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Truthahn um zwölf

Truthahn um zwölf

Titel: Truthahn um zwölf
Autoren: Mary Scott
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und den Kindern und mir, und zu ihrer Arbeit in
Miss Adams Supermarkt — bis jetzt. Aber der Tag mußte kommen, an dem ein
kultivierteres Leben — oder einer ihrer Verehrer, die sie jetzt überall
aufsammelte — unsere Tony fesselte, und ich fürchtete diesen Tag.
    »Erst zwei Jahre sind es, daß
sie hier aufgetaucht ist«, sagte Larry nachdenklich. »Was für ein trauriges
kleines verlaufenes Kind sie gewesen ist. Und jetzt ist sie wirklich hübsch. Du
und Paul, ihr werdet noch so einiges erleben.«
    »Bisher kümmert sie sich noch
um keinen ihrer jungen Kavaliere.«
    »Du mußt ihr Zeit lassen, sich
von Norman Craig zu erholen. Aber sie wird es schaffen.«
    »Natürlich. Sie war ja noch ein
Kind.«
    An diese Zeit erinnerte ich
mich sehr ungern. Tony war verzweifelt und unglücklich gewesen, obwohl es nur
eine Jugendschwärmerei gewesen war. Norman Craig war der Vikar unserer Gegend
gewesen, ein nicht gerade kräftiger Mann in den mittleren Jahren, der im Krieg
ein Bein verloren hatte und fast ein Heiliger war. Tony hatte ihn verehrt und
glaubte, ihr Herz würde brechen, als er nach einem Unfall gezwungen war, sein
Amt niederzulegen. Sie sprach jetzt nie mehr von ihm, aber diese Erfahrung
hatte sie anderen Männern gegenüber sehr zurückhaltend werden lassen.
Vielleicht war das gut für sie, denn sie war recht kindlich für ihre neunzehn
Jahre.
    Larry schnitt eine Grimasse
über ihrer Schüssel voll Mangold: »Gesund und langweilig, aber sonst gibt es
nur tiefgefrorenes Gemüse, und das haben wir drei Tage hintereinander gehabt.
Wie haben wir das nur gemacht, bevor Tantchen den Supermarkt gekauft hat?«
    »Ich weiß es nicht mehr. Und
Tony hat dadurch eine Arbeit bekommen.«
    Von Montag bis Freitag
arbeitete Tony im Supermarkt und am Samstag früh ritt sie heim zur Farm. Claudia
gefiel das gar nicht, und sie hatte geschrieben: »Ich bin erstaunt, daß Paul
seiner Nichte erlaubt, sich für die Arbeit in einem Geschäft herzugeben.
Natürlich hat Antonia für so etwas nie Lust oder Eignung gezeigt.«
    Tony hätte wohl kaum studieren wollen,
aber sie war sehr klug und nur zu hübsch; und wenn Tantchen auch ein »Geschäft«
führte, so pflegte doch selbst der Colonel mit ihr Umgang.
    »Wie viele von den jungen
Farmern es jetzt doch einfacher finden, im Supermarkt zu kaufen, als in der
Stadt einkaufen zu lassen!« hatte sie einmal gesagt, und die Augen hinter ihrem
Zwicker hatten gefunkelt.
    Natürlich hatte das Geschäft,
auch ohne Tony, nun viel mehr Kunden als damals, als wir in die Gegend gekommen
waren. Die Straßen waren jetzt gut, und überall waren neue Farmen entstanden.
Auf der anderen Seite von Tiri ließen sich neue Siedler nieder, und wir wurden
langsam eine wohlhabende Gemeinde.
    Als wir zum Haus zurückgingen,
sagte ich: »Hoffentlich ist Ursula bis Weihnachten wieder in England. Irgendwie
stört sie bei allem.«
    »Weil sie immer Partei für die
Männer ergreift. Vor kurzem kam sie am Vormittag auf eine Tasse Tee vorbei. Sam
kam ziemlich spät herein, und ich hatte gerade zu tun. Als ich ihm dann Tee
einschenken wollte, sprang sie auf und sagte: >Du gibst dem armen Mann doch
sicher nicht diesen abgestandenen Tee? Ich mache ihm frischen<, und stürzte
in die Küche und bediente ihn.«
    »Hast du dich geärgert?«
    »Überhaupt nicht. Es war
erholsam. Ich sehe liebend gerne zu, wenn andere Frauen meinen Mann versorgen.
Sam weiß das, und er schaute recht verlegen, fühlte sich dabei aber
geschmeichelt.«
    »Paul ist genauso. Das ist ja
ganz klar, wenn sie ihn so anhimmelt. Er sagt, sie sei sehr tüchtig — und das
stimmt natürlich.«
    »Ganz klar, daß die Männer sie
mögen. Schau doch, wie sie sich für sie einsetzt. Sie fallen darauf herein und
fühlen sich so jung und unwiderstehlich. Wir sind schließlich nur ihre Frauen,
und wir sind schon lange verheiratet — mindestens kommt es einem manchmal lange
vor. Ursula ist eine nette Abwechslung.«
    »Das ist alles gut und schön,
solange man sich ihr gewachsen fühlt, aber wenn man einmal müde ist oder
schlecht aussieht, macht es einen verrückt. Sie ist immer so gut angezogen, und
irgendwie erwischt sie mich immer, wenn ich gerade wie eine Vogelscheuche
aussehe.«
    »Denk dir nichts. Das ist ihr
ja gerade recht. Vor kurzem hatte ich ein Loch in meiner Strickjacke, und sie
sagte mit süßer Stimme, daß es sofort geflickt wäre, wenn ich ihr die Jacke geben
würde.«
    »Ich wette, du hast sie ihr gegeben.«
    »Nein. Ich hab’ meinen Stolz.
Ich zog
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