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TS 88: Das Ende der Zeitreise

TS 88: Das Ende der Zeitreise

Titel: TS 88: Das Ende der Zeitreise
Autoren: H. G. Ewers
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kraft seines unbestreitbar vorhandenen Sprechertalentes über die Vorschrift hinwegzusetzen, daß jedes Manuskript vor der Sendung mindestens einmal stumm gelesen werden mußte.
    Der Sender Kaycee war noch ein unbeschriebenes Blatt bei den Bewohnern des Staates Wyoming. Um das zu ändern, hatte Dénoyer für einige Knüller im Programm gesorgt. Das veranlaßte eine Menge Leute, ihren Apparat auf die neue Welle einzustellen.
    Auch bei Familie Haggadey war es so. Aus dem schummerigen Halbdunkel des Wohnzimmers drang hörbares Glucksen. Mr. Haggadey trank Bier – ohne allerdings die Augen eine Sekunde lang vom Bildschirm zu wenden. Neben ihm raschelte Papier. Mrs. Haggadey öffnete soeben eine Packung Pralinen, dem Rat ihres Arztes und ihrem Leibesumfang zum Trotz. Ihre Ohren lauschten hingerissen der tief in ihre Seele sickernden Musik, während Mr. Haggadey sich mehr für die wohlgeformten Beine der Revuegirls interessierte.
    So waren beide, wenn auch aus verschiedenen Gründen, ungehalten, als der Bildschirm nach kurzem Flimmern dunkel wurde. Doch zum Schimpfen kamen sie nicht, denn plötzlich flammte der Schirm wieder auf, und die elegante Erscheinung Ernest Hobbles erschien wie ein strahlender Komet. Mrs. Haggadey bekam prompt den Inhalt einer Weinbrandbohne in die falsche Kehle. Nachdem Mr. Haggadey ihr den Rücken geklopft hatte, ließ der Hustenanfall nach. Sie stieß ihren Gatten unsanft beiseite, und nun konnten sie die Worte des Sprechers verstehen:
    „… Ist es unbegreiflich, weshalb die Polizei und der Gouverneur zu den bedrohlichen Vorfällen schweigen. Dabei hat, unserer Meinung nach, die Öffentlichkeit das Recht, durch schnelle Information vor einem grauenhaften Schicksal bewahrt zu werden …“
    „Sicher wieder ein Sittlichkeitsverbrecher!“ entrüstete sich Mrs. Haggadey.
    „Ruhe!“ polterte Mr. Haggadey und öffnete geräuschvoll eine Dose Bier – die vierte.
    „… by Warwick. Er war Zeuge der entsetzlichen Geschehnisse und ist auch der einzige Überlebende. In gut orientierten Kreisen wird von der Landung eines Marsraumschiffes gesprochen. Eine Anzahl der Einwohner von Lead beobachtete einen vom Himmel stürzenden Feuerschweif, der zweifellos nur von einem in den Black Hills gelandeten Raumschiff herrühren kann. Für die Annahme einer Marsinvasion spricht auch die Methode, mit der das beobachtete Monster angreift. Nach Aussage Warwicks besteht sie in einem offenbar magischen Wort und hat zur Folge, daß Menschen in kegelförmige, grünliche Gallertgebilde verwandelt werden. Da dieses Wort auch wirkt, wenn es von einem Menschen ausgesprochen wird, warnen wir alle unsere Fernbildzuschauer, das Wort Tatvamahsi …“
    Hier brach die Stimme des Sprechers abrupt ab. Doch niemand entrüstete sich darüber. Die vielen tausend Gallertkegel vor den jetzt schweigenden Bildschirmen konnten nicht mehr sprechen. Die letzten Geräusche in Familie Haggadeys Wohnung bestanden aus dem dumpfen Fall einer halbgeleerten Bierdose und dem etwas weicheren einer angebrochenen Pralinenschachtel.
    Alles aber war die Folge eines Versehens – eines winzigen Versehens. Ernest Hobble hatte zu spät die dick unterstrichene Bemerkung gelesen, die über dem verhängnisvollen Wort stand. Die Anmerkung lautete: „Bitte nur Schriftbild senden!“
     
    Der in bläulichen Dämmerschein gehüllte Raum befand sich nicht auf der Erde; er lag im Bug eines walzenförmigen Gebildes, das den dritten Planeten der Sonne umkreiste. Die schweigsam um die violettstrahlende Wand eines mechanischen Gehirns schwebenden, kokonförmigen weißlichen Wesen schienen einem Alptraum zu entstammen. Einen Menschen aber hätte wahrscheinlich die geisterhafte Stille mehr bedrückt als die rätselhafte Erscheinung schwebender Riesenkokons.
    Doch die Stille war nur scheinbar. Die Wesen waren in einer lebhaften Unterhaltung begriffen, die des gesprochenen Wortes nicht bedurfte, denn ihre Gedanken sprangen unsichtbar und unhörbar von Gehirn zu Gehirn.
    „Was besagt die letzte Auswertung, Anshagom?“ wandte sich der Kommandant des Raumschiffes an den Fremdrassenpsychologen.
    „Nichts Erfreuliches, Huhbarum. Vier Fünftel der Gemeinschaftswesen sind vom Tatvamahsi erfaßt. Ich fürchte, wir waren wieder zu früh gekommen.“
    „Also negativ, wie das letztemal. Wir können nichts tun. Nimm bitte für die Speicherkartei folgendes auf, Anshagom: Der zweite Besuch der Erde hat gezeigt, daß der Anfang getan ist. Die Erde besitzt reiches Leben, aber noch
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