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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition)
Autoren: Maike Claußnitzer
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man zu etwas in der Lage ist, heißt noch lange nicht, dass man es auch gern tut.«
    Nach dieser wichtigen Feststellung sprach er kein Wort mehr, bis tatsächlich ein Topf mit verlockend duftender Suppe am Kesselhaken hing und die Küche leidlich aufgeräumt war.
    »Wir können gehen«, erklärte er dann und warf sich den Umhang um die Schultern, um ihn mit einer beiläufigen Bewegung in schöne Falten zu raffen und festzustecken.
    »Gehen?«, wiederholte Ardeija verständnislos. »Ist nicht ein Ort so gut wie der andere, um einen Geist zu rufen? Und hier wären wir ungestört.«
    »Ungestört will ich hier auch fürderhin bleiben. Geister lädt man sich nicht ins Haus, wenn man nicht weiß, ob sie freundlich gesonnen sind, das hat mein Vater immer gesagt.«
     »Dein Vater?« Ardeija hatte den Mann der Äbtissin, der kurz nach dem Barsakhanensturm gestorben war, nie kennengelernt und sich schon manches Mal gefragt, was er zu Wulf, der in vielem so seiner Mutter zu ähneln schien, beigetragen haben mochte.
    Wulf lächelte in sich hinein, während er eine noch ungebrauchte Kerze aus einem der Vorratskästen nahm und unter seinen Mantel schob. »Mein Vater war ein kenntnisreicher Mann, alles andere als ein guter Christenmensch, aber sehr bewandert in vielen nützlichen Dingen. Auf manches verstand er sich dabei vielleicht auch zu gut … Ich habe dir nie erzählt, wie es überhaupt kam, dass er der Koch meines Onkels werden musste, nicht wahr? Es hatte mit solchen Dingen zu tun, in Verbindung mit gestohlenen Schafen, aber das gehört nicht hierher. Komm.«
    Er ging voran, nicht zur Hoftür, durch die Ardeija hereingekommen war, sondern durch das stille vordere Zimmer zur Straße und dann an der Hofmauer entlang und hinaus auf das Trümmerfeld, das an Frau Herrads Besitz anschloss. Die Richterin hatte einmal erzählt, dass dort einst das Anwesen eines reichen römischen Händlers gestanden hatte, aber außer überwucherten Steinen war heute nicht mehr viel davon zu sehen. Wulf blieb erst stehen, als sie weit entfernt vom Haus waren und schon beinahe die Pferdeweide eines Nachbarn, die an das ungenutzte Grundstück grenzte, erreicht hatten.
    »Such dir einen bequemen Platz«, sagte er und setzte sich auf einen flachen Mauerrest, um dann sein Messer aus dem Gürtel zu ziehen und langsam Zeichen um Zeichen in die Kerze zu ritzen.
    »Rufst du so seinen Geist?«, erkundigte sich Ardeija, den die mangelnde Feierlichkeit in diesem Fall fast noch mehr verstörte, als sie es bei Malegis’ Besuch und dem damaligen Gespräch mit Gudhelm getan hatte.
    Wulf schüttelte den Kopf. »Nein. Den Geist kannst du selbst rufen, er redet ja wohl gern mit dir. Aber um ihn sehen zu können, wirst du Gjukis Feuer brauchen. Das hier« – er hob die Kerze kurz hoch – »ist ganz nützlich, um das Drachenfeuer zu binden. Sonst wird Gjuki irgendwann außer Atem sein, gerade, wenn du ein längeres Gespräch mit deinem Fürsten zu führen gedenkst.«
    »Aber Malegis sagt, dass es nur wirkt, solange das Feuer geradewegs aus dem Drachen kommt, nicht mit einer Kerze.«
    »Malegis ist nicht allwissend«, sagte Wulf. »An einer gewöhnlichen Kerze hat der Zauber nichts, woran er sich festhalten kann, aber man kann ihm einige Griffe schnitzen; dann bleibt er, solange die Kerze brennt.«
    Ardeija trat näher heran, um zu sehen, was genau Wulfs Messerspitze eigentlich in das helle Wachs grub, und war erstaunt, denn was dort entstand, war alles andere als die Reihe unverständlicher lateinischer Zauberworte, mit der er gerechnet hatte. »Du bist ein Runenmeister?«
    Wulf sah ihn sehr finster an. »Ich bin ein bedauernswerter Mann, der in der Kälte sitzt und noch länger hier sitzen wird, weil jemand ihn ständig ablenkt.«
    Wahrscheinlich war ihm sehr gut bewusst, dass das keine Antwort auf Ardeijas Frage darstellte, aber genug war, um allen weiteren Störungen vorzubeugen.
    Als die letzte Rune geschnitten war, steckte Wulf die Kerze fest in einen Spalt zwischen den alten Mauersteinen.
    »Jetzt müssen wir nur noch Gjuki überreden, sie anzuzünden«, erklärte er, »dann kannst du deinen Fürsten hinzubitten.«
    Doch Gjuki schnaubte nur verächtlich und drehte den bösen Menschen, die ihm einfach Speck und Zwiebeln vorenthalten hatten, den Schwanz zu.
    Ardeija hob ihn hoch. »Komm, Gjuki«, sagte er bittend und hatte angesichts der gekränkten bernsteingelben Augen, die ihn missvergnügt musterten, fast ein schlechtes Gewissen, obwohl er sich eben noch
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