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TS 71: Flitterwochen in der Hölle

TS 71: Flitterwochen in der Hölle

Titel: TS 71: Flitterwochen in der Hölle
Autoren: Fredric Brown
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bißchen nachdenken. Wie wär’s mit einem Drink?“
    „Gern“, antwortete Dutch.
    Aus irgendeinem Grund kamen sie dann nicht mehr dazu, ihren Kampf zu Ende zu führen.
    Zweieinhalb Stunden später (aber immer noch acht Uhr dreißig abends) hatten Mr. und Mrs. Wade Evans aus Oklahoma eine interessante Unterhaltung in ihrem Hotelzimmer in Singapur, während sie sich zum Abendessen umzogen. Das Radio war angestellt, aber Mrs. Evans hatte es ganz leise gestellt, damit ihr Gatte nichts von dem versäumte, was sie ihm zu sagen hatte – und das war in der Tat nicht wenig.
    „Und wie du dich gestern auf dem Schiff mit dieser Miss – Mamselle Cartier – benommen hast … Wirklich, Wade, ich kann gar nicht einsehen, warum du mich eigentlich überhaupt mitgenommen hast! Das sind ja herrliche zweite Flitterwochen …“
    „Was habe ich eigentlich verbrochen? Ich hab den ganzen Abend lang zweimal mit dir getanzt – zweimal. Verflucht noch mal, Ida, langsam habe ich deine Art wirklich satt! Und außerdem …“ Mr. Evans holte tief Luft und wurde sofort unterbrochen.
    „Du behandelst mich wie einen Dienstboten. Wenn wir wieder zurück sind, dann …“
    „Schon gut, schon gut. Wenn du so darüber denkst, dann brauchst du doch nicht zu warten, bis wir zurück sind! Wenn du denkst, daß ich …“
    Irgendwie brachte ihn die kurze Pause im Radio zum Schweigen. „Sie hören den Werbefunk …“
    Als das Radio eine halbe Minute später wieder einen Walzer spielte, starrte Wade Evans immer noch sprachlos darauf. „Was war das?“ fragte er schließlich.
    Seine Gattin sah ihn mit ängstlichen Augen an. „Ich hatte das Gefühl, als spräche uns das Radio persönlich an. Als ob es uns dazu bringen wollte, uns zu streiten.“
    Mr. Evans lachte ein bißchen unsicher. „Ich auch. Als ob es uns etwas befehlen wollte. Und komischerweise will ich jetzt nicht mehr.“ Er ging und drehte das Radio ab. „Schließlich ist es doch unser einziger Abend in Singapur, und wir wollten doch ausgehen …“
    Das alles soll selbstverständlich keineswegs heißen, daß jeder, der die Stimme im Radio hörte, sich mit einem anderen stritt oder auch nur daran dachte, sich mit jemand zu streiten. Es gab natürlich auch Millionen von Menschen, die es nicht hörten, weil sie kein Radio hatten oder weil sie es zufällig nicht angestellt hatten. Aber beinahe jeder hörte davon.
    Interessant war eigentlich nur die Reaktion derer, die gerade einen Streit mit einem anderen hatten, oder die an einen dachten und sich in Hörweite eines eingeschalteten Radios befanden …
    Von Osten nach Westen wurde es überall auf den ganzen Welt acht Uhr dreißig, und überall wurde das gleiche Phänomen beobachtet. Delhi, Teheran, Bagdad, Moskau. Der Eiserne Vorhang war im Jahre neunzehnhundertsiebzig undurchdringlicher als je zuvor, aber später erfuhr man, daß dort genau das gleiche geschehen war, wie in Washington, Berlin, Paris, London …
    Washington. Der Präsident hielt eine Sondersitzung mit einigen Kabinettsmitgliedern und etlichen Senatoren ab. Der Verteidigungsminister sprach gerade: „Meine Herren, ich wiederhole nochmals, daß unsere beste – wenn nicht sogar unsere einzige – Chance darin besteht, daß wir zuerst angreifen. Wenn wir es nicht tun, werden sie es bestimmt. Alles weist darauf hin. Die vertraulichen Berichte, die in Ihrem Besitz sind, Herr Präsident, beweisen hundertprozentig, daß sie einen Angriff planen. Wir müssen …“
    Ein leises Klopfen an der Tür veranlaßte ihn, mitten im Satz aufzuhören.
    „Das ist bestimmt Walter“, sagte der Präsident. „Es handelt sich um diese komischen Rundfunksendungen. Bitte!“
    Der Sekretär des Präsidenten, kam herein. „Es ist alles vorbereitet, Herr Präsident“, sagte er. „Sie sagten, Sie wollten es selbst hören. Die anderen Herren …?“
    Der Präsident nickte. „Wir werden alle gehen. Wie viele Radioapparate haben Sie aufgestellt, Walter?“
    „Sechs. Wir haben sie auf verschiedene Stationen eingestellt. Zwei in unserer Zeitzone – New York und Washington, zwei in anderen Teilen der USA – Denver und San Franzisko, zwei andere im Ausland – Paris und Tokio.“
    „Ausgezeichnet“, sagte der Präsident. „Dann können wir uns ja die seltsame Sendung anhören, über die sich ganz Europa und Asien aufregt.“
    Der Verteidigungsminister lächelte. „Sie können es versuchen, aber ich glaube nicht, daß wir etwas hören werden – dazu dürften die Entfernungen zu groß sein
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