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Truthahn um zwölf

Truthahn um zwölf

Titel: Truthahn um zwölf
Autoren: Mary Scott
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einsame kleine Mädchen,
das vor zwei Jahren aus dem Nichts vor unserer Türe aufgetaucht war. Es
wunderte mich nicht, daß Colin Manson ihr mit den Augen folgte, aber die
leichte Vertrautheit überraschte mich, die zwischen ihnen zu herrschen schien.
Tony mußte ihn schon oft gesehen haben; seltsam, daß sie seinen Namen nie
erwähnt hatte. Dann lachte ich mich selbst aus. Ich war wirklich spießig. Es
gab viele junge Männer, und außerdem war das heute die Sprache der jungen
Leute, auch wenn sie sich nur flüchtig kannten.
    Er brauchte für seinen Drink so
lange wie irgend möglich, und ich wurde schon unruhig, weil es Zeit für’s Essen wurde, als er endlich doch ging. Er
verabschiedete sich so nebenbei von Tony, jedoch umständlich von mir und
behauptete, erst jetzt gemerkt zu haben, daß es eine so bezaubernde Frau hier
in der Gegend gäbe. Ich unterdrückte ein Grinsen, denn außer Paul weiß jeder,
daß Larry viel attraktiver ist als ich. Aber ich vertrat bei Tony Mutterstelle
und war deshalb interessant. Es war nicht das erste Mal, daß ich in letzter
Zeit recht zweckgebundene Komplimente erntete. Colin wollte gerne wiederkommen.
Ich mußte zugeben, daß ich ihm unrecht getan hatte; er war wirklich
liebenswürdig, aber ich war mir ziemlich sicher, daß er sich mit Tony nur die
Zeit vertreiben und nichts Ernsthaftes im Sinn haben würde. Und wenn er auch
ernste Absichten hätte, so sagte ich mir, daß er nicht der Richtige für sie
sei.
    Sie brachte ihn zum Auto
hinaus, und Larry sagte: »Susan, du bist auf dem besten Wege, eine unmögliche
Mutti zu werden. Du musterst jeden und überlegst dir, ob er gut genug ist — und
beschließt, daß er es nicht ist.«
    Ich erwiderte bissig: »Red
nicht so dumm daher! Ich mach’ mir wirklich keine Sorgen um Tony. Jedenfalls
ist er nicht ihr Typ. Vergleich ihn nur mit Norman Craig.«
    »Die kann man nicht
vergleichen. Tony liebt die Abwechslung. Man kann genug haben vom heiligen Typ.
Colin ist eine Erholung dagegen.«
    »Unsinn. Tony würde sich nie in
diesen Typ verlieben. Seine Absichten sind zu deutlich.«
    »Wer redet von verlieben? Laß
dem Mädchen Zeit. Sie ist neunzehn, und in diesem Alter begehrt man gerne auf. Sie
fürchtet, daß sie sich mit dem Pfarrer lächerlich gemacht hat, und jetzt
flirtet sie mit jedem, der ihr über den Weg läuft, um sich an den Männern zu
rächen. Aber von >verlieben< ist da keine Rede. Die Welt hat sich
geändert, liebe Susan, seit wir jung waren.«
    Darauf wollte ich nicht
antworten und so lachte ich. Tony kam wieder herein, und ihre Augen strahlten
sehr. Sie sah so munter und hübsch aus, daß mir etwas unbehaglich zumute wurde
und ich ganz beiläufig sagte: »Ein sympathischer junger Mann. Ich kenne ihn gar
nicht näher.«
    »Colin? Der ist schon in
Ordnung. Wie geht es mit der Schafschur?«
    Waren diese Worte zu leicht
hingeworfen?
    Als ich an diesem Abend mit
Paul allein war, sagte ich: »Tony ist schrecklich hübsch. Hast du diesen Colin
Manson schon oft gesehen?«
    »Hab’ ihn ein paarmal bei
Versammlungen und ähnlichem getroffen. Ein recht netter Kerl, und ein guter
Farmer.«
    Dann sah Paul mich scharf an,
denn man kann ihm so leicht nichts vormachen, und sagte: »Komisch, wie sich
Frauen über nichts und wieder nichts aufregen. Du wirst dich zusammennehmen
müssen, mein Mädchen, wenn Patience einmal groß ist.«
    Worauf ich bissig antwortete,
daß es so aussähe, als hätte ich bis dahin Gelegenheit genug zum Üben.
     
     
     

2
     
    Tony war wieder zu ihrer Arbeit
im Supermarkt zurückgekehrt und rief mich   am Vormittag an.
    »Susan, etwas ganz Tolles!
Natürlich traurig für uns, aber herrlich für sie. Du kommst nicht drauf. Mrs.
Freeman heiratet wieder.«
    Sowohl das »Mrs.« als auch das
»wieder« war falsch, aber ich sagte nichts. Edith Freeman war keine »Mrs.«, und
sie war auch nie verheiratet gewesen. Von dem fürchterlichen Freeman, der den
Supermarkt aufgemacht und ihn an Tantchen verkauft hatte, als er fast pleite
war, hatte sich herausgestellt, daß er ein Dieb und Bigamist war. Es hatte ein
großes Theater gegeben, und zuletzt verschwand er, niemand wußte, wohin, mit
einem großen Teil von Tantchens Bargeld. Als dann die Polizei kam, erfuhr
Edith, daß sie nie legal mit ihm verheiratet gewesen war, und nun weder Geld
noch Namen besaß.
    Alle in der Gegend waren sehr
nett zu ihr gewesen, und Tantchen hatte ihr wieder auf die Beine geholfen und
sie als Hilfe im Supermarkt bei sich behalten. Alle
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