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TS 99: Exil auf Centaurus

TS 99: Exil auf Centaurus

Titel: TS 99: Exil auf Centaurus
Autoren: Algis Budrys
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er wieder in müde, hoffnungslose Verzweiflung zurück.
    Harmon konnte das nicht begreifen. Wenn er diese Küche betrachtete und überhaupt den Zustand der ganzen Wohnung, so kam ihm zu Bewußtsein, in welchen Verhältnissen Wireman die vergangenen zwanzig Jahre gelebt und immer auf diesen Tag gewartet haben mußte. Er hatte versucht durchzuhalten, mit dem wenigen zur Verfügung stehenden Geld auszukommen, wobei er anderen Männern seines Alters zusehen mußte, wie diese gute Positionen innehatten und komfortabel lebten, während er ein Symbol zu verkörpern hatte, verurteilt war, Präsident der Erde und des Sonnensystems zu sein. Alle übrigen konnten in der Öffentlichkeit zugeben, daß die Erde für sie nicht mehr bestand, aber irgend jemand mußte die Fiktion erhalten, daß die Regierung im Exil noch immer ihr Volk vertrat – und Wireman war dieser Mann. Warum also war er heute niedergeschlagener als sonst?
    „Tom …“
    „Ja, Ralph?“
    „Tom, und Sie, John …“ Wireman sagte es fast flehend. „Ihr werdet mich vor dem restlichen Kabinett unterstützen, nicht wahr?“
    „Sie unterstützen? Natürlich, Ralph.“ Harmon runzelte verdutzt die Stirn.
    Wireman seufzte und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, wie um Spinnengewebe wegzuwischen. „Danke“, flüsterte er.
    Harmon schaute zu Genovese und hob die Augenbrauen. Genovese zuckte die Achseln, schüttelte den Kopf. Auch er wußte nicht, was er davon halten sollte.
    „Gut, meine Herren, ich glaube, wir gehen jetzt wieder zu den anderen zurück.“ Wireman riß sich zusammen und stand langsam auf.
    Das Gespräch der übrigen Mitglieder der Kabinetts verstummte. Harmon verharrte ganz ruhig und war gespannt, was Wireman sagen würde.
    „Meine Herren“, begann Wireman. „Ich nehme an, Sie alle hatten Zeit, über die Tragweite meiner Ankündigung nachzudenken.“
    Harmon bezweifelte das. Er hatte gesehen, wie eingerostet sein eigener Verstand war. Aber alle nickten. Er wünschte mit jeder Faser seines Herzens, Takawara bei sich zu haben. Er wünschte, dieser Fall wäre vor zehn Jahren eingetreten. Er wünschte, sie hätten Zeit gehabt, alle diese klugen, jungen Leute mitzunehmen, die heute am Gipfelpunkt ihrer Leistungsfähigkeit angelangt wären.
    „Endlich haben wir die Chance“, setzte Wireman fort. „Wir dürfen sie nicht versäumen. Unsere ganze Energie, unsere ganzen Bemühungen müssen wir nun einsetzen. Es wird administrative Arbeit geben, ein endgültiges Programm muß aufgestellt und ausgeführt werden. Wir werden auch mit der Centaurischen Regierung wieder Kontakt aufnehmen müssen. Wenn der Aufstand auf der Erde einmal begonnen hat, müssen wir jeden Augenblick bereit sein, selbst zur Erde zurückzukehren. Bedenkt man die Transportschwierigkeiten, so wäre es sogar ratsam, irgendwo im Weltenraum zu warten.“
    Harmon hörte Stanley, der neben ihm saß, überrascht und verärgert brummen. Als er die übrigen Anwesenden betrachtete, sah er, wie sich der Ausdruck in den meisten Gesichtern veränderte.
    „Einen Augenblick, Herr Präsident!“ sagte Stanley gereizt und erhob sich.
    Harmon beobachtete Wiremans Augen und verstand nun, was den Präsidenten so sehr bedrückt hatte.
    „Ja, Edward?“ sagte er seufzend.
    „Wenn ich recht verstanden habe, verlangen Sie von uns vollen Einsatz bei diesem Projekt. Stimmt das?“
    „Sie sind Mitglied meines Kabinetts. Sie haben geschworen, der Regierung zu dienen, Edward.“ Wireman sagte das ganz ruhig.
    Stanley gestikulierte nervös. „Nun … Ja, ich habe es geschworen. Aber ich habe auch eine Position hier, eine sehr wichtige Position.
    Ich trage Verantwortungen … Verdammt, Ralph. Ich bin der Manager der größten Bank der Stadt!“
    „Ja. Soll das heißen, Sie können diese Nebenbeschäftigung nicht sofort aufgeben, oder halten Sie Ihre Tätigkeit als Bankier für wichtiger als Ihre Verpflichtungen der Erde gegenüber?“
    Karl Hartmann sprang auf. „Ich glaube, Minister Stanley will damit sagen, daß er hier Fuß gefaßt hat. Schließlich, Herr Präsident, sind in der Zwischenzeit zwanzig Jahre vergangen. Es ist schwer, plötzlich alles aufzugeben. Ich, zum Beispiel, habe hier mein Büro, mein Heim. Mein Sohn ist mit einem centaurischen Mädchen verheiratet, sie haben Kinder …“ Er steigerte sich immer mehr in seine Aufregung hinein. „Schließlich – schließlich hatte ich nichts, als ich herkam. Ich arbeite, Ralph. Ich arbeite schwer. Ich mußte von vorne anfangen und nochmals
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