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TS 33: Projekt Mikrokosmos

TS 33: Projekt Mikrokosmos

Titel: TS 33: Projekt Mikrokosmos
Autoren: David Grinnel
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mit unheimlicher Geschwindigkeit in den Himmel schoß und von der Nacht verschlungen wurde. Andere blitzende Geschosse folgten, vereinzelt zuerst, dann in dichtgedrängten Rudeln, und nun erkannte Warren, daß es sich um metallene Gebilde handelte – Raumschiffe aus fernen Welten, die die Grenzen ihres Universums gesprengt hatten und in die Unendlichkeit unseres irdischen Kosmos hinausjagten, um sich eine neue Heimat zu suchen. Es mußten hunderte, tausende dieser Schiffe sein, die mit hellem Singen ihren Weg suchten, und doch dauerte die gespenstische Erscheinung nicht länger als Sekundenbruchteile. Der Lichtstrahl sank in sich zusammen und erlosch völlig. Dann teilten sich die Wolken, und der aufgehende Mond warf seinen fahlen Schein auf die metallene Kuppel des Gebäudes.
    Warren fühlte die Hand Marges in seine Rechte gleiten. Sanft umschloß er sie und erwiderte ihren Druck.
    „Sie sind gerettet“, sagte das Mädchen, und ihre Stimme klang so hell und unbeschwert, wie Warren sie lange nicht vernommen hatte. „Sie haben an mich geglaubt, und mein Glaube hat Berge versetzt. Ich versprach ihnen ein neues Universum – sie haben es gefunden, niemand brauchte zu sterben.“
    „Sie versprachen es?“ wiederholte Warren verwirrt. „Ich begreife Sie nicht, Marge. Wie konnten Sie jenen armen Wesen helfen? Sie sind doch Marge McElroy, ein Kind unserer Zeit, ein Wesen unserer Welt.“
    Sie hörte die Verwunderung in seiner Stimme und lächelte. In ihren Augen spiegelte sich das Licht aller Sterne.
    „Und trotzdem war ich es, Warren! Ich bin Marge McElroy und möchte es immer bleiben. Vergessen Sie nicht, daß es einen Zeitabschnitt gab, da ich eine andere war – jene Frau, die man das Orakel vom Weißen Stern nannte.“
    Warren schüttelte den Kopf. Seine Gedanken jagten wild durcheinander, er begriff nichts mehr.
    „Sie sprechen von Ihrer Verwandlung, Marge? Sie schlüpften in die Gestalt jenes Wesens, das ich in der Kristallkugel erblickte? Ich verstehe es trotzdem nicht. Das Orakel war nicht eine Frau, es wiederholte sich in Generationen von Frauen, Sie aber waren nur einmal in jene ferne Welt gewandert.“
    Marge nickte und schmiegte sich enger an ihn. „Ich war das erste Orakel, Warren, eine Frau, in der sich alles Wissen von Jahrtausenden vereinte. Körperlich verwandelte ich mich zwar zurück, aber der Geist jener Frau blieb immer in mir. Er lehrte mich denken und in die Zukunft schauen. Das Orakel war immer an zwei Orten zugleich. In den Generationen, die einander im Mikrokosmos folgten, veränderte es zwar seine Gestalt, nicht aber bei mir, die ich immer die gleiche blieb. War es nicht eine Ironie des Schicksals? Ihr Männer drängt als Spione in den Mikrokosmos ein, ohne zu wissen, daß der Mikrokosmos in mir eine Spionin auf unserer irdischen Welt hatte. Was Marge McElroy erfuhr, wußte auch das Orakel, und so kam es, daß jene Welt von ihrem bevorstehenden Ende erfuhr.“ Sie lächelte und reckte sich befreit. „Das Ende meines Doppellebens ist gekommen. Mit einem der Weltschiffe, die wir sahen, hat das wahre Orakel seinen Weg in eine neue Welt genommen, mit der ich nichts mehr zu tun habe. Es gibt keinen Kontakt mehr zwischen uns, sondern nur noch Erinnerungen, die im Laufe der Jahre verblassen werden.
    Mehr wollte ich nicht, Warren. Die Wesen jener Welten, die Männer wie Enderby und Steiner schufen, sind gerettet. Sie werden leben, sich weiterentwickeln und das Glück auf ihre Art finden. Auch Enderby wird seinen Trost darin finden. Wozu benötigt er Berichte, Filme und Aufzeichnungen, wenn er damit rechnen kann, jenen Geschöpfen eines Tages innerhalb der Grenzen unseres Universums zu begegnen, vielleicht sogar ein Teil ihrer Welt zu werden.“
    Marge löste ihre Hand aus der Warrens und wandte sich zum Gehen. „Was mich betrifft, so ist mein Platz auf dieser Welt. Sie und ich, wir kennen alle jene Geschehnisse, die dort drüben in Rauch und Asche aufgegangen sind. Nichts wird uns mehr überraschen können. Wir dürfen uns glücklich schätzen, zu den Bevorzugten zu gehören, aber wir haben auch die Pflicht, darüber nicht zu vergessen, daß wir nur Menschen sind.“
    Warren hielt das Mädchen zurück und zog es an sich. Der Schatten des Orakels versank, und an seine Stelle trat das lächelnde, ebenmäßige Gesicht Marge McEiroys, das von einem dunklen Hauch übergossen war. Die Augen des Mädchens leuchteten ihm entgegen, und er zögerte nicht. Sanft schloß er Marge in die Arme und küßte
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