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Trias

Titel: Trias
Autoren: Marc Kayser
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…? Hm, ich werde darüber nachdenken, Sergej Iwanowitsch.«
    Die erste Frau im Staate strahlte plötzlich wieder Stärke und Selbstzufriedenheit aus. Ihr Blick war angriffslustig, das Lächeln überlegen.
    »Do swidanja, Sergej.« Sie legte auf.
    »Meine Herren«, wandte sie sich Cromme und Wilkens zu, »aus Moskau gibt es einen ersten Verdacht auf ein mögliches Motiv: Rumpf und Kirijenko könnten nach Ansicht des russischen Geheimdienstes FSB Racheopfer von militanten Ukrainern geworden sein. Schließlich kannten sich die beiden seit Jahren und arbeiteten auf dem Gebiet der Visa-Vergabe eng zusammen. Ich finde, das klingt plausibel. Unsere Ermittlungen sollten sich also, zumindest was Rumpf angeht, auf die Ukrainer-Mafia konzentrieren. Wilkens, Sie übernehmen BKA und BND und instruieren deren Chefs Kaltenborn und Rubens dementsprechend.«
    Überrascht sahen sich Cromme und Wilkens an. Beide dachten wohl ähnlich. Je schneller man ein Motiv hatte, je eher war die unangenehme Sache aus der Welt. Jäh lächelten sie.
    »Eigentlich schade«, meinte Wilkens nach einem kurzen Moment. »Es würde uns nützen, wenn wir die militanten Störer von der ROK mit dem Anschlag in Verbindung bringen könnten. Wir hätten einen Grund, sie zu verfolgen, zu verbieten und so ein Exempel zu statuieren.«
    »Nein!«, entgegnete Lydia Sprado scharf. »Das müssen wir aushalten können. Wir machen es so wie eben besprochen. Und Cromme: Machen Sie mir Vorschläge für einen Nachfolger Rumpfs bei der Fortführung des Vertragsabschlusses. Kontaktieren Sie Spread. Vielleicht hat er ja eine zündende Idee. Der Zeitplan darf nicht gefährdet werden.« Die Hände der Bundeskanzlerin wirkten wieder rosig und frisch, ihre Augen blitzten vor Tatendrang.

7
    Hauptquartier der Sibirischen Naturkommissare, Omsk, Ostrussland, 21:55 Uhr Ortszeit
    Als die sibirischen Öko-Aktivisten vom Tod Kirijenkos erfuhren, beschlichen sie böse Ahnungen.
    Grischenko war es, der eilig seine engsten Vertrauten im kleinen Hauptquartier der Sibirien - Kommission um sich scharte. Es war karg eingerichtet mit hohen Regalen, in denen sich die Berichte über den Abbau von Öl, Gas und Diamanten der letzten vierzig Jahre stapelten.
    Der Aktivist sah mit angespanntem Blick auf seinen Trupp. Mit seiner kräftigen Statur und dem kämpferischen Gesichtsausdruck eines Mannes, der mit allem rechnete, wirkte er auf seine Männer mehr als vertrauensvoll.
    »Dieser Absturz, Männer … er bereitet mir Kopfschmerzen. Meint ihr, dass eine Cessna einfach so vom Himmel fällt? Ich kann es nicht glauben.«
    Ein zustimmendes Murmeln war zu vernehmen. Dann sagte einer, dessen Gesicht von der Kälte gegerbt war: »Nehmen wir an, dass es kein Unfall war. Wo steckt das Motiv? Kirijenko war kein Kreml-Hardliner. Er machte einen vernünftigen Eindruck.« Grischenko nickte; er war dem stellvertretenden Außenminister zwar hart und unnachgiebig begegnet; doch der hatte nicht nach gewohnter Moskauer Art zurückgeschossen.
    »Vielleicht hatte er deshalb Feinde im Kreml«, gab er zu bedenken. »So, wie wir von Feinden unserer Organisation umzingelt sind. Mich irritiert, dass Kirijenko ausgerechnet nach einem Treffen mit uns starb. Wir müssen tatsächlich auf alles gefasst sein. Mich würde nicht wundern, wenn Agenten des FSB bald bei uns auftauchen. Wir sollten eine Stellungnahme im Internet verbreiten und Kopien auch an die Russian Association of Indigenous Peoples of the North und die deutsche Gesellschaft zur Rettung bedrohter Völker in Göttingen schicken.« Er sah in die Runde. Zustimmendes Nicken.
    Wenig später hatte er einen Text verfasst:
    Die Sibirien-Kommission bedauert zutiefst den Tod von Viktor Kirijenko. Er war uns ein guter Zuhörer im Kampf gegen den Raubbau an der Natur und den Bodenschätzen Sibiriens. Vorsorglich weisen wir in diesem Zusammenhang jegliche Beteiligung an diesem tragischen Unglücksfall zurück. Gewalt gegen Menschen ist unsere Sache nicht; die Gewalt, die es bislang gab, ging immer von Moskau aus. Die Sibirien-Kommission verurteilt in diesem Zusammenhang jegliche Angriffe des russischen Staates auf die Bevölkerung Sachalins und protestiert auf das Schärfste gegen die Vergabe der Schürf- und Abbaurechte an amerikanische und deutsche Konzerne.
    Gezeichnet: Oleg Grischenko
    Der Aktivist rieb sich vor Müdigkeit die Augen. Er hätte längst eine Brille tragen müssen, doch seine starke Weitsichtigkeit erforderte teure Gläser. Das schüttere Haar klebte ihm
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