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TS 65: Die Zeit-Agenten

TS 65: Die Zeit-Agenten

Titel: TS 65: Die Zeit-Agenten
Autoren: Sam Merwin jr.
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Plinius der Ältere – und ich habe gehört, daß er sowohl intelligent als auch hilfsbereit ist – wenn er auch die Theorie der Transition zwischen den Welten noch nicht ganz versteht. Ich nehme an, Sie werden mit ihm auskommen.“
    Elspeth dachte wieder an den Mann, der früher ihr Partner gewesen war – wenn sie auch mit Mack Fraser nicht immer gerade glänzend ausgekommen war. Sie nahm ihre Zuflucht zu einer direkten Frage: „Mr. Horelle, warum kommt Mack diesmal nicht mit?“
    „In erster Linie“, antwortete er gemessen, „weil Mack anderswo gebraucht wird. Ihre Mission ist diesmal vornehmlich kultureller Art. Sie sprechen die klassischen Sprachen, kennen die Geschichte und die Kunst der damaligen Zeit …“
    „Ich bin nur neugierig“, überlegte Elspeth, „welche Theorie über die lateinische Aussprache nun stimmt.“
    „Wahrscheinlich keine von allen“, lächelte Mr. Horelle. „Aber vielleicht können wir uns darüber unterhalten, wenn Sie zurückkommen.“
    Elspeth fühlte, daß sie damit entlassen war. Sie stand auf und sagte: „Ich freue mich schon darauf. Und vielen Dank, Sir, für den Auftrag.“
    Wieder spielte das Lächeln um seine Lippen, und er hob die wächserne Hand zum Abschied. „Vergessen Sie nicht, meine Liebe: achten Sie auf Anachronismen. Wir wissen wirklich sehr wenig über dieseWelt. Und – Elspeth, das ist das wichtigste – passen Sie gut auf sich auf.“
    „Ich werde schon aufpassen“, sagte sie. Sie wußte, daß Mr. Horelle ebenso wie sie an Juana Brooks dachte, die Mack und sie durch ihre erste Mission gesteuert – und dafür mit ihrem Leben bezahlt hatte.
    Sie konnte sich gut an die dunkle, lebhafte Juana erinnern und an das Unglück, das ihr den Tod gebracht hatte. Sie war von der Hand eines degenerierten Mannes auf einer degenerierten Welt gestorben, eines Mannes, der nicht gezögert hatte, jene tödlichste aller Handwaffen, den Desintegrator, gegen sie einzusetzen. Auch er war gestorben. Aber sein Tod hatte Juana Brooks nicht mehr zum Leben erwecken können.
    Elspeth verabschiedete sich von dem alten Butler, der Mr. Horelle und Spindrift Key seit mehr als vier Jahrzehnten diente. Sie verließ die schöne alte weiße Villa, die wie ein Juwel mitten in einem wunderbar gepflegten Rasen lag. Jedesmal, wenn sie dieses Haus verließ, das sie mehr als alles andere auf der Welt liebte, fragte sich Elspeth, ob sie es wiedersehen würde.
    Als sie an Bord des Motorbootes ging, versuchte sie sich an einiges zu erinnern, was sie über das Rom des ersten nachchristlichen Jahrhunderts wußte. Die Flavier unter der Führung von Vespasian hatten zwar Ordnung in das Chaos gebracht, das Nero ihnen hinterlassen hatte, aber Rom war immer noch ein gefährliches Pflaster. Sie würde sich in sehr starkem Maße auf den Lokal-Agenten, Plinius den Älteren, verlassen müssen. Sie fragte sich, ob er wirklich so steif war, wie sie ihn aus seinen Schriften in Erinnerung hatte.

 
1.
     
    Elspeth Marriner lehnte sich auf ihrem niedrigen Diwan aus Elfenbein und Ebenholz zurück und versuchte sich damit abzufinden, daß die nächsten fünfzehnhundert Jahre noch nicht mit der Entdeckung des Tees gerechnet werden dürfte. Der Krug Marsalawein, den Gnaius Laconius ihr durch seinen Leibsklaven Cratus geschickt hatte, brannte in der Kehle – besonders verglichen mit dem vorzüglichen Falerner, der im Weinkeller der Villa lagerte.
    Und doch mußte sie ihn aus Höflichkeit für Gnaius Laconius trinken, der jetzt an einer der neo-korinthischen Säulen lehnte und ihr eine Ode vortrug, die er zu ihren Ehren gedichtet hatte.
    Mit einer Geste, die leidenschaftlich wirken sollte – jedoch so abgezirkelt war, daß keines seiner pomadisierten Löckchen in Unordnung geriet, deklamierte er in flüssigem Latein „… dein Atem weich wie helle Sommernächte, erwecket schneller als das Licht die Liebe, die ich …“
    Da war es wieder, dachte sie – wieder einer dieser seltsamen Anachronismen, wie sie so oft in den Arbeiten und Worten von Gnaius Laconius auftauchten. Während sie mit halbem Ohr auf seine dahinfließenden Hexameter lauschte, dachte sie über ihn nach.
    Sie vergegenwärtigte sich die Schnitzer, die er sich geleistet hatte. Da war zum Beispiel der Abend im Palast von Berenice Agrippina, wo er im Laufe einer Unterhaltung ein Skalpell erwähnt hatte – ein Werkzeug, das auf dieser Welt völlig unbekannt war, ja für das es nicht einmal den nötigen Stahl gab. Und dann jener Nachmittag auf dem
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