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Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman

Titel: Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman
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hätte er deutliche Verletzungen davongetragen.«
    »Er hatte zwei gebrochene Beine.«
    »Wie lange dauert ein freier Fall aus tausend Metern?«
    »Zwanzig Sekunden?«
    »Sein Blut war voller freier Histamine. Das ist eine massive Schmerzreaktion. Bei zwanzig Sekunden zwischen Verletzung und Tod hätte sie kaum eingesetzt.«
    »Also?«
    »Seine Beinbrüche waren alt. Mindestens zwei, drei Tage alt. Vielleicht älter. Du weißt, was Eisenoxid ist?«
    »Rost«, entgegnete Neagley. »Auf Eisen.«
    Reacher nickte. »Jemand hat ihm die Beine mit einer Eisenstange gebrochen. Vermutlich einzeln. Vermutlich an einen Pfosten gefesselt. Hat auf seine Schienbeine gezielt. Kräftig genug, um den Knochen zersplittern zu lassen und Rostpartikel in den Stoff seiner Hose zu treiben. Muss verdammt schmerzhaft gewesen sein.«
    Neagley sagte nichts.
    »Und sie haben ihn hungern lassen«, fuhr Reacher fort. »Haben ihm nichts zu trinken gegeben. Er hatte zehn Kilo Untergewicht. Er war zwei bis drei Tage gefangen. Vielleicht länger. Sie haben ihn gefoltert.«
    Neagley sagte nichts.
    Reacher erklärte: »Es war ein Hubschrauber. Wahrscheinlich nachts. Schwebeflug in tausend Meter Höhe. Raus aus der Tür und senkrecht runter.« Dann schloss er die Augen und stellte sich seinen alten Freund vor, fallend, zwanzig Sekunden im Dunkel, sich überschlagend, mit den Armen rudernd, ohne zu wissen, wo der Boden war. Ohne zu wissen, wann genau er aufschlagen würde. Mit zwei zertrümmerten Beinen, die schmerzhaft hinter ihm herkamen.
    »Deshalb ist er wahrscheinlich nicht aus Vegas gekommen«, sagte Reacher. Er öffnete wieder die Augen. »Für die meisten Hubschrauber wäre der Hin- und Rückflug zu weit. Ich tippe auf einen Standort im Nordosten von L.A. Die Deputies sind auf der falschen Fährte.«
    Neagley saß schweigend da.
    »Kojotenfutter«, sagte Reacher. »Die perfekte Entsorgungsmethode. Praktisch ohne Spuren. Die Luftströmung im freien Fall reißt alle losen Fasern und Haare mit. Da findet kein Spurensicherer etwas. Deshalb haben sie ihn auch lebend rausgeworfen. Sie hätten ihn vorher erschießen können, aber sie wollten nicht mal riskieren, eine ballistische Spur zu hinterlassen.«
    Reacher schwieg sekundenlang. Dann klappte er das schwarze Ringbuch zu, drehte es um und schob es wieder über den Tisch.
    »Aber das weißt du ohnehin schon alles«, sagte er. »Stimmt’s? Du kannst lesen. Du stellst mich wieder auf die Probe. Um zu sehen, ob mein Gehirn noch funktioniert.«
    Neagley sagte nichts.
    Reacher meinte: »Du spielst auf mir wie auf einer Violine.«
    Neagley sagte nichts.
    Reacher fragte: »Wozu hast du mich hergeholt?«
    »Weil die Deputies wie gesagt auf der falschen Fährte sind.«
    »Und?«
    »Du musst etwas unternehmen.«
    »Ich werde etwas unternehmen. Verlass dich drauf. Sie sind ab sofort wandelnde Tote. Niemand wirft meine Freunde aus Hubschraubern und überlebt, um davon erzählen zu können.«
    Neagley sagte: »Nein, ich möchte, dass du etwas anderes tust.«
    »Was denn?«
    »Ich möchte, dass du die alte Einheit wieder zusammenholst.«

7
    Die alte Einheit. Sie war eine typische Erfindung der U.S. Army gewesen. Etwa drei Jahre nachdem alle Welt erkannt hatte, dass sie dringend benötigt wurde, hatte das Pentagon angefangen, über sie nachzudenken. Nach einem weiteren Jahr voller Besprechungen und Ausschusssitzungen hatten die Bürokraten und die Militärs sich mit dieser Idee angefreundet. Sie war auf irgendjemandes Schreibtisch gelandet und hatte panikartige Bemühungen um ihre Verwirklichung ausgelöst. Befehle waren ausgearbeitet worden. Da kein vernünftiger Kommandeur etwas damit zu tun haben wollte, war der Nukleus der neuen Einheit aus dem 110th MP herausgeschnitten worden. Erfolg war wünschenswert, aber ein etwaiger Misserfolg musste sich leugnen lassen, deshalb machten sie sich auf die Suche nach einem fähigen Paria als Kommandeur.
    Logischerweise war die Wahl auf Reacher gefallen.
    Sie glaubten, seine Belohnung bestehe aus seiner Wiederbeförderung zum Major, aber seine wahre Befriedigung zog er daraus, endlich einmal etwas richtig machen zu dürfen. Auf seine Art. In Personalfragen hatten sie ihm freie Hand gelassen. Das hatte er genossen. Seiner Ansicht nach br auchte eine Einheit für Sonderermittlungen die Besten der U.S. Army, und er glaubte zu wissen, wer und wo diese Leute waren. Reacher wollte eine schnelle und bewegliche kleine Einheit, die ohne Schreibstubenpersonal auskam, damit es keine
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