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TS 34: Sie starben auf Ragnarok

TS 34: Sie starben auf Ragnarok

Titel: TS 34: Sie starben auf Ragnarok
Autoren: Tom Godwin
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haben sollten, möchte ich hiermit die erste, aber auch letzte Warnung erteilen: Bringen Sie die Lebensmittel noch heute abend in unsere Vorratshöhle.
    Jeder soll sich aus einer Decke oder einem Kleidungsstück einen Sack anfertigen. Jeder wird den Weg zur Vorratshöhle machen und dort allein eintreten. Kein anderer wird in dieser Höhle sein. Sie werden die Lebensmittel, die Sie in dem Sack untergebracht haben – wenn Sie welche besitzen – , in der Vorratshöhle zurücklassen und diese durch den anderen Ausgang wieder verlassen. Keiner wird somit erfahren, ob der Sack, den Sie alle tragen werden, Nahrungsmittel enthielt oder nicht. Niemand wird jemals danach fragen.
    Wenn aber in Zukunft versteckte Nahrungsmittel bei einem von uns gefunden werden, wird der Betreffende als Verräter behandelt.
    Unser Weiterleben auf diesem Planeten – wenn es überhaupt ein Weiterleben geben wird – kann nur durch gemeinsame Arbeit und Opfer gewährleistet werden. Für Egoisten ist unter uns kein Platz. Was der eine oder andere vorher verschuldet haben mag, ist vergessen – ab heute abend beginnen wir alle gewissermaßen von neuem. Von jetzt ab muß einer dem anderen rücksichtslos vertrauen können.
    Aber für den, der dieses Vertrauen mißbraucht, kann es nur eine Strafe geben – den Tod!“
    Anders war der erste, der seinen Sack in die Höhle trug. Wie Lake später hörte, war Bemmon der einzige, der sich wütend gegen diesen Befehl auflehnte und versuchte, die Menschen in seiner Umgebung aufzuhetzen.
    Aber keiner ließ sich durch Bemmon beeinflussen. Was Lake aber anbetraf, so hatte er Wichtigeres zu tun, als sich um Bemmons Feindschaft Sorgen zu machen.
     
    *
     
    Immer langsamer zogen die Wochen dahin – immer schrecklicher. Es gab kein Entrinnen vor der unerträglichen Hitze, nicht einmal in den tiefsten Höhlen. Es gab keine Nacht. Wenn die gelbe Sonne im Westen unterging, stieg die blaue Sonne im Osten auf.
    Die Todesziffern schnellten erbarmungslos in die Höhe. Trockenmilch, Früchte und Gemüse wurden nur für die Kinder ausgegeben.
    Bemmon wurde immer aufsässiger, als die Rationierung und die Hitze das Leben zur Qual machten. Er behauptete, Lake und seine Unterführer wären für die Nahrungsknappheit verantwortlich, weil sie das Jagen nicht mit der nötigen Energie betrieben hätten. Und er ließ durchblicken, ohne es offen auszusprechen, daß Lake und seine Günstlinge ihm verboten hätten, die Vorratshöhle zu betreten, damit ihre Machenschaft nicht von einem ehrenhaften Manne aufgedeckt werden könnte.
    Es lebten noch 603 an jenem glühendheißen Nachmittag, als Julia das ständige Nörgeln Bemmons nicht mehr länger ertragen konnte.
    „Wenn Sie Ihr Maul hielten“, sagte sie, „könnten Sie die Mütter den Tod Ihrer Kinder beklagen hören – aber das kümmert Sie ja nicht. Sie denken nur an sich selbst. Sie nennen Lake und die anderen Feiglinge – Sie aber waren zu feige, mit ihnen zu jagen. Sie wollen uns weismachen, daß die Anführer uns betrügen und mehr essen als wir – dabei ist Ihr Bauch der einzige, der nicht dünner geworden …“
    Julia konnte den Satz nicht beenden, denn Bemmon stürzte sich in wilder Wut auf sie und schleuderte sie so heftig gegen den Felsen, daß sie, aus einer tiefen Stirnwunde blutend, bewußtlos zu Boden fiel.
    „Sie ist eine Lügnerin!“ keuchte er.
    „Sie ist eine ganz infame Lügnerin, und jedem, der wiederholt, was sie gesagt hat, passiert das gleiche wie ihr!“
    Als Lake von diesem Vorfall erfuhr, schickte er nicht sofort nach Bemmon, sondern dachte erst darüber nach, weshalb Bemmons Reaktion wohl so heftig erfolgt war.
    Der Mann befand sich noch in einer ausgezeichneten körperlichen Verfassung, und dafür schien es nur eine mögliche Erklärung zu geben: Bemmon besaß geheime Vorräte.
    Lake ließ Craig, Schroeder, Barber und Anders zu sich kommen. Sie gingen in Bemmons Höhle und fanden das Versteck unter seiner Liegestatt. Es enthielt eine erstaunliche Menge an Konserven, getrocknetem Fleisch, an Dörrgemüse und Trockenmilch. Mit grimmigen Gesichtern standen die Männer da und warteten auf Lakes nächsten Entschluß. „Bringen Sie Bemmon her“, sagte Lake zu Craig.
    Zwei Minuten später kehrte dieser mit dem Verräter zurück. Beim Anblick seines entdeckten Verstecks ergriff Bemmon eine Panik, die Färbe wich aus seinem Gesicht.
    „Nun?“ fragte Lake scharf.
    „Ich … ich wußte nichts davon. Sie können nicht beweisen, daß ich die Sachen dort
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