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TS 60: Gehirnwäsche

TS 60: Gehirnwäsche

Titel: TS 60: Gehirnwäsche
Autoren: Andre Norton
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Pelz auf dem Bauch ein paar langbeinige, kurzflügelige Vögel beschlich, die sich wie blutrote Flecken von gelben Sträuchern unter einem bleichen violetten Himmel abhoben. Er erfreute sich eine Weile an dieser Farbenpracht und an dem Gefühl von Freiheit und dem Wunder ferner Welten, die diese Szene in ihm erweckte.
    »Wer sind Sie?«
    Die abrupte Frage des Fremden riß ihn aus seinem Traum und vergegenwärtigte ihm nicht nur seine Anwesenheit hier, sondern auch seine schwierige Lage. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Vye – Vye Lansor.« Und dann fügte er hinzu: »SK 425.061.!!«
    »Staatskind, was?« Der Mann hatte sich mit einem Knopfdruck eine Erfrischung bestellt, die er jetzt langsam schlürfte. Er bestellte kein zweites Glas für Vye. »Eltern?«
    Lansor schüttelte den Kopf. »Ich wurde nach der Fünf-Stunden-Fieber-Epidemie eingeliefert. Sie versuchten damals gar nicht erst, uns zu registrieren, dazu waren wir viel zu viele.«
    Der Mann beobachtete ihn über den Rand seines Glases hinweg. In seinem Blick lag etwas Kaltes, etwas, das das Gefühl der Geborgenheit, das Vye noch vor Augenblicken empfunden hatte, wegwischte. Jetzt stellte der Mann sein Glas auf den Tisch und ging durch das Zimmer. Er fuhr mit der Hand unter sein Kinn und hob seinen Kopf auf eine Art und Weise hoch, daß der Jüngere plötzlich Widerwillen, gepaart mit Ärger, empfand. Und dennoch sagte ihm eine innere Stimme, daß Widerstand ihm nur Schwierigkeiten bringen würde.
    »Terranischer Schlag würde ich sagen – höchstens zweite Generation.« Er sprach eher mit sich selbst als mit Vye. Er ließ den Kopf des jungen Mannes los, stand aber immer noch vor ihm und musterte ihn von Kopf bis Fuß. Lansor wollte aufspringen, kämpfte aber den Impuls nieder und brachte es fertig, dem Blick des anderen standzuhalten, als dieser ihn wieder erfaßte.
    »Nein – nicht das übliche Hafengesindel. Das habe ich ja gleich gesagt.« Jetzt sah er Vye wieder an, als würde ihm plötzlich bewußt, daß der Jüngere auch zu denken vermochte, Gefühle besaß, auch irgendwie eine Persönlichkeit im eigenen Sinne war. »Wollen Sie einen Job?«
    Lansor preßte die Hände in das Kissen, bis die Knöchel weiß hervortraten.
    »Was – was für einen Job?« Er ärgerte und schämte sich zugleich über seine schwache Stimme.
    »Haben Sie Skrupel?« Der Fremde schien das belustigend zu finden. Vyes Gesicht rötete sich, aber gleichzeitig war er etwas überrascht, daß der Mann in der abgewetzten Weltraumuniform sein Zögern richtig verstanden hatte. Jemand von den üblichen Gästen des »Sternfall« würde bestimmt auf ein solches Angebot hin nicht zögern, und er selbst wußte eigentlich nicht, warum er das tat.
    »Nichts Illegales, das kann ich Ihnen versprechen.« Der Mann stellte sein Glas in die leere Nische. »Ich bin Raumjäger.«
    Lansor blinzelte. Das alles kam ihm immer mehr wie ein Traum vor. Der andere musterte ihn ungeduldig, als hätte er irgendeine Reaktion erwartet.
    »Sie können sich ja meine Papiere ansehen, wenn Sie wollen.«
    »Ich glaube Ihnen schon«, fand Vye endlich seine Stimme wieder.
    »Ich brauche nämlich einen Träger.«
    Aber das konnte nicht wahr sein! Nein, das war unmöglich. Er, Vye Lansor, Staatskind – Abschaum des Hafens. Solche Dinge passierten ihm nicht, höchstens in einem Thalimtraum, und Rauschgift hatte er noch nie zu sich genommen. Das alles war ein Traum, aus dem man nicht erwachen wollte, wenigstens nicht in einer Lage wie der seinen.
    »Wären Sie bereit, sich zu verpflichten?«
    Vye versuchte, sich an die Wirklichkeit zu klammern, seine fünf Sinne beisammen zu halten. Ein Träger für einen Raumjäger! Neun von zehn Männern würden sich eine solche Chance noch eine Menge Gold kosten lassen. Wieder tastete die eisige Hand des Zweifels nach ihm. Ein Tramp aus dem Hafenviertel wurde einfach nicht Träger für einen Jäger der Gilde.
    Wieder war es, als läse der Fremde seine Gedanken. »Sehen Sie mal«, sagte er plötzlich, »mir ist es auch einmal dreckig gegangen, es ist schon Jahre her. Sie erinnern mich an jemand, an dem ich eine Schuld abzutragen habe. Ich möchte das auf diese Weise irgendwie ausgleichen.«
    Vyes schon schwindende Hoffnung fand wieder neuen Mut. Dann war der Raumjäger also ein Anhänger des Mata-Ritus. Das würde alles erklären. Wenn man eine gute Tat nicht dem vergelten konnte, der sie getan hatte, mußte man die ewige Waage auf andere Weise ins Gleichgewicht bringen. Er
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