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Treuepunkte

Treuepunkte

Titel: Treuepunkte
Autoren: Susanne Fröhlich
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Mann Christoph mitnehmen.
Da besteht akuter Bedarf. Sein Bademantel sieht echt Mitleid erregend aus. Ich glaube, er hat ihn zum Abitur bekommen. Oder war es sogar schon zur Kommunion? Ursprünglich weiß, hat er jetzt eine eher gräuliche Farbe und wenn man ihn anhat, sieht man aus wie bei einer schlimmen Magen-Darm-Grippe. Außerdem ist er ihm auch ein wenig knapp. Christoph streitet allerdings vehement ab, sich seit dem Abitur figürlich verändert zu haben, und deshalb kann es natürlich nur an meiner Unfähigkeit liegen, das gute Stück richtig zu waschen. Dabei habe ich mittlerweile schon Angst, den Bademantel nur anzufassen, geschweige denn zu waschen, weil der Stoff so mürbe geworden ist, dass er jederzeit reißen kann.
    Ich könnte also nett sein und die 13 , 99  Euro zuzahlen. Könnte. Andererseits sammle ich seit Monaten diese Punkte und habe mir eine Treueprämie mehr als redlich verdient. Bin ich etwa die Mutter Teresa der Bonuspunktesammlerinnen? Bekomme ich für diesen Anfall von Güte und Selbstlosigkeit Zusatztreuepunkte? Komme ich in den Charity-Klub der Tankstelle? Nein. Definitiv nicht. Und vor allem hat Christoph sich diese Prämie zurzeit wahrlich nicht verdient. Aber das ist ein ganz anderes Thema. Kein besonders erfreuliches, um genau zu sein. Soll der doch ruhig weiter in seinem gammeligen Kinderbademäntelchen durch die Gegend laufen.
    Ich nehme den schwarz-gelben Picknickrucksack. Willi, hier kommt deine flotte kleine Biene! Ich sammle doch nicht, um dann mit leeren Händen dazustehen. Die Jagd kann wahrlich erquicklicher sein als die Beute. Das immerhin lerne ich jetzt hier an der Kasse. Philosophischer Erkenntnisgewinn an der Tanke. Trotzdem: Ich habe
mir diesen Rucksack verdient. Oder besser gesagt ertankt.
    Ich werde den Rucksack im Auto lassen, dann kann ich bei einer akuten Drive-in-Hamburger-Attacke wenigstens stilgerecht auf Plastikgeschirr essen oder im Stau die Superhausfrau rauskehren. Dem Wartenden im Wagen vor mir ein Gäbelchen reichen. Und wenn die Kinder demnächst irgendwas im Auto knabbern wollen, dann aber bitte mit Teller! Eine gute Hausfrau ist schließlich auf jede Situation vorbereitet.
     
    Christoph ruft an. Das erste Mal für heute übrigens. Früher, als wir uns gerade kennen gelernt hatten, hat er sich fast stündlich gemeldet. Manchmal nur um mir zu sagen, wie wahnsinnig verliebt er ist. In mich! Oder wie sehr er sich nach mir sehnt. Die Zeiten sind vorbei. Wenn er heutzutage anruft, dann geht es normalerweise um logistische Fragen. Wer, wann, wo wen abholt oder Ähnliches. Was will er also jetzt? Mich spontan zum romantischen Essen einladen oder mir sagen, dass ich die tollste Frau überhaupt bin? Nein.
    »Es wird ein wenig später, die Michels und ich müssen noch was durchsprechen«, sagt mein Mann. Schon wieder die doofe Michels. Die Frau gehört ja bald zur Familie, so oft wie ihr Name fällt. Was durchsprechen mit Frau Michels! Aha! Mit Miss Sexbombe aus der Kanzlei. Der neuen Allzweckwaffe, hochintelligent, Prädikatsexamen und dazu noch irre hübsch. Ich habe sie noch nie gesehen, aber als ich mal gefragt habe, wie die Michels denn so aussieht, hat mein Mann gesagt: »So wie diese Angelina Jolie, die vom Brad Pitt.« Frau Michels, oder
Michelle, wie sie mein Mann mittlerweile nennt, kommt aus Kanada. Sie spricht fließend Französisch, Englisch, natürlich auch Deutsch, und kommt aus wohlhabender Familie. Ich kenne sie nicht, habe aber auch kein wirkliches Interesse daran, sie kennen zu lernen. Die nervt mich schon so. Ohne dass ich sie je gesprochen habe. Ich finde, es gibt einen Grad an Perfektion, der keinen Raum mehr für Bewunderung lässt. Alles sollte doch bitte im Bereich des Menschlichen bleiben. Hätte sie wenigstens einen fiesen Sprachfehler oder einen kleinen Silberblick oder zumindest O-Beine oder eine Zahnspange, dann könnte ich ein Auge zudrücken. Eine Hasenscharte wäre mir ehrlich gesagt noch lieber. So kann ich sie leider nur hassen. Ich bewahre trotzdem oder gerade deshalb Haltung beim Telefonat und wünsche ganz gelassen ein gutes Gespräch. Man darf eifersüchtig sein, es aber möglichst nicht zeigen. »Eifersucht zeugt von einem schwachen Selbstwertgefühl«, meint mein Mann und auf diese Blöße kann ich sehr gut verzichten. Diese Frau Michels deprimiert mich. »Vielleicht gehen wir noch eine Kleinigkeit essen. Du musst also nicht auf mich warten«, raunt mein Mann noch und verabschiedet sich schnell. Schade. Ich hätte ihm
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