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Truthahn um zwölf

Truthahn um zwölf

Titel: Truthahn um zwölf
Autoren: Mary Scott
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hatten versucht, sie
aufzumuntern, aber zunächst schien sie völlig vernichtet. Vor kurzem hatte sie
angefangen, sich wieder zu erholen, und es war ihr zu Bewußtsein gekommen, daß
sie erst siebenundzwanzig Jahre alt war und das Leben noch vor ihr lag. Ohne
Freemans schlechte Behandlung wurde sie auch von Tag zu Tag hübscher, und jetzt
würde sie also Ted Stewart heiraten, einen kinderlosen Witwer, der eine kleine
Farm in der Nähe von Tiri hatte.
    Tony redete immer noch. »Stell
dir das nur vor, nach allem, was geschehen ist! Er muß schrecklich in sie
verliebt sein. Ist das nicht romantisch, Susan?«
    Zwar hielt ich es nicht für
ausgesprochen romantisch, aber es war eine sehr passende Heirat. Ted war
vierzig Jahre und ein ehrlicher, einfacher Mensch; er brauchte eine freundliche
Frau, die ihm seinen Haushalt gut führte. Edith brauchte ein Zuhause und einen
lieben, zuverlässigen Mann. Ich sagte: »Das ist wunderbar. Aber wie wird
Tantchen zurechtkommen?«
    »Ach, sie heiraten erst in zwei
Wochen. Dann kann Mick kommen und die schweren Kisten schleppen, bis wir jemand
anderen finden.«
    Das würde vermutlich schwierig
werden. In Tiri waren keine Hilfskräfte zu bekommen, alle Farmer hier waren
schon auf der Suche. Mick war recht brauchbar, solange er nüchtern war. Er
verehrte Tantchen, aber er liebte den Alkohol noch mehr. Er würde die Kisten
vergessen oder fallen lassen, wenn zerbrechliche Sachen darin waren. Sein guter
Wille allein genügte nicht. Wir selbst hatten nur genug zu tun. Das gute Wetter
hielt, wir steckten mitten in Tims Schafschur. Larry und ich hatten Anne so
lange bearbeitet, bis sie daheimblieb und uns das Kochen überließ. Sie war
sowieso nicht sehr kräftig, hatte keine Hilfe, und das Baby sollte um
Weihnachten herum kommen. Sie hatte jahrelang ein nettes Maori-Mädchen gehabt,
das ganz in der Familie lebte, zum Entsetzen des Colonels. Er mußte sich aber
daran gewöhnen. Aber das Mädchen hatte geheiratet, und Anne hatte gemeint, sie
würde es lieber allein versuchen, noch dazu seien die Zwillinge jetzt ja in der
Schule.
    »Wer möchte schon in die
Backblocks kommen und für eine Farmersfrau arbeiten, die so dumm ist, Zwillinge
zu haben und noch ein drittes Kind zu bekommen?« fragte sie lachend. »Sie
kriegen ja nicht einmal in der Stadt eine Hilfe, und das wundert mich nicht.
Fabriken zahlen besser, und die Arbeitszeit ist kürzer. Also reg dich nicht
auf, Papa.«
    Aber natürlich regte der
Colonel sich auf. Viel fehlte nicht, daß er sich wie vor der Geburt der
Zwillinge benahm, und das brachte Tim zum Schweigen oder zu der
nervenaufreibenden Bemerkung: »Ich bin selbstsüchtig gewesen. Das Leben hier
ist zu anstrengend für Anne.« Die Lage war also nicht besonders glücklich.
    Der Colonel dankte uns
überschwenglich dafür, daß wir die Schafschur übernahmen.
    »Meine liebe Susan, das ist
eine Zumutung für Sie. Sie und Larry, Sie haben mit Ihrer eigenen Schur genug
zu tun gehabt. Dieses Land wird immer unmöglicher. Alle verdienen viel zu viel
Geld und verachten ehrliche Arbeit.« Und er begann, über den Wohlfahrtsstaat zu
schimpfen.
    Larry setzte dem ein Ende, indem
sie ihm ein Geschirrtuch in die Hand drückte und sagte: »Wissen Sie eigentlich,
was man mit diesen Dingern macht?« Und er lachte und fing an, die Teller
abzutrocknen.
    Seit einiger Zeit konnte sie
sich bei ihm alles leisten, aber noch vor ein paar Jahren hatte sie ihn für
einen Snob gehalten und ihn »der große Panjandrum« getauft — was soviel wie
»großer Wichtigtuer« heißt —, und der Name war ihm geblieben, wurde aber nur
noch im Spaß und offen vor ihm gebraucht.
    Es war heiß, und die Männer
beeilten sich mit der Schur, kamen abends todmüde heim und wollten nur noch ein
warmes Bad und ein weiches Bett. Larry und ich waren dauernd mit den Scherern
und unseren vier Kindern beschäftigt. Die zwei älteren gingen in die Schule,
aber die beiden Vierjährigen, Larrys Mark und meine Patience, waren
unzertrennlich und zu allen Streichen aufgelegt. Eines Tages, als Larry die
beiden voll angezogen bis zum Hals in einem der Wassertröge gefunden hatte,
sagte sie bitter: »Ich kann den Tag kaum erwarten, an dem wir die lieben
Kleinen in die Schule schicken. Ich wollte, Barry wäre noch hier.«
     
    Als hier eine Schule
eingerichtet wurde, hatten wir einen hervorragenden Lehrer bekommen, aber das
war natürlich zu schön, um von Dauer zu sein. Ich vermute, er wäre länger
geblieben, wenn wir Tony dazu gebracht
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