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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde
Autoren: David Lender
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umgekehrter chronologischer Folge fest. Er kam auf eine Summe von sieben Abschlüssen über insgesamt elf Komma drei Millionen Dollar.
Nicht schlecht
. Kein Jahr, das man überschäumend feiern musste, aber durchaus respektabel.
    Sein letztes Jahr sollte ein strahlender Erfolg sein, mit einem Riesenbonus.
Elf Komma drei Millionen. Nicht super, aber auch nicht schlecht. Aber reicht es?
    Daniels Gedanken gingen auf Wanderschaft. Er hatte sein Auto in der Garage im Tiefgeschoss von Rockefeller Plaza Nummer dreißig, wo sich die Büroräume von Ladoix befanden, abgestellt, um am Nachmittag zu seinem Wochenendhaus in Milford, Pennsylvania, zu fahren und die Festivitäten um den vierten Juli einen Tag früher beginnen zu lassen. Vergeblich versuchte er sich zu erinnern, unter welchem Motto die alljährliche Unabhängigkeitstagsparty von Gary und Jonathan diesmal stehen sollte. Letztes Jahr war es eine Tennessee-Williams-Nacht gewesen, keine übermäßig überraschende Wahl für ein schwules Gastgeberpaar.
    Er hatte die Veranstaltung als besonders schmerzhaft in Erinnerung, weil viele seiner Bekannten ihn dort zum ersten Mal ohne Angela gesehen hatten, und zwei von ihnen hatten ihn tatsächlich gefragt, wo denn Angie sei. »Oh, ihr habt wohl noch nicht davon gehört«, hörte er sich in der Rückschau sagen, und wieder wurde ihm weh ums Herz, und die Gewissensbisse, die ihn damals schier um den Verstand gebracht hatten, kamen klammheimlich zurückgeschlichen. Eine Gestalt tauchte vor seinen Augen auf – Cindy stand mit arg gerunzelter Stirn in der Tür.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Daniel.
    »Oh, o ja, ich meine …«
    »Jeff mal wieder?«
Sohn im Teenageralter plus alleinerziehend gleich frühes Grab für Cindy
.
    »Leider. Wäre es recht, wenn ich etwas eher gehe? Eine Prügelei im Sportunterricht diesmal. Muss genäht werden.«
    »Na, dann ab mit Ihnen. Mein Telefon kann ich auch mal selbst bedienen.«
    »Wirklich?«
    »Aber ja. Gehen Sie.«
    Sie hauchte ein
Dankeschön
und verschwand.
    Daniel inspizierte die Märkte auf seinem Bildschirm. Der Handel vor den Feiertagen war eher lustlos. Der Dow-Jones-Newsticker hatte kaum etwas von Bedeutung zu vermelden. Ein langweiliger Tag, abgesehen von den Ölmärkten.
Wow. Öl ist runter auf dreißig Komma fünfundneunzig US-Dollar pro Barrel. Das wird dem Ölgeschäft wehtun. Vielleicht ist das der Grund, warum die Saudis nach externen Finanzberatern suchen.
Er ließ die Gedanken noch ein bisschen weiterwandern und versuchte sich eine Vorstellung davon zu machen, was für Provisionen eine mögliche Vertretung der Saudis abwerfen würde.
Ich könnte ein Vermögen machen, wenn ich da rankomme
.
    Daniels Telefon klingelte: »Mr Dieudonne erwartet Sie.«
    Showtime. Und der Mistkerl ist glatte zwanzig Minuten zu früh dran.
Sein Magen setzte zu einem Salto an.

    2. J ULI, LAUFENDES J AHR . R IAD , S AUDI -A RABIEN .
Als Prinz Jassar nach seinem Morgengebet den Kopf hob, trat ihm etwas vor Augen, das ihn kurz erstarren ließ. Jenseits seines Fensters drängte sich ein Kuddelmuddel von traditionellen, niedrigen Gebäuden in gedämpften Brauntönen, vermischt mit orangefarbenen Flecken, die der Sonnenaufgang beisteuerte, vor einem Hintergrund von modernen Wolkenkratzern. Das war es aber nicht, was ihn vor Unbehagenerschauern ließ. Was ihm zu schaffen machte, hatte nichts mit dem zu tun, was sich am Horizont vor seinem Fenster abzeichnete, einem Horizont, der schon bald hinter den Hitzewellen eines Achtunddreißig-Grad-Tages verschwimmen würde.
Wieder muss ich mein Scheitern eingestehen.
Er entspannte seine Muskulatur und ließ sich nieder. Der erdige Wollgeruch seines Gebetsteppichs beruhigte ihn.
    Er badete in der Stille, um den Zeitpunkt noch ein wenig aufzuschieben, da die Pflichten des Tages in sein Bewusstsein eindringen würden. Noch einmal richtete er den Blick auf die Wüstenlandschaft, die das Königreich Al Mamlakah al Arabiya as Suudiyah darstellte: Saudi-Arabien.
Eine furchterregende Vorstellung
. Ein riesiges Sandmeer – raue, überwiegend unbewohnte Wüste –, das sich über einer Schicht von unermesslich großen Ölfeldern ausbreitete. Fragen drängten sich Jassar gegen seinen Willen auf, so wie an jedem Morgen: Wie lange noch, bevor das Unermessliche messbar wird und die Ölvorräte zur Neige gehen? Wie lange noch, bevor die Öleinnahmen, die drei Viertel des Staatshaushaltes ausmachen, versiegen?
Wenn das Öl alle ist, ist es alle.
    Gern hätte Jassar solche
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