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TS 60: Gehirnwäsche

TS 60: Gehirnwäsche

Titel: TS 60: Gehirnwäsche
Autoren: Andre Norton
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vorgezogen hatte, wirbelte ihn herum und setzte ihn auf den zweiten Stuhl in der Nische. Ihr scharfer Griff strafte die schleppende Stimme Lügen. Die Augen des Vormiers wanderten zwischen dem Besitzer des »Sternfall« zu seinem, unwichtigsten Angestellten, dann grinste er und sagte dicht an Lansors Ohr:
    »Wenn der Herr will, daß du trinkst, dann trinkst du!«
    Vye nickte heftig und legte dann die Hand über den Mund. Er hatte Angst, daß sein Magen noch einmal revoltieren wollte. Er blickte dem Vormier ängstlich nach. Erst als sein breiter graugrüner Rücken in dem rauchigen Dunst der Taverne verschwunden war, wagte er wieder auszuatmen.
    »Da!« Der Griff um sein Gelenk hatte sich gelockert, aber jetzt wurde ihm ein Krug in die Hand geschoben. »Trink!«
    Er versuchte zu widersprechen, wußte gleichzeitig, daß es hoffnungslos war und brauchte beide Hände, um den Krug an die Lippen zu halten. Er schluckte die beißende Flüssigkeit verzweifelt hinunter. Die Wirkung war allerdings ganz anders als er erwartet hatte, denn anstatt Übelkeit zu erregen, klärte das Zeug seinen Kopf, und schließlich vermochte er sich sogar irgendwie zu entspannen.
    Als er den Krug etwa zur Hälfte geleert hatte, wagte er die Augen zu heben und den Mann ihm gegenüber anzusehen. Nein, das war kein gewöhnlicher Raummatrose, und er war auch nicht betrunken, wie er versucht hatte, den Vormier glauben zu machen. Er musterte jetzt das Publikum in dem Lokal, obwohl Vye auch überzeugt war, daß ihm keine Bewegung entging, die er machte.
    Vye leerte den Krug. Zum erstenmal, seit er vor zwei Monaten das Lokal betreten hatte, kam er sich wieder wie ein Mensch vor. Er war klug genug, um sich darüber klar zu sein, daß das Getränk, das er soeben zu sich genommen hatte, irgendein Mittel enthalten haben mußte. Aber im Augenblick war ihm das völlig egal. Ein jedes Mittel, das binnen Augenblicken all die Furcht und Verzweiflung und die Schande hinwegwischen konnte, die das »Sternfall« ihm eingeflößt hatte, war es wert, getrunken zu werden. Warum der andere ihm das Mittel eingegeben hatte, war ihm ein Geheimnis, aber im Augenblick war er zufrieden, eine Erklärung abzuwarten.
    Wieder fühlte Lansor den zwingenden Druck des anderen an seinem Arm. So traten sie gemeinsam in die kühlere, viel angenehmere Atmosphäre der Straße hinaus. Sie hatten etwa einen Häuserblock hinter sich gebracht, als Vyes Führer stehen blieb, wenn auch ohne seinen Gefangenen loszulassen.
    »Bei den vierzig Namen von Dugor!« fluchte er.
    Lansor wartete und sog gierig die kühle Morgenluft in seine Lungen. Das Selbstvertrauen, das jener geheimnisvolle Trank ihm eingeflößt hatte, hielt immer noch an. Im Augenblick wußte er nur, daß nichts so schlimm sein konnte wie das Leben, das er hinter sich hatte, und er war durchaus willens, alles über sich ergehen zu lassen, was dieser seltsame Gast des »Sternfall« mit ihm vorhatte.
    Der andere schlug mit der flachen Hand auf den Rufknopf eines Lufttaxis und wartete dann, bis einer der städtischen Gleiter vor ihnen aufsetzte.
    Aus dem Fond des Lufttaxis sah Vye, daß sie sich der Oberstadt näherten, die Dünste des Hafenviertels hinter sich zurück ließen. Er überlegte, was wohl ihr Ziel sein mochte – nicht daß das viel zu besagen hatte. Dann setzte die Maschine auf einer Landeplattform auf.
    Der Fremde hieß Lansor mit einer Geste durch eine Tür über einen kurzen Korridor in ein Zimmer gehen. Vye nahm vorsichtig auf dem Schaumgummipolster Platz, das sich aus der Wand schob, als er sich ihr näherte. Er sah sich mit aufgerissenen Augen um. Ganz dunkel konnte er sich an Räume erinnern, die einen Komfort wie diesen boten, aber so dunkel, daß er nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, ob sie nicht vielleicht nur in seiner lebhaften Phantasie existierten. Denn es war Vyes Phantasie, die ihn zuerst durch das düstere Leben in einem staatlichen Kinderheim und dann durch eine Anstellung gebracht hatte, die er verloren hatte, weil er sich einfach dem stumpfen mechanischen Leben eines Computermannes nicht anpassen konnte. Diese Phantasie war immer sein Anker und zugleich eine Ausflucht gewesen, als er schließlich bis in diese Tiefe gesunken und in das »Sternfall« getrieben worden war.
    Jetzt preßte er seine beiden Hände in den weichen Stoff des Sessels und staunte über das kleine Tridi an der Wand gegenüber – eine winzige Szene aus dem Leben eines anderen Planeten, wo ein Tier mit schwarz-weiß gestreiftem
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