nein, Freundchen, den Kopfhörer brauchst du nicht mehr …!
     
    Popp.
     
    Nummer zwei. Das war’s! Spätestens in Schwetzingen krieg ich dich. Habe eine tolle Überraschung für dich im Rucksack!
    *
     
    Wie in Zeitlupe kroch Edwards langsam rückwärts unter die Halbkette, sah sich aber dabei ständig um, um nicht den toten Preston zu berühren.
    »Hucky, mein Fernglas«, flüsterte er, »schnell, beeilen Sie sich!« Dieser kramte oben in den Seitentaschen des Armaturenbretts den gummierten Feldstecher heraus und ließ ihn vorsichtig zur offenen rechten Tür an dem Umhängeband zu Roebuck herunter, der hastig danach griff und an Edwards weiterreichte. Vickers deutete ihm mit der flachen Hand an, in Deckung zu bleiben, er selbst presste sich, blass im Gesicht, an sein Lenkrad und starrte durch einen Sehschlitz des Panzerblechs nach draußen. Er konnte allerdings nur die Haube der Halbkette sehen.
    Hätte er links durch die Sehschlitze der Fahrertür geschaut, wäre ihm sicherlich die Person aufgefallen, die in etwa zweihundertfünfzig Meter Entfernung vorsichtig rückwärts durch die spärlichen Büsche davonschlich, eine lange, schmale Tasche auf der Schulter.
    Vickers hatte Edwards in den Trümmern von Worms kennengelernt, als dieser in einem zerbombten Haus eine Toilette entdeckt hatte und gleich benutzte. Funktionierende Toiletten waren immer knapp und auf jeden Fall besser als diese elenden, stinkenden Holzbalken in den extra dafür hergerichteten Latrinenzelten. Diese Toilette hier hatte im saubersten Weiß aus den Trümmern hervorgeblitzt, als Edwards an dem halb zerstörten Haus vorbeigefahren war. Nachdem plötzlich während des Geschäftes die Reste der vorderen Wand des Hauses umgekippt waren und den Jeep unter sich begruben, saß Edwards unerwartet mit nacktem Hintern im Freien. Putz rieselte von der Decke und es knackte bedrohlich im Gebälk. Eine sehr peinliche Situation für den Offizier, wäre jemand dabei gewesen. Den jahrelangen Spott der Kameraden wollte er sich gar nicht ausmalen. Etwas blass und mitgenommen war er eilig aus dem Schutt gekrochen und hatte die Reste seines zerdrückten Jeeps besichtigt, als Vickers, damals noch Fahrer eines Dodge WC-63, um die Ecke gebogen war und Edwards fast über den Haufen gefahren hätte, wäre dieser nicht beiseitegesprungen.
    Eigentlich war Vickers als Fahrer des 42. Signal Corps unterwegs gewesen und hatte Stromaggregate, Benzin, Telefondrahtrollen und andere mehr oder wenig nützliche Dinge befördert. Diesen Abend hatte er den Auftrag, fünf vorgesetzte Staff und Master Sergeants von einer Feier mit deutschen ›Ladys‹ abzuholen. Viel lieber hätte er ein wenig geschlafen, stattdessen hatte er genervt durch die Wormser Trümmerschluchten zu brausen, auf den Knien einen Zettel mit der Ortsbeschreibung. Da war plötzlich dieser Offizier auf der Straße gewesen und hatte ihn entgeistert angesehen. Vickers hatte geschickt einen Haken gefahren und sich schon für den Aufschlag bereit gemacht. Dieser war aber dank einer Notbremsung ausgeblieben. Stattdessen hatte sich die behelfsmäßige Beifahrertür geöffnet und der Captain, der eben noch fast zum Unfallopfer geworden wäre, stieg behände auf den Beifahrersitz.
    »Taxi? Zum Kino in der Fünfundzwanzigsten, Ecke Washington, bitte!«
    Vickers hatte ihn mit offenem Mund angegafft.
    »Worauf warten Sie, Sergeant? Fahren Sie zu dem Platz hinter dem Dom, im Quadrat C drei!«
    »Ist das die große Kirche mit den vier Türmen?«
    »Ja, die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher