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TS 57: Die Irrfahrten des Mr. Green

TS 57: Die Irrfahrten des Mr. Green

Titel: TS 57: Die Irrfahrten des Mr. Green
Autoren: Philip José Farmer
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unterbrach Green ihren Redestrom. „Ich weiß, wir haben uns zwei Tage nicht mehr gesehen, aber deswegen brauchst du doch nicht den Gesprächsstoff von achtundvierzig Stunden in zehn Minuten hervorzusprudeln. Und hör auf, mich vor den Kindern herunterzuputzen. Du weißt, es ist nicht gut für sie. Sie könnten sich deine respektlose Haltung dem Oberhaupt der Familie gegenüber zu eigen machen.“
    „Ich? Respektlos? Ja, weißt du denn nicht, wie ich dich vergöttere? Fortwährend erzähle ich ihnen, was für ein großartiger Mann du bist, obwohl es schwerfällt, sie zu überzeugen, wenn du dann auftauchst und sie sehen, wie die Wirklichkeit aussieht. Trotzdem …“
    Er brachte sie zum Schweigen, indem er sie kräftig an sich drückte mit dem Ergebnis, daß das Baby zu weinen begann, das zwischen ihnen in Bedrängnis geraten war. Dann, während Amra sich bemühte, es zu beruhigen, begann er ihr zu erzählen, was sich im Palast zugetragen hatte.
    Sie hörte schweigend zu, warf nur hin und wieder eine kurze Frage dazwischen.
    Sie betraten Amras Haus, gingen durch die Büroräume, in denen sechs Schreiber und Angestellte emsig über ihrer Arbeit saßen, und weiter durch die eigentliche Wohnung in die Küche.
    Green hob seine Tochter Paxi auf den Arm und begann mit ihr zu spielen, während Amra den Wein eingoß. „So geht es nicht weiter“, beschwerte sie sich dabei. „Ich liebe dich, und du kümmerst dich überhaupt nicht mehr um mich. Du solltest dich wirklich nach einem Vorwand umsehen, der dir erlaubt, mit der Herzogin zu brechen. Ich will dich hier haben.“
    Green hatte nichts zu verlieren, wenn er ihr beipflichtete, gedachte er doch ohnehin, sie in kurzer Zeit zu verlassen. „Du hast völlig recht“, gab er bereitwillig zu. „Ich tue es auch, sobald mir eine gute Entschuldigung eingefallen ist.“
    Amra strahlte glücklich. Sie hob ihr Glas und rief: „Ein Hoch der Herzogin! Mögen die Dämonen sie holen!“
    „Sag so etwas nicht vor den Kindern. Du weißt, was du bei der nächsten Hexenjagd zu erwarten hast, sollten sie es in aller Unschuld weitersagen und sollte die Herzogin davon erfahren.“
    „Nicht meine Kinder“, versetzte sie selbstgefällig. „Dazu sind sie zu klug. Sie sind nach ihrer Mutter geraten. Sie wissen genau, wann sie den Mund zu halten haben.“
    Green leerte sein Glas und erhob sich. „Ich muß gehen.“
    „Kommst du heute abend nach Hause? Einen freien Abend in der Woche muß die Herzogin dir doch lassen!“
    „Nicht einen Abend. Und heute hätte ich ohnehin keine Zeit, weil ich mit Miran, dem Händler, im Haus der Gleichheit verabredet bin. Geschäftlich, wohlgemerkt.“
    „Worum geht es denn dabei?“ fragte sie neugierig.
    „Es handelt sich um etwas, worüber man nicht reden kann, ohne alles zu verderben.“
    „Was kann das schon sein?“ brauste sie auf. „Ich wette, da steckt eine Frau dahinter.“
    „Von Frauen habe ich genug. Nein, der Grund ist der, daß ich Miran bei seinen sämtlichen Göttern Schweigen geloben mußte, und natürlich kann ich einen solchen Schwur nicht brechen.“
    „Also schön, dann gehe. Aber ich warne dich. Meine Geduld ist bald am Ende. Ich gebe dir noch eine Woche, dann gehe ich selbst zum Angriff über.“
    „Das wird nicht nötig sein“, versprach er ihr. Er küßte sie und die Kinder, dann ging er. Insgeheim gratulierte er sich, daß es ihm gelungen war, Amra noch einmal auf eine Woche zu vertrösten. Hatte sein Plan bis dahin keine Früchte getragen, war er ohnehin verloren. Dann würde er sich zu Fuß aufmachen und in die Xurdimur hinauswandern, trotz der wilden Hunde, der menschenfressenden Graskatzen, der Kannibalenstämme und was sich sonst noch auf der weiten Ebene umhertrieb.

 
4.
     
    Jede Stadt und jedes Dorf des Reiches besaß ein Haus der Gleichheit, unter dessen Dach alle Klassen- und Standesunterschiede aufgehoben waren. Der Ursprung dieser Einrichtung war Green nicht bekannt, doch er wußte ihren Wert als ein Sicherheitsventil für den extremen sozialen Druck, der auf jeder Klasse lastete, zu würdigen. Ein Sklave, der draußen seinen Mund nicht aufzumachen wagte, konnte hier seinen Herrn ungestraft beschimpfen. Natürlich hielt den Herrn nichts davon ab, sich dementsprechend zu revanchieren, denn auch der Sklave verzichtete bei seinem Eintritt in das Haus auf alle ihm zustehenden Rechte. Gewalttätigkeiten, wenn auch nicht häufig, waren hier nicht unbekannt, und unter diesem Dach vergossenes Blut rief –
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