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Treffpunkt Irgendwo

Titel: Treffpunkt Irgendwo
Autoren: Thomas Fuchs
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Gespräch aufzubauen. Doch er stand einfach nur da, die Bierflasche in der linken Hand, die rechte in der Jacke seiner schwarzen Motorradlederjacke vergraben und schwieg.
    »Ich…« Ich holte tief Luft, sah über seine rechte Schulter hinweg hoch zu den S-Bahn-Gleisen und zwang mich einfach, das zu sagen, weswegen ich gekommen war. »Ich habe Post von der Polizei bekommen. Die wollen mich anzeigen. An dem Abend, als ich dich verfolgt habe und wir in diesem Polizeikessel waren, wurden meine Personalien aufgenommen. Vermutlich wollen die mir jetzt was anhängen wegen der geplünderten Läden und so. Aber du weißt so gut wie ich, dass ich damit nichts zu tun habe. Dass ich da nur wegen dir war. Nur wird mir das niemand glauben. Daher brauche ich deine Hilfe.« Ich hatte es geschafft, es war raus und nun konnte ich ihn auch wieder direkt ansehen.
    Er schwieg. Sein Gesicht zeigte keinerlei Regung. Dann hob er die Bierflasche und trank einen Schluck.
    »Glaubst du, ich gehe mit dir zu den Bullen, oder was?«, sagte er merkwürdig tonlos und wie aus einer anderen Welt. War er betrunken, stoned?
    »Nein, das muss vielleicht gar nicht sein. Ich werde mir vermutlich einen Anwalt nehmen«, erfand ich eilig. »Oder du schreibst einen Brief, machst eine schriftliche Aussage oder so.«
    »Keinen Bock.«
    »Ey, Moment mal.« Ich merkte, wie meine Unsicherheit in Empörung umsprang. Was dachte der Kerl sich eigentlich. Nur wegen ihm war ich doch überhaupt in dieser ätzenden Situation. Da konnte ich doch erwarten, dass er mir nun half. »Das kannst du jetzt nicht bringen. Ich hätte dich auch anzeigen können. Wäre ich einfach zur Polizei gegangen, anstatt dir hinterherzulaufen, dann hätte jetzt nicht ich den Stress, sondern du!«
    »Tja, dumm gelaufen.«
    »Ne!« Mir platzte der Kragen. So konnte man mit mir nicht umgehen. Klar, ich sah vielleicht aus wie das brave, dumme Mädchen aus Marienfelde, aber wer glaubte, mich deswegen so von oben herab behandeln zu können, der hatte sich getäuscht. Jahrelang Einserschülerin zu sein, hieß nicht, dass man mich deshalb herumschubsen durfte. Ich war ich, wer sich mit mir anlegte, hatte in der Regel schon vorher verloren und an mir hatten sich schon einige die Zähne ausgebissen. Meine Lehrer konnten davon ein Lied singen. Das hatte ich als Klassensprecherin gelernt, ich wusste, wie ich meine Meinung durchsetzen konnte. Und wenn ich den Eindruck hatte, ein Lehrer hatte einen Mitschüler aus meiner Klasse unfair behandelt, dann konnte ich echt ungemütlich werden. Mein Klassenlehrer in der Fünften hatte mich im Scherz einmal während einer Auseinandersetzung als eine höchst nervende Jeanne d’Arc bezeichnet. Wofür er noch am Abend mit meinen Eltern tierischen Stress bekam. Doch selbst die hatten mitunter von mir und meinem Dickkopf die Nase voll.
    »Pass mal auf. Wir gehen jetzt auf das nächste Polizeirevier und du machst dort eine Aussage, wie es wirklich war!«, beharrte ich.
    »Vergiss es!«
    »Von wegen!« Ich wurde laut. »Hey, ja. Das kannst du nicht bringen!«
    »Doch!«
    Dann drehte er sich einfach um und ging zurück zu seinen Kumpels.
    Ich stand da, innerlich am Beben. Noch nie zuvor hatte mich jemand derart abserviert. Was war denn das für ein Typ? Und ich war keineswegs bereit, das hinzunehmen. Also bin ich ihm nach, packte ihn an der Lederjacke und fuhr ihn vor seinen Leuten mit den Worten an: »Jetzt hör mal, ja! Ich bin nicht irgendeine kleine Tussi, die sich alles gefallen lässt. Was bist du denn für einer! Klaust mir erst mein Handy und machst hier dann einen auf Arschloch, oder was?«
    Len sagte keinen Ton, ignorierte mich einfach. Und auch die anderen schwiegen, taten so, als beachteten sie mich nicht einmal. Jemand machte eine Bemerkung und alle lachten.
    »Ich kann auch die Polizei holen, dann können wir das gerne hier an Ort und Stelle regeln«, giftete ich. Ich glaube, so sauer wie in diesem Moment war ich in meinem ganzen Leben noch nicht gewesen.
    »Aber dann sind wir nicht mehr da!«, war der knappe Kommentar eines Kerls mit einem fast bodenlangen braunen alten Wollmantel.
    »Arschlöcher!« Ich wusste, ich hatte verloren, nun war mir alles egal. »Hey, wegen eurem Kumpel habe ich jetzt die Bullen am Hals! Aber das ist euch ja offenbar egal. Denkt nur an euch selbst. Erst auf dicke Hose Randale machen und dann andere die Scheiße ausbaden lassen. Ich seid echt erbärmlich!«
    »Mach den Abflug, sonst gibt es echt Stress!«, zischte der mit Glatze
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