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TS 56: Sternenstaub

TS 56: Sternenstaub

Titel: TS 56: Sternenstaub
Autoren: Donald A. (Hrsg.) Wollheim
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Verglichen mit deren eintönigem Blau war Joruns Tunika in ihren wechselnden Regenbogenfarben wie ein loderndes Feuer. Der Psychotechniker seufzte, als er ihn gehen sah. Er hatte eine Schwäche für den alten Burschen. Es würde verbrecherisch sein, ihn zurückzulassen. Aber das Gesetz verbot geistigen oder physischen Zwang. Die Arbeit war, die menschliche Rasse zu erhalten.
    Eine liebliche Welt. Joruns bewegliches Gesicht – blaß und großäugig – sah rund um den Horizont. Eine schöne Welt, die uns hervorbrachte. Es gab schönere Planeten in der endlosen Weite der Milchstraße – den indigoblauen Ozean Loas, die himmelstürmenden Berge Sharangs und den Himmel von Jareb, der aus tropfenden Lichtern zu bestehen schien – oh, viele und viele, aber es gab nur eine Erde.
    Jorun erinnerte sich seines ersten Eindruckes, den er von diesem Planeten bekommen hatte, als er nach dem mörderischen Zehntagerennen durch 30 000 Lichtjahre hierher gelangt war. Er kam von Corazuno, und die Erde erschien vor seinen Augen. Ein polierter Schild in Blau, geschmückt mit den Farben des Landes, die Pole gekrönt vom schimmernden Dunst der Morgenröte. Schatten von Wolken und der graue Sturz des Regens. Jenseits des Planeten hing sein Mond, er hatte sich gefragt, wie viele Generationen schon zu dieser Sichel hinaufgesehen oder sein Licht betrachtet hatten, das wie eine Brücke über bewegtem Wasser lag. Wie ein Hafenzeichen stand die Erde gegen die enorme Schwärze des Himmels.
    Für Jorun, der aus dem Zentrum der Galaxis kam, war der Himmel kahl. Dies hier war der äußerste Rand, wo die Sterne nur spärlich gesät waren. Er war die unzähligen Sternenmassen des Zentrums gewohnt, hatte etwas gefröstelt und seine Hülle aus Luft und Wärme enger in einer krampfartigen Bewegung um sich gezogen. Die Stille hatte in seinem Kopf getrommelt, und er hatte sich rüsten müssen für das Treffen seiner Gruppe auf dem Nordpol.
    Gut, dachte er, wir haben eine nette Routineaufgabe. Die erste Expedition vor fünf Jahren bereitete die Eingeborenen auf die Geschehnisse vor. Unsere Gruppe hat lediglich die Bauern für die Schiffe zu organisieren. Aber das war eine Menge harter Arbeit gewesen, und er war müde geworden. Es würde gut sein, den Job zu beenden und nach Hause zurückzukehren.
    War es tatsächlich so?
    Er dachte auch an den Flug mit seinem Teamkameraden Zarek von dem Poltreffen in dieses Gebiet, das ihnen zugeteilt worden war. Ebenen aus windgekräuseltem Gras, verdunkelt von Herden wilden Viehs, Forsten mit mächtigen Bäumen, Hunderte von Kilometern weit, mit dem stählernen Schimmer der Flüsse und Seen. Warmer Regen brach den vergossenen Sonnenschein, dessen Strahlen Joruns Augen blendeten. Alles war von Menschen verlassen, aber von einer furchterregenden Vitalität. Seine eigene Welt von Ödland und Klippen in den zerrissenen Seen war ein Geizhals neben dieser hier. Hier erfüllte Leben die Ozeane, die Erde und der Himmel klang davon. Er fragte sich weiter, ob diese Kraft im Menschen, die Energie, die ihn zu den Sternen trieb, ihn zum Halbgott und Halbdämonen machte, das Vermächtnis der Erde darstellte. Gut – der Mensch hatte sich verändert und sich an die Verhältnisse gewöhnt, die auf den kolonisierten Planeten herrschten. Die meisten Rassen konnten sich hier nicht mehr wohlfühlen. Jorun dachte an seine Begleiter, den bernsteinhäutigen Chuli der Tropenwelt, der über Kälte klagte, den schmalbrüstigen und fröhlichen Cluthe und die intellektuelle Taliuvenna mit dem fliegenden Haar und den glänzenden Augen, nein – für sie war die Erde nur ein weiterer Planet unter den Tausenden, die sie in ihrem langen Leben gesehen hatten.
    Und er, Jorun, war ein sentimentaler Narr.
     
    Er hätte durch seinen Willen das Gefühl des Bedauerns herauszwingen können, aber er wollte es nicht. Dies war das unwiderruflich letzte Mal, daß menschliche Augen jemals auf die Erde schauen konnten, und irgendwie fühlte er, daß es ihm mehr sein sollte als nur eine psychotechnische Arbeit.
    „Hallo, guter Herr!“
    Er wandte sich der Stimme zu und brachte seine müden Lippen lächelnd auseinander. „Hallo, Julith“, sagte er. Sie war eine Ururenkelin des Sprechers. Etwa vierzehn Jahre alt, sommersprossig, mit scheuem Lächeln und ruhigen, grünen Augen. Sie schien phantasiereicher als ihre Kameraden und knickste in unbeholfener Anmut. Unter dem Arbeitskittel sahen ihre bloßen Füße hervor.
    „Bist du beschäftigt, guter Herr?“
    „Ja,
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